Mittwoch, 17.11.2021 15:46 von wallstreet:online Zentralredaktion | Aufrufe: 1794

Lithium aus Thermalwasser : Vulcan Energy: Leerverkäufer-Attacke – Was ist dran an der Shortseller-Kritik?

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Foto: Boris Roessler - dpa

Vulcan Energy verspricht CO2-neutrales Lithium aus Thermalwasser des Oberrheingrabens zu gewinnen. Doch ein Leerverkäufer attackiert das Start-up. Sind die Vorwürfe angebracht? Wir haben bei zwei Experten nachgefragt.

Das börsennotierte Start-up Vulcan Energy plant CO2-neutrales Lithium aus Thermalwasser des Oberrheingrabens, der sich zwischen Basel und Frankfurt am Main erstreckt, zu extrahieren. Dazu hat das Unternehmen eine Menge Kapital und erste Großkunden gewinnen können, obwohl bisher noch keine Bohrung durchgeführt wurde. Eine Genehmigung für das Vorhaben liegt nach Informationen des Handelsblatts ebenfalls nicht vor.

Die Vulcan Energy-Aktie gewann trotzdem innerhalb eines Jahres mehr als 312 Prozent hinzu. Doch Ende Oktober dieses Jahres attackierte der aktivistische Leerverkäufer J Capital Research das Start-up. Die Aktie verlor seitdem rund 30 Prozent.

Die Vorwürfe des Leerverkäufers wiegen schwer: Vulcan Energy täusche seine Anleger mit überhöhten und unrealistischen Annahmen. Im Zentrum der Kritik steht dabei die Lithium- Fördertechnik von Vulcan Energy.

Fördertechnik von Vulcan Energy in der Shortseller-Kritik

Das Start-up plant die Lithiumgewinnung aus Thermalwasser. Dazu sollen im Oberrheingraben kilometertiefe Bohrlöcher gebohrt werden, über die kochend heiße Sole an die Oberfläche gelangt. Dem heißen Mineralwasser soll die Wärme entzogen werden, um damit grünen Strom zu produzieren – Bis dahin handelt es sich um ein Standardverfahren der tiefen Geothermie.

Doch Vulcan Energy plant das Verfahren zu erweitern: Mittels eines Ionenaustauschers soll Lithiumcarbonat aus dem salzreichen Thermalwasser gewonnen werden. Die nun lithiumfreie und erkaltete Sole soll dann zurück in die Erde gepumpt werden. Zum Schluss muss das Lithiumkonzentrat noch raffiniert werden. Am Ende des Verfahrens liegt ein hochreines Lithiumsalz vor. Da für das Verfahren nur grüner Strom verwendet werden soll, wäre das so gewonnene Lithium CO2-neutral.


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Vulcan Energy plant in seiner Vor-Machbarkeitsstudie 100 bis 120 Liter Thermalwasser pro Sekunde zu fördern. Das sei jedoch eine unplausible Annahme, argumentiert der Leerverkäufer J Capital. Bisher würden Geothermiekraftwerke im Oberrheingraben maximal 80 Liter Sole pro Sekunde an die Oberfläche befördern.

Eine Pilotanlage zur Förderung von geothermalem Lithium des deutschen Energieversorgers EnBW rechnet sogar nur mit Fließraten von rund 70 Litern pro Sekunde, berichtet das Handelsblatt.

Ein weiterer Kritikpunkt des Short-Sellers an Vulcan Energy sind angeblich überhöhte und unrealistische Angaben beim Anteil des Lithiums, das aus dem Thermalwasser extrahierten werden könne. So gehe das Start-up davon aus, dass es 90 Prozent des in der Sole gelösten Lithiums gewinnen kann. Realistisch seien aber nur 70 Prozent. Das zeige beispielsweise die Pilotanlage von EnBW.

Eine deutlich geringere Effizienz bei der Lithiumgewinnung sowie niedrigere Fließraten seien jedoch ein "Projekt-Killer", schreibt der Short-Seller J Capital. Gegenüber dem US-Nachrichtensender CNBC erklärte Tim Murray von J Capital, dass das Vulcan Energy-Projekt deshalb aus seiner Sicht "kommerziell nicht rentabel" sei.

Scharfe Kritik von Analysten

Rohstoff- und Minenexperte Tobias Tretter von Commodity Capital erklärte heute gegenüber wallstreet:online: "die Vulcan Energy Aktie bewerten wir als absolut überbewertet. 1,3 Milliarden Euro Marktkapitalisierung für ein Unternehmen, das noch nicht mal eine Genehmigung besitzt, ist schon sehr sportlich."

Und weiter: "Der letztens im Handelsblatt erschienene Artikel und die darin beschriebenen Probleme sind definitiv zutreffend. Wir glauben nicht daran, dass Vulcan Energy die Genehmigungen für die Geothermie-Kraftwerke erhält und dann zudem die Finanzierung für diesen Abbau innerhalb der nächsten 10 Jahre erhält. "

Ähnlich sieht dies auch Peter Thilo Hasler, Gründer und Analyst von Sphene Capital. Im Gespräch mit wallstreet:online sagte er: "Es ist immer wieder beeindruckend, wie eine schön gestaltete Webseite und eine Auswahl der gerade trendigen Schlagwörter die Anleger dazu verleiten kann, in ein Unternehmen zu investieren, das nicht viel mehr ist als eine nette Idee."

Shortseller muss Bericht offline nehmen

Der Shortseller-Bericht ist aktuell nicht mehr auf der Webseite von J Capital zu finden. Vulcan Energy war in Australien, dort ist es an der Börse gelistet, erfolgreich vor Gericht gegen die Veröffentlichung des Berichts vorgegangen. Ein australisches Gericht untersagte es J Capital die Vorwürfe weiter zu verbreiten, berichtet das Handelsblatt.

Autor: Ferdinand Hammer, wallstreet:online Zentralredaktion

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