Bekommen die Briten Angst vor der eigenen Courage? Oder ist es die pure Einsicht in die Realitäten, die Theresa May dazu gebracht hat anzudeuten, dass Großbritannien, über 2019 hinaus keine klare Trennung von der Europäischen Union (EU) vollziehen könnte. Die Premierministerin hatte durchblicken lassen, dass die Administration in London eine Übergangslösung (transitional deal) untersuchen würde, in deren Rahmen Elemente der bisherigen Beziehungen zur EU beibehalten werden könnten. Diese Äußerungen sorgten sofort für Ärger bei den Hardlinern der Brexit-Befürworter, die bei einer Übergangslösung eine noch größere Unsicherheit als bei einem klaren Schnitt befürchten.
Überhaupt wächst die Furcht der Briten vor negativen Folgen für die Wirtschaft durch den Austritt aus der EU. So geben inzwischen nach einer Erhebung des Finanzdatenanbieters Markit 49% der befragten Privathaushalte an, sie würden mit schlechteren Aussichten rechnen. Angesichts eines um 10% geschrumpften Vermögens der britischen Haushalte zwischen Mitte 2015 und Mitte 2016 ist das auch kein Wunder. Wie die Credit Suisse in ihrem jährlichen Wohlstandsbericht ausführt, sei dies eine direkte Konsequenz des Brexit-Votums. Als Hauptgrund nennt die Schweizer Großbank insbesondere den Kurseinbruch des Britischen Pfunds. Dies wirkt sich auch auf die Dollar-Millionäre aus, deren Zahl in Großbritannien um 15% geschrumpft sei.
Dass nun die Regierung in 10 Downing Street einen Wettlauf für Steuerdumping anzuzetteln droht, stößt nicht zuletzt bei Finanzminister Wolfgang Schäuble auf scharfe Kritik. Noch sei Großbritannien Mitglied der EU und damit an europäisches Recht gebunden, sagte er. Laut May sollen die Unternehmenssteuern auf den niedrigsten Stand der führenden 20 Industrieländer (G20) gesenkt werden. Möglicherweise wolle London die Körperschaftsteuer auf unter 15% drücken, schreibt die Tageszeitung „The Telegraph".
Aber auch nach einem Austritt aus der EU sieht Schäuble Großbritannien gebunden – und zwar an die Versprechungen beim G20-Gipfel in Antalya von 2015, wo von den Teilnehmern einschließlich UK versichert worden ist, in keinen Steuerwettlauf mit immer niedrigeren Sätzen einzutreten.
Wenn nun Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond den ersten Staatshaushalt seit dem Brexit-Votum vom Juni vorlegen wird, steuert die Regierung in den kommenden fünf Jahren auf ein Haushaltsloch von 100 Mrd. Pfund zu, wie die „Financial Times“ schreibt. Die Ursachen sieht das Traditionsblatt in geringeren Steuereinnahmen und einem abgeschwächten Wirtschaftswachstum – alles eine Folge des Brexit-Votums.
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