Wie können Sie sich vor Greenwashing bei der Geldanlage schützen? Was sind die besten ESG-Fonds und -ETFs? Wir haben bei Experten nachgefragt und uns die Stiftung Warentest-Testsieger und Fonds mit FNG-Siegel angeschaut.
Nachhaltige Geldanlagen sind ein Megatrend. Doch nicht überall wo grün draufsteht, ist auch grün drin. Sogenanntes „'Greenwashing' ist ein Phänomen, das nicht nur bei Banken und Investmentfonds immer häufiger zu beobachten ist“, erklärt Max Deml, ESG-Experte und Gründer des Öko-Invest-Verlags, im Gespräch mit wallstreet:online.
Erst kürzlich war die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank, wegen des Vorwurfs von geschönten Nachhaltigkeitsangaben bei ihren nachhaltig verwalteten Fondsvermögen ins Visier von Aufsichtsbehörden geraten.
Das Ende des regulatorischen Wilden Westens ist nah
Das Problem: Bisher gibt es keine einheitlichen Standards, die festlegen, wann ein Anlageprodukt nachhaltig ist und wann nicht. Doch mit dem regulatorischen Wilden Westen bei nachhaltigen Geldanlagen könnte schon bald Schluss sein, denn die EU-Kommission und die BaFin entwickeln entsprechende Regularien.
So arbeitet die EU-Kommission unter anderem an einem EU-Ecolabel für nachhaltige Finanzprodukte. Außerdem soll es ein standardisiertes Datenblatt ähnlich den Wesentlichen Anlegerinformationen (KID) geben, auf dem die wichtigsten Nachhaltigkeitseigenschaften eines Finanzprodukts aufgelistet sind.
Und: eine BaFin-Richtlinie zu nachhaltigen Investmentvermögen soll Verbraucher in Zukunft besser schützen. Sollte diese verabschiedet werden, könnte Investmentvermögen zukünftig nur noch als nachhaltig oder grün vermarktet werden, „wenn die Anlagebedingungen vorsehen, dass entweder eine Mindestinvestitionsquote in nachhaltige Vermögensgegenstände eingehalten, eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt oder ein nachhaltiger Index abgebildet wird“, heißt es von der BaFin.
Wie Anleger sich schützen können
Doch bis BaFin und EU-Kommission einheitliche Standards etabliert haben, müssen Anleger bei nachhaltigen Geldanlagen besonders genau hinschauen und können sich nicht auf die Nachhaltigkeitsversprechen in der Produktwerbung verlassen. Auch eine professionelle und unabhängige ESG-Finanzberatung kann sinnvoll sein.
Um sich vor Greenwashing zu schützen, empfiehlt ESG-Experte Max Deml: „erstens sich das Produkt selbst genau anzusehen [. . .], zweitens es sich von Beraterseite schriftlich geben zu lassen, welcher ökologischen Impact mit dem Produkt erzielt werden soll, drittens bei NGOs wie z. B. der Deutsche Umwelthilfe (duh.de) nachzufragen [. . .]. Und last not least kritische Medien wie Finanz-Test, Öko-Test oder Öko-Invest zu lesen, die auch dem Anlegerschutz verpflichtet sind.“
Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen mahnt, dass „man sich als Anleger primär vor einem Totalverlust schützen sollte“. Besonders vermeintlich nachhaltige Finanzprodukte des kaum regulierten grauen Kapitalmarktes bürgen das Risiko eines Totalverlustes. „Ein grüner Anstrich überdeckt niemals das Risiko einer grau/grünen Geldanlage“, so Lawrence im Gespräch mit wallstreet:online.
Tatsächlich sollten Anleger bei allen Finanzprodukten – auch bei nachhaltigen – stets das magische Dreieck der Geldanlage aus Ertrag, Verfügbarkeit und Sicherheit beachten. Grüne Geldanlagen ergänzen das Dreieck leidglich um die weitere Dimension der Nachhaltigkeit. Die anderen Dimensionen (Rentabilität, Liquidität und Sicherheit) dürfen keinesfalls außer Acht gelassen werden. Oder anders gesagt: Die Regeln einer guten Geldanlage gelten auch für Finanzprodukte, die als „nachhaltig“ beworben werden.
Stiftung Warentest-Testsieger
Die Stiftung Warentest hat unterdessen ESG-Fonds und -EFTs geprüft. „In puncto Nachhaltigkeit liegen vier aktiv gemanagte Fonds vorn: der Ökovision Classic, der Superior 6 Global Challenges, der GLS Bank Aktienfonds und der Steyler Fair Invest“, schreibt die Verbraucherorganisation. Der Steyler Fair Invest Fonds erreichte beim FNG-Siegel 2021 ebenfalls die Bestnote (mehr dazu weiter unten).
Bei der Finanztest-Bewertung, welche zudem die Anlagequalität untersucht, schlossen besonders gut der Ökovision Classic und der GLS Bank Aktienfonds ab. Beide erhielten vier von fünf möglichen Punkten. Übrigens: Der GLS Bank Aktienfonds war in der vergangenen Woche unter den am meisten gehandelten Fonds beim Smartbroker.
Bei den nachhaltigen ETFs schnitten der Amundi MSCI World SRI, der BNP Easy MSCI SRI S-Series 5% Capped, der iShares MSCI World SRI, der Lyxor MSCI World ESG Leaders Extra sowie der UBS MSCI World Socially Responsible und der UBS MSCI ACWI Socially Responsible am besten ab.
Bei der Finanztest-Nachhaltigkeitsbewertung wurden für 99 Fonds und ETFs eine unabhängige ESG-Bewertung erstellt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf 29 Ausschlusskriterien gelegt: Je mehr problematische Branchen und Geschäftspraktiken die getesteten Fonds und ETF ausschlossen, umso besser schnitten sie bei der Nachhaltigkeitsbewertung ab (siehe Ausschlusskriterien unten). Die Bewertung der Ausschlusskriterien floss dabei zur Hälfte in die Gesamtnote ein.
Die andere Hälfte der Finanztest-Note machten weitere Auswahlkriterien aus: nutzt der Fonds/ETF noch andere nachhaltige Anlagestrategie (z. B. Best-In-Class)? Gibt es einen unabhängigen Nachhaltigkeitsbeirat? Wie streng ist der Auswahlprozess (wie viel Prozent der Aktien werden aussortiert)? Setzt sich das Fondsmanagement aktiv für eine Verbesserung der Nachhaltigkeit von Unternehmen ein und macht dabei auch von ihrem Stimmrecht bei Hauptversammlungen Gebrauch (Engagement)? Wie Transparent ist der Fondsanbieter (wird das Portfolio im Internet veröffentlicht)?
Ausschlusskriterien bei der Finanztest-Nachhaltigkeitsbewertung |
1. Konventionelle Kohleförderung zur Energieerzeugung |
2. Konventionelle Erdgasförderung |
3. Konventionelle Ölförderung |
4. Förderung von Ölsand, Ölschiefer und Schiefergas |
5. Betrieb von Kohlekraftwerken |
6. Betrieb von Erdgaskraftwerken |
7. Betrieb von Ölkraftwerken |
8. Kernkomponenten für Atomkraftwerke |
9. Betrieb von Atomkraftwerken |
10. Abbau von Uran |
11. Genetisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft |
12. Massentierhaltung |
13. Tierversuche für Kosmetik |
14. Produktion von Palmöl |
15. Produktion von langlebigen organischen Schadstoffen |
16. Ernste oder wiederholte Umweltschäden |
17. Korruption, Steuervermeidung, Geldwäsche |
18. Arbeitsrechtsverletzungen gemäß Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) |
19. Menschenrechtsverletzungen gemäß der Vereinten Nationen (UNO) |
20. Glücksspiel |
21. Pornografie |
22. Alkohol |
23. Tabak |
24. Kriegswaffen und Militärgüter |
25. Handfeuerwaffen |
26. Angereicherte Uranmunition |
27. Massenvernichtungswaffen |
28. Anti-Personen-Minen |
29. Streumunition |
FNG-Siegel
Das FNG-Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG), einem Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen, will der Qualitätsstandard für Nachhaltige Geldanlagen sein. Um das Siegel zu erhalten, müssen Investmentfonds bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Folgende Investments sind dabei Tabu: Hersteller geächteter Waffen, Hersteller konventioneller Rüstung/Waffen*, Betreiber von Kernkraftwerken*, Hersteller wesentlicher Komponenten für Kernkraftwerke*, Unternehmen, die Kohle und Uran abbauen* oder verstromen**, Unternehmen, die Verfahren zum Abbau und/oder Aufbereitung von Ölsanden einsetzen und/oder Fracking-Technologien herstellen und/oder anwenden* (*= Umsatztoleranz 5%; ** Umsatztoleranz 25% bei Kohle / 10% ab 2022).
Außerdem müssen Anbieter Transparenzkriterien berücksichtigen und mittels normbasierten Screenings sicherstellen, dass ihre Investments nicht gegen den UN Global Compact, eine global gültige Norm im Bereich Arbeits- & Menschenrechte, sowie gegen Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung verstoßen. Weiterhin müssen beim FNG-Siegel „alle Unternehmen des jeweiligen Fonds komplett auf Nachhaltigkeits-Kriterien hin analysiert werden und das Produkt eine explizite Nachhaltigkeits-Strategie vorweisen“, heißt es in den Siegelkriterien.
Für Anleger ist es dabei wichtig zu wissen, dass sich das FNG-Siegel lediglich auf die Dimension der Nachhaltigkeit bezieht. Eine Aussage zur finanziellen Performance oder der Anlagequalität macht das Siegel nicht. Außerdem müssen sich Fondsgesellschaften aktiv um das Siegel bemühen und eine Gebühr bezahlen.
Eine Übersicht, der mit dem FNG-Siegel 2021 ausgezeichneten Fonds finden Sie HIER
Autor: Ferdinand Hammer, wallstreet:online Zentralredaktion
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