In Zeiten steigender Zinsen sollten Anleger zunehmend selektiver werden. Aber wo genau sind jetzt bei einer Jahresendrallye noch Gewinne drin? Und: Welches Szenario erwartet uns 2022? Zwei Experten wagen einen Ausblick.
Es könnte ein düsterer Herbst werden: Die Energiepreise explodieren und haben die Inflation so hochgetrieben, wie seit 30 Jahren nicht mehr. Dazu kommen Lieferkettenprobleme durch Materialmangel. Eventuell droht sogar eine Stagflation. Für die Märkte ist das ein Risiko, denn es mangelt an Erfahrung seitens der Marktteilnehmer zum Thema Stagflation. Angstgetriebene Verkäufe könnten zu starken Korrekturen führen. Ist hier überhaupt noch Raum für eine Jahresendrallye?
"Tapering" bereits eingepreist?
Stefan Riße, Kapitalmarktstratege der Fondsgesellschaft Acatis, betont im Gespräch mit wallstreet:online: "Nach wie vor pumpen die großen Notenbanken der Welt über Wertpapierkäufe riesige Mengen an Liquidität in die Märkte. Diese sollen zwar irgendwann in naher Zukunft reduziert werden, aber noch hat diese Zeit des "Taperings" nicht begonnen. Und der psychologische Effekt - die Angst vor diesem - dürfte eingepreist sein."
In den Stimmungsindikatoren der vergangenen Wochen sei zudem klar ablesbar, dass vor der historisch betrachtet saisonal schlechten Börsenphase August bis Oktober vor allem viele institutionelle Anleger sich vorsichtiger positioniert hätten: "Die sitzen jetzt auf Cash und dürften dies unter dem Druck steigender Kurse wieder investieren. Dieses Gemisch dürfte einen guten Antrieb für eine Jahresendrallye darstellen und von Privatanlegern partiell ausgelöste spekulative Auswüchse zunächst weiter überdecken", so Riße.
Klaus Brune, Leiter des Börsenressorts beim Platow Verlag, sieht bereits eine Erholung am deutschen Aktienmarkt: "Am Dienstag, den 2. November schnupperte der DAX erstmals seit dem 7. September wieder die Höhenluft oberhalb von 15.900 Punkten. Der Oktober fungierte dabei als Mutmacher für einen freundlichen Auftakt in den neuen Monat, denn anders als im Vorjahr (-9,4 Prozent) wurde im Oktober 2021 mit einem Zugewinn von 2,8 Prozent nicht nur der langjährige Durchschnitt (+2,0 Prozent) übertroffen, sondern womöglich auch die Basis für eine Jahresendrallye geschaffen, die den DAX auf ein neues Allzeithoch hieven würde."
Das bisherige Rekordhoch von Mitte August sei nur noch einen guten Prozentpunkt entfernt, was statistisch gesehen schon im November (im Schnitt legte der DAX in den vergangenen 33 Jahren dabei 2,5 Prozent zu) erreicht werden könne, so Brune. Das grundsätzliche Szenario bleibe für die Aktienmärkte positiv, was die Chancen auf eine Jahresendrallye zusätzlich noch erhöhe: "Die Konjunktur wird 2022 robust, die Inflation verkraftbar und die geldpolitische Straffung moderat bleiben. Der langsame Liquiditätsentzug der Notenbanken wird den Aktienmärkten im kommenden Jahr dabei wenig anhaben können."
Was tun in Zeiten steigender Zinsen?
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Aber werden die Bewertungen mit den Kursgewinnen Schritt halten können? Klaus Brune sieht Chancen dafür: "Nach einer Auswertung von JP Morgan haben in den USA 82 Prozent der Unternehmen mit ihren Q3-Zahlen die Erwartungen übertroffen; in Europa waren es immerhin auch 68 Prozent der im STOXX 600 vertretenen Börsenwerte. Bei den Multiples ist also noch Luft, allerdings sollten Anleger in Zeiten steigender Zinsen zunehmend selektiver werden. Bevorzugt werden sollten daher Financials, Energie- und Rohstoffwerte", so Brune im Gespräch mit wallstreet:online. Darüber hinaus gilt es auf Unternehmen zu achten, die aufgrund eines technologischen oder qualitativen Vorsprungs in der Lage seien, erhöhte Einkaufspreise an ihre Kunden weiterzugeben.
Einzelwerte statt Indizes
In stürmischer werdenden Börsenzeiten sei passives Index-Investieren nicht gefragt. Vielmehr sollten Anleger bewusstes Stock-Picking betrieben und einzelne Positionen auf die Börsenwaage stellen, fasst Brune zusammen.
Autorin: Gina Moesing, wallstreet:online Zentralredaktion
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