Die Flagge der Ukraine.
Sonntag, 10.04.2022 14:36 von | Aufrufe: 1129

GESAMT-ROUNDUP: Ukraine beklagt immer mehr russische Gräueltaten

Die Flagge der Ukraine. pixabay.com

KIEW/MOSKAU (dpa-AFX) - Unter dem Eindruck neuer Kriegsverbrechen nach Russlands Angriff auf die Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew seine Forderung nach einem Öl-Embargo gegen Moskau bekräftigt. "Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte er in einer Videobotschaft. Selenkyj telefonierte am Sonntag auch mit Kanzler Scholz und forderte eine Verfolgung von Kriegsverbrechen sowie weitere Hilfe und weiteren Sanktionsdruck gegen Russland. Die Ukraine warf dem russischen Militär unterdessen weitere Gräueltaten vor.

Nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Nordukraine werden in immer mehr Orten Massengräber mit Zivilisten gefunden. Westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew meldeten die Behörden den Fund Dutzender Leichen. "Nahe der Tankstelle von Busowa haben wir heute noch tote Zivilisten in einer Grube gefunden", sagte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht im ukrainischen Fernsehen. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem nahe der Hauptstadt Leichen bei beschossenen Autos gefunden worden.

Vielzahl an russischen Kriegsverbrechen beklagt

Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa warf Russland vor, in allen Regionen der Ukraine Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Kremlchef Wladimir Putin bezeichnete sie als den "Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts". Die Ukraine habe 5600 Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen mit 500 Verdächtigen identifiziert.

Dazu gehöre auch der Raketenangriff vom Freitag auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk mit über 50 Toten. "Absolut, das ist ein Kriegsverbrechen", sagte sie am Sonntag dem britischen Sender Sky News. Die Ukraine habe Beweise. Russland behauptet dagegen, es habe sich um eine ukrainische Rakete vom Typ "Totschka-U" gehandelt.

Der Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Ukraine, Pascal Hundt, sagte dem Sender, Menschen lebten ohne Essen, Strom, Wasser und Heizung unter schrecklichen Bedingungen. "Das Ausmaß des Leids, das wir sehen, ist einfach immens, und ich kann mich nicht erinnern, das in der jüngeren Geschichte gesehen zu haben", sagte Hundt.

Papst fordert österliche Waffenruhe

Papst Franziskus forderte eine Waffenpause während der Osterzeit. Das Oberhaupt der katholischen Kirche nutzte die erste große Messe auf dem mit rund 50 000 Gläubigen gefüllten Petersplatz in Rom seit Beginn der Corona-Pandemie für einen Friedensappell. "Stellt die Waffen beiseite, beginnt eine österliche Waffenruhe", sagte er.

Ukraine nennt "rote Linien" für Gespräche mit Russland


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Die Ukraine rechnet indes nicht mit einem baldigen Treffen Selenskyjs mit Putin zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges, wie Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen sagte. Die Ukraine bestehe weiter auf starken Sicherheitsgarantien und zahle dafür einen sehr hohen Preis, meinte Podoljak. "Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien", sagte er.

Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija sagte, es gebe keine greifbaren Fortschritte. Für Kiew bleibe die territoriale Einheit eine rote Linie. "Wir werden keine Gebiete aufgeben, und wir werden nichts anerkennen", sagte er mit Blick auf die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und die ostukrainischen "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk. Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach am 24. Februar den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Russland setzt Angriffe in Ostukraine fort

Russland setzte indes seine Raketenangriffe auch am Wochenende fort. Insgesamt seien 86 Objekte innerhalb eines Tages getroffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag. Im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und Basis des Bataillons Dnipro vernichtet worden. Überprüfbar waren diese Angaben nicht. Zerstört worden seien auch auf dem Militärflugplatz der Garnisonsstadt Tschuhujiw im Gebiet Charkiw Startkomplexe des Luftabwehrsystems S-300 sowie in der Ostukraine mehrere Drohnen, zwei Munitions- und drei Treibstofflager.

Ukrainischer Präsident würdigt Besuche westlicher Politiker in Kiew

In Kiew dankte Staatschef Selenskyj dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer für ihren Besuch am Samstag. Das Treffen mit Johnson zeige, dass es "keine Hindernisse für die Freiheit" gebe, sagte er in der Videobotschaft. "Die Führungsrolle Großbritanniens bei unserer Unterstützung, insbesondere im Bereich der Verteidigung, und auch die Führungsrolle in der Sanktionspolitik - sie werden für immer in die Geschichte eingehen." Mit Johnson habe er auch über weitere finanzielle und verteidigungspolitische Hilfen für Kiew gesprochen.

Ukraine spricht von Toten und Verletzten

Unterdessen wurden durch Beschuss in der Region Donezk und im nordöstlichen Gebiet Charkiw ukrainischen Angaben mehrere Zivilisten getötet und verletzt. Die ukrainische Militärverwaltung machte Russland dafür verantwortlich. Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen am Samstag unter anderem 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört, hieß es. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Auch in der Hafenstadt Mariupol dauerten die Gefechte an.

Nato-Generalsekretär spricht von "neuer Realität"

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sieht Generalsekretär Jens Stoltenberg die Nato in einem "grundlegenden Wandel". "Egal, wann oder wie der Krieg in der Ukraine aufhört: Der Krieg hat bereits langfristige Konsequenzen für unsere Sicherheit", sagte Stoltenberg in einem Interview des britischen "Sunday Telegraph". Er erwarte Entscheidungen dazu beim Nato-Gipfel in Madrid Ende Juni, sagte Stoltenberg.

Moskau: Hunderttausende nach Russland geflüchtet

Nach Militärangaben in Moskau sollen mehr als 700 000 Menschen aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk sowie anderen Teilen der Ukraine seit dem 24. Februar nach Russland evakuiert worden sein. Allein am Samstag hätten knapp 27 000 Menschen die umkämpften Regionen Richtung Russland verlassen, sagte Generaloberst Michail Misinzew. Aus der seit Anfang März umkämpften südukrainischen Hafenstadt Mariupol seien 134 000 Menschen gerettet worden. Die Zahlen sind nicht unabhängig zu prüfen.

Ukraine stellt Handelsbeziehungen mit Russland ein

Wegen des Angriffskriegs verhängte die Ukraine unterdessen ein Handelsembargo gegen Russland. "Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar", sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Die Regierung schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Ein Teilimportstopp für russische Waren gilt bereits seit 2015. Kiew transportiert aber weiter täglich bis zu rund 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen. Dafür zahlt Russland Durchleitungsgebühren an die Ukraine./wo/DP/he

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