Der Ölpreis klettert weiter und steht mittlerweile auf dem höchsten Stand seit 2014. Doch die Russland-Beteiligungen vieler Öl-Konzerne dürften kurzfristig zu empfindlichen Einbußen führen. Drei Öl-Aktien im Check.
Am Mittwoch knackte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorten WTI und Brent die Marke von 110 US-Dollar. „Wir beginnen zu erkennen, welche Auswirkungen diese Sanktionen auf die russischen Ölexporte haben könnten und welche Herausforderungen sie mit sich bringen, und das treibt den Preis in die Höhe“, sagt Marktanalyst Craig Erlam vom Finanzdienstleister Oanda. Die galoppierenden Energiepreise sorgen auch für frische Inflationsängste (Lesen Sie mehr dazu hier).
Die europäischen Öl-Unternehmen Shell und BP kündigten in den vergangenen Tagen bereits an, sich aus Russland zurückzuziehen. Für Experten ein finanziell schmerzhafter, aber notwendiger und richtiger Schritt. Können die steigenden Ölpreise die Russland-Verluste ausgleichen? Bieten sich Anlegern hier sogar Chancen für einen günstigen Einstieg? Antworten:
Shell
Zum Wochenbeginn hatte der Öl-Konzern Shell angekündigt, seine Verbindungen nach Russland zu kappen. Die gemeinsamen Joint Ventures mit Gazprom sollen beendet werden. Dazu gehören der 27,5 Prozent-Anteil am LNG-Projekt Sakhalin-II und die 50 prozentige Beteiligung an dem Unternehmen Salym Petroleum, das Ölfelder in Westsibirien erschließt. Die betroffenen Beteiligungen standen zuletzt mit einem Wert von drei Milliarden US-Dollar in der Bilanz.
Der Verkauf dieser Assets dürfte derzeit nur mit hohen Abschlägen möglich sein, meint DZ-Bank Analyst Werner Eisenmann. Das sei zwar schmerzhaft, stelle jedoch mittel- bis langfristig keine Gefahr für Shell dar. „Die möglichen Abschreibungen halten sich in Grenzen und stellen weder eine Gefahr für das Investitionsbudget, noch den unverändert ambitioniert vorangetriebenen Konzernumbau, eine solide Aufstellung der Bilanz oder die attraktive Ausschüttungspolitik dar. Darüber hinaus ist Shell mit seinen breit aufgestellten Öl- und Gasaktivitäten und vor allem als größter, unabhängiger LNG-Akteur der Welt auch ein großer Profiteur der hohen Ölpreise und der Engpässe auf den Gasmärkten“, sagt der Experte, der zum Kauf rät mit einem Kursziel von 28 Euro.
BP
Der britische Öl-Multi BP war bislang über den Staatskonzern Rosneft – bei dem Altkanzler Gerhard Schröder immer noch Aufsichtsratsvorsitzender ist – in Russland investiert. Rosneft war für rund ein Drittel der Gesamtproduktion von BP verantwortlich. Seine 20-prozentige Beteiligung wollen die Briten nun veräußern. Dafür könnten im ersten Quartal Abschreibungen in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar anfallen. Außerdem fällt die jährliche Dividende in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar weg.
Trotz des finanziellen Rückschlags will das Unternehmen an seiner Ausschüttungspolitik festhalten. „Die Dividende soll weiterhin um vier Prozent pro Jahr erhöht werden und 60 Prozent der überschüssigen Cashflows für Aktienrückkäufe verwendet werden. In einem 60 (derzeit >100) US-Dollar Ölpreisumfeld erwartet BP unverändert Aktienrückkäufe von rund vier Milliarden US-Dollar pro Jahr“, sagt DZ-Bank-Analyst Eisenmann, der an seiner Kaufempfehlung festhält (Kursziel: 5,40 Euro). Dank des kräftigen Ölpreis-Anstieges „kann die Belastung im Zuge der Krise zumindest im jetzigen Preisumfeld gut kompensiert werden.“
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Die Amerikaner sind nur begrenzt in Russland aktiv. „Chevron leidet daher nicht unter hohen Abschreibungen und dem Verlust von attraktiven Projekten und kann somit stärker an den positiven Begleiterscheinungen der Krise, wie den hohen Öl-, Gas- und LNG-Preisen, partizipieren“, so DZ-Bank-Analyst Eisenmann. Die Chevron-Aktie konnte in den vergangenen Tagen um zwölf Prozent zulegen.
„Wir ändern aufgrund der höheren Aktienrückkäufe, des positiven Preisumfelds und des niedrigen Russland-Exposures unser Anlageurteil auf Kaufen. Der starke Fokus auf Effizienz und die Öl- und Gasproduktion sind derzeit gefragte Attribute. Ferner bietet die sehr solide Bilanz viel Spielraum für strategische Optionen und nachhaltige Ausschüttungen“.
Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion
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