Die New Yorker Freiheitsstatue. New York ist die Börsenmetropole der Vereinigten Staaten.
Donnerstag, 14.07.2022 20:17 von wallstreet:online Zentralredaktion | Aufrufe: 1525

Festhalten! Es geht runter!: Wird richtig böse: "Harte Rezession in den USA, längeres Dahinsiechen in Europa"

Die New Yorker Freiheitsstatue. New York ist die Börsenmetropole der Vereinigten Staaten. pexels.com

Nein, das sieht wirklich nicht gut aus. Die Folgen der hohen Inflationsraten werden dem Aktienmarkt wohl länger und stärker zusetzen. Ausblicke von sechs Top-Kapitalmarktexperten.

Erst der Inflationsrekord aus den USA: 9,1 Prozent im Mai, der höchste Stand seit Dezember 1981. Dann wird gemeldet, dass die EU-Kommission für dieses Jahr mit einer Inflation von 7,6 Prozent im Euroraum und 7,9 Prozent in Deutschland rechne. Am Markt wird diskutiert, wie die Zentralbanken – vor allem die Fed – wohl reagieren werden. Die Stimmen mehren sich, dass die Fed die Zinsen jetzt um meinen ganzen Prozentpunkt erhöhen könnte. Solche Zinsschritte würgen dem Aktienmarkt erfahrungsgemäß jedenfalls kurzfristig die Luft ab.

Wir haben bei erfahrenen Top-Kapitalmarktexperten nachgefragt: "Wie schätzen Sie die Lage ein? Auf was sollen sich Aktienanleger jetzt einstellen?"

"Krise in Europa ungleich langwieriger"

Peter Thilo Hasler, Gründer und Analyst von Sphene Capital, nimmt wie immer kein Blatt vor den Mund und stellt besonders EZB-Präsidentin Christine Lagarde ein miserables Zeugnis aus: "Von den vier möglichen Szenarien – Soft Landing, anhaltender Inflationsdruck, verlangsamtes Wachstum und Stagflation – wird in Europa letzteres immer wahrscheinlicher. Hier sind wir durch das bisherige Totalversagen der EZB an einem Punkt angelangt, wo Zinsanstiege zur Eindämmung des Inflationsdrucks zunächst verpuffen werden. Nun muss man der EZB zugutehalten, dass ihr Handlungsspielraum durch die ökonomische Lage der südeuropäischen Länder begrenzter ist als der der Fed. Doch ist mittlerweile die Glaubwürdigkeit von Frau Lagarde derart beschädigt, dass Marktteilnehmer ihre langfristigen Wachstumserwartungen so deutlich nach unten und die Zins- und Inflationserwartungen so deutlich nach oben angepasst haben, dass die Krise in Europa ungleich langwieriger sein wird als in den USA", so Hasler.

Die Maßnahmen der Fed führten laut dem Kapitalmarkt-Profi von Sphene Capital in eine kurzfristige Rezession: "Bemerkenswerterweise hat die Fed genau gegenteilig reagiert und Maßnahmen ergriffen, um die internen Probleme möglichst schnell zu beseitigen. Das geht natürlich zu Lasten des Konjunkturwachstums, was die aktuelle inverse Zinsstrukturkurve, der klassische Rezessionsindikator, auch andeutet. Insofern ist in den USA eine kurze, harte Rezession wahrscheinlich, in Europa ein längeres Dahinsiechen", schließt Peter Thilo Hasler seine Kurzanalyse ab.

"Zweistellige Inflationsraten in Euroland"

Ralf Flierl, Chefredakteur von unserem Smart Investor, sieht ebenfalls eine schwache EZB, die den Kampf gegen die Inflation nicht annimmt: "Der 'Inflationsschock' ist lediglich Symptom und Preis einer über lange Jahre hinweg absurd lockeren Geldpolitik. Die Steigerungen bei den deutschen Erzeugerpreisen von zuletzt +33,6 Prozent p.a. und die dramatische Abwertung des Euro – Stichwort: importierte Inflation – werden auch weiter für erheblichen Preisdruck sorgen.


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Will die Fed weiter ernst genommen werden, wird sie bei der aktuellen Datenlage am 27. Juli nicht um einen weiteren deutlichen Zinsschritt von mindestens +75 Basispunkten herumkommen.

Dagegen wird sich die EZB auch weiter um eine ernsthafte Inflationsbekämpfung drücken, weil ihr unausgesprochenes Hauptziel der Zusammenhalt der Eurozone ist. Zweistellige Inflationsraten in Euroland sind schon auf Sicht einiger Monate daher recht wahrscheinlich", sagt der erfahrene Smart Investor-Chef Ralf Flierl voraus, ohne zu vergessen, einen konkreten Aktientipp abzugeben: "Aktien befinden sich – zumindest real – weiter in der Baisse, wobei man bei Titeln mit frischer Relativer Stärke, z. B. die österreichische Verbund (WKN: 877738) aus unserem Musterdepot, einen Blick riskieren darf. Gold erscheint nach dem Abverkauf attraktiv", meinte Flierl, dessen Smart Investor wir aktuell hier als Probeexemplar gratis zum Download anbieten.

"Leitzinserhöhung um ein Prozent"

Die Fed werde nach Meinung Stefan Klotters, Charttechnik-Experte und Boss unseres Börsenbriefes Fast Break, hart gegen den Inflationssturm feuern: "Jerome Powell weiß schon seit geraumer Zeit, dass er die Inflation nicht im Schonwaschgang bekämpfen kann. Von daher scheint eine Leitzinserhöhung um ein Prozent, wie vom Präsidenten der Federal Reserve Bank of Atlanta Raphael Bostic ins Spiel gebracht, statt der bisher avisierten 0,75 ein logischer Schritt. Einziges Hindernis: Die im November stattfindenden Midterms. Wird es Powell wagen, die USA vor diesen wichtigen Wahlen beschleunigt in die Rezession zu stürzen? Sehr unwahrscheinlich. Die großen Zinsschritte werden aller Wahrscheinlichkeit erst im Anschluss erfolgen", sagte Stefan Klotter.

Die EZB befinde sich laut Klotter, dessen Report "Revival Of The Fittest – They Will Be Back" wir hier kostenlos zum Download anbieten, in einer aussichtslosen Zwickmühle: "Was die EZB anbelangt, so ist diese weiterhin ausweglos in einer Loose-Loose-Position gefangen, in die sie sich mit Wonne über die letzten Jahre selbst hineinmanövriert hat. Jede kleinste Zinserhöhung zur Bekämpfung der Inflation lässt die Renditen der Staatsanleihen der EU-Südländer gewaltig in die Höhe schnellen, jede Nicht-Reaktion lässt den Euro geschwächt zurück. Die EZB ist lost."

"Hohe Unsicherheit und daher Preisvolatilität"

Top-Börsianer Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute, lenkt die Aufmerksamkeit auf das Durchhaltevermögen der Fed und die Folgen für Aktionäre: "Bei der Inflationsbekämpfung handelt es sich nicht um einen Sprint, sondern um einen Marathon. Die Frage ist also nicht, ob die nächste Zinserhöhung 75 oder 100 Basispunkte betragen wird, sondern ob die Fed solange durchhält, bis die Inflation besiegt ist, auch wenn die Fed Funds Rate auf deutlich mehr als die bisher angepeilten 3,8 Prozent steigen muss. Für den Aktienmarkt heißt das weiterhin hohe Unsicherheit und daher Preisvolatilität", so die für Aktienanleger ungemütliche Einschätzung von Thomas Mayer.

"Noch die Füße stillhalten"

Marktexperte Mike Seidl von unserem Börsendienst "America‘s Most Wanted" (Hier kostenlos die aktuelle Ausgabe "FINGER WEG! Von diesen Charts!" downloaden!) rät Anlegern strategisch vorzugehen: "Die Inflation ist derzeit extrem. Die Notenbanken reagieren weltweit mit teils scharfen Zinserhöhungen am kurzen Ende. Auf Verbraucher und Unternehmen kommt sehr wahrscheinlich noch einiges zu. Denn massive Preis- und Zinssteigerungen sind für alle eine Belastung. Anleger sollten jetzt genau darauf achten, wie die Berichtssaison läuft. Sinkende Margen, steigende Finanzierungs- und Herstellungskosten sowie schlechte Ausblicke für die zweite Jahreshälfte sollten eine Warnung sein. Analysten dürften daraufhin die Kursziele senken, was zu weiteren Kursverlusten bei Aktien führt. Anleger sollten noch die Füße stillhalten und dann aktiv werden, wenn Unternehmen Licht am Ende des Tunnels sehen", so Mike Seidl.

Den Bogen ein Stück weiter schlägt Harald Meisner, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzwirtschaft an der Rheinischen Fachhochschule Köln. Seiner Meinung nach sollte der Staat flankierend helfen, die Krise abzumildern: "Ich denke, die Inflation ist gekommen, um zu bleiben...erstmal. Die Geldpolitik wird sich dieser Herausforderung stellen müssen, die Leitzinsen werden auch in EU weiter erhöht werden und die Wirtschaft muss sich diesen Rahmenbedingungen stellen. Sollte der Staat fiskalisch in der Krise nicht gegensteuern, haben wir ein Problem!"

Text: Christoph Morisse, wallstreet-online Zentralredaktion

 

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