Amazon: Frontalangriff auf Apple + Cloud Computing Business boomt
Der E-Tail-King beeindruckt selbst in einem crashartig verlierenden Aktienmarkt mit einer enormen relativen Stärke. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, weil Einzelhändler von der Kaufkraft und der Kauflaune der Konsumenten abhängig sind - und die ist ja in den USA inzwischen stark getrübt.
Des Rätsels Lösung: Amazon ist inzwischen weit mehr als ein Internethändler, sondern auch Technologie-/Geräteanbieter und entwickelt sich immer mehr zum heimlichen Cloud-Computing-Star. Selbst Apple muss sich nun vor dem als Buchhändler gestarteten Webriesen in Acht nehmen.
Die Ergebnisse für das zweite Quartal schlugen die Erwartungen sämtlicher Analysten um Längen. Auch der Umsatzausblick gefällt. Der kurzfristig rückläufige Gewinn je Aktie wird dabei - wie von Amazon bereits früher praktiziert - bewusst in Kauf genommen, um die Expansion voranzutreiben. Massive Investitionen in neue Service-Center und ins Marketing sollen Amazon weltweit in eine neue Größenordnung katapultieren.
Der Plan scheint aufzugehen: Im zweiten Quartal stiegen die Umsätze um gut 50 Prozent auf knapp zehn Milliarden US-Dollar. Wieder mal ein neuer Rekord. Wachstumstreiber war dabei das Geschäft mit Dritt-Parteien, die Amazon als Vertriebskanal verwenden. Hier haben die Mannen um Gründer Jeff Bezos, einst Manager des Jahres im Fortune-Magazin, längst eBay überholt und den Netzwerkeffekt nun auf ihrer Seite.
Eigene Technologieprodukte - Tablet folgt auf Kindle
Doch Amazon will mehr: Nach dem großen Erfolg des E-Books Kindle will man nun mit einem Tablet-PC dem Apple iPad Konkurrenz machen.
Kindle selbst war bzw. ist für Amazon auf Grund des Kampfpreises zu dem das Produkt in den Markt gedrückt wurde kein großer Profitbringer. Aber Amazon profitiert natürlich indirekt: Die Umsätze mit eBooks, also elektronischen Büchern, sind für Amazon rentabler, weil keine Verpackungs- und Versandkosten anfallen. E-Books können ja problemlos übers Internet downgeloadet werden. Je höher der Anteil von E-Books am gesamten Buchverkaufsvolumen, umso besser also für Amazon. Auch in China läuft das Kindle glänzend.
Nun plant das Unternehmen mit Hauptsitz in Seattle/Washington den nächsten großen Wurf: Für das vierte Quartal 2011 ist der Launch eines eigenen Amazon Tablet-PC geplant, der mit dem Google Android Betriebssystem laufen soll. Preislich wird das aPAD deutlich unter dem iPad liegen und somit auf den Massenmarkt abzielen. Auch erste Marktforscher haben sich bereits bezüglich der Marktchancen zu Wort gemeldet: Verkaufszahlen von zu fünf Millionen Stück innerhalb der ersten zwölf Monate werden bereits gehandelt.
Damit würde Amazon zum härtesten Konkurrenten von Apple im Tablet-Segment.
Geheimwaffe Cloud Computing
Sehr bedeckt hielt sich Amazon bisher bezüglich Amazon Web Services (AWS) genannten Cloud-Computing Sparte. Doch der Sektor explodiert aktuell regelrecht.
Kurz zu den Hintergründen: Durch das rasante Wachstum hat Amazon enorme Rechnerkapazitäten in Form von riesigen Server-Parks aufgebaut. Das Unternehmen installiert heute an nur einem Tag so viel Rechnerleistung wie es im Jahr 2000 insgesamt zur Verfügung hatte. Bereits 2006 kam der pragmatische Vorstand um Bezos auf die Idee das eigene Backend zu vermieten und somit die Kosten für den Serverunterhalt weiterzugeben.
Inzwischen können Unternehmen über AWS Rechenleistung, Speicherkapazität und IT-Infrastruktur-Dienstleistungen nach Bedarf buchen. Der Bereich wird stetig ausgebaut: Dank Kooperationen mit SAP und Oracle laufen nun auch entsprechende Datenbanken und ganze ERP-Systeme über AWS. Insgesamt stehen mehr als 20 verschiedene Dienstleistungen zur Auswahl.
Immer mehr Firmen versuchen über die Auslagerung von Daten IT-Kosten einzusparen. Amazon profitiert. Die Kundenliste ist inzwischen vom Feinsten: Das U.S. State Department, die NASA, die Nasdaq, Pfizer, Adobe und Autodesk, um nur einige zu nennen, nutzen inzwischen alle die Dienste von Amazon.
Analysten geraten geradezu ins Schwärmen: "It´s growing amazingly. They´re killing it", meint beispielsweise Bernard Golden vom Cloud-Consulting-Unternehmen HyperStratus. Übersetzung überflüssig.
Mike Souers von Standard & Poor´s, der Amazon jüngst wieder auf "Kaufen" gestuft hat, bläst ins gleiche Horn: "AWS hebt wirklich ab. Es hat die Erwartungen des Managements bei weitem übertroffen." J.P. Morgan rechnet damit, dass AWS bereits nächstes Jahr die Milliarden-Dollar-Umsatzschallmauer knackt.
Der AWS-Umsatz wäre dann zwar relativ zum Amazon Gesamtumsatz immer noch gering, aber zum einen ist das Wachstum enorm (40 Prozent jährliches Wachstum), zum anderen sind die Margen im AWS-Geschäft viel höher als beim herkömmlichen E-Commerce-Geschäft. Deshalb ist AWS aus Profitabilitätsgesichtspunkten wichtiger als es scheint.
Der Kursverlauf der Aktie spiegelt den Erfolg auf beeindruckende Weise wider:
Der Pferdefuß an der Geschichte ist der gleiche wie derzeit bei fast allen Wachstumsaktien: Die Bewertung ist enorm hoch. Die KGV-Zahlen sind schwindelerregend, wobei die aus zwei Gründen zu vernachlässigen sind: Erstens spielt bei der kurz- und mittelfristigen Performance von Wachstumsunternehmen kaum eine Rolle wie langjährliche statistische Auswertungen zeigen. Zweitens sind die Gewinne bei Amazon wegen der extrem hohen (quasi freiwilligen) Investitionen derzeit künstlich niedrig.
Aussagekräftiger ist hier das Kurs-Umsatz-Verhältnis und das liegt für 2011 bei exakt zwei. Das ist viel für einen Internethändler, aber verdammt wenig für ein Technologieunternehmen mit eigenem E-Reader, bald Tablet-Computer und einer Cloud Computing-Sparte.
MEIN FAZIT:
- Qualität hat seinen Preis - auch an der Börse.
- Die Aktie von Amazon schlägt sich glänzend in einem sehr schwierigen Marktumfeld.
- Schnelle Expansion nach Asien und Erfolgsgeschichten mit dem Kindle E-Reader und der Cloud-Computing-Sparte sind Kaufargumente.
- Der geplante aPAD-Tablet Computer ist ein weiterer Trumpf im Ärmel.
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Ihr
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report
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