Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist umweltfreundlich, doch nur ein Mix mit fossilen Energieträger wird die Nachfrage in der Energiekrise decken. Goldman Sachs warnt Anleger vor einer ESG-Schwarz-Weiß-Denke.
Wie sicher ist die deutsche Energieversorgung im Winter? Diese Frage stellen sich derzeit viele. Die Sorge, dass reduzierte Gaslieferungen aus Russland zu einem Versorgungsengpass führen, sind groß. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat deshalb grünes Licht gegeben, von den drei noch laufenden Atomkraftwerken in Deutschland zwei als Notreserve am Netz zu lassen.
Auf der anderen Seite trägt die umweltfreundliche ESG-Branche – die sich für Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Environmental Social Governance) stark macht – selbst zur Energiekrise bei. Diese Ansicht vertritt zumindest der Analyst Michele Della Vigna, Leiter der Rohstoffanalyse EMEA bei Goldman Sachs, wie er in einem Interview mit Bloomberg sagte. So habe der Fokus der ESG-Befürworter zu stark und nahezu ausschließlich auf dem Verbot von fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle gelegen – ohne das Augenmerk parallel dazu auf praxistaugliche Alternativen zur Überbrückung zu legen und gezielt in diese zu investieren.
Diese Schwarz-Weiß-Denke verschärfe das Problem. Hätte die Branche Erdgas früher als grünen Übergangskraftstoff gesehen, hätte man „die Verbrennung von mehr Kohle vermeiden können“, meint Della Vigna. Jetzt sei die Versorgungslücke aber nur noch damit auszugleichen, weil sich die fünf Jahre zeitlicher Verschleppung, in denen man sich „etwas zu sehr auf die Reduzierung von Kohlenstoff konzentriert“ habe, nicht einfach aufholen ließen. Zumal der Ukrainekrieg die Versorgungskrise verschärft hat und reihum zu Preiserhöhungen bei Energieträgern führt, was viele Verbraucher zusehends in die Bredouille bringt.
Positiv sei, dass die Investitionen in Energien, sowie im Speziellen auch in die Öl- und Gasförderung mittlerweile wieder deutlich anziehen – und zwar ohne, dass dies zu Lasten von Erneuerbaren Energien geht. Hier sei die Wachstumsrate mit 20 Prozent im ersten Halbjahr 2022 auf 500 Milliarden US-Dollar sogar höher als bei Öl und Gas. Della Vigna und seine Goldman Sachs-Kollegen gehen davon aus, dass Europa noch 20 Jahre lang auf Erdgas als Reserve angewiesen sei – insbesondere als Backup für den saisonalen Bedarf. Vor diesem Hintergrund sollten ESG-Investoren ihre aktuellen Energiestrategien überdenken, denn mit einem Totalverzicht auf fossile Energieträger wie Erdgas und Co. lasse sich weder die Nachfrage decken, noch das Problem lösen. Nicht auf der Agenda sieht er dabei allerdings die Kernenergie. Zwar werde auch sie in den nächsten Jahren in Europa eine Rolle spielen, allerdings sei sie beim Übergang in eine grüne Energiewelt keine „transformative Energie“ mit nachhaltiger Zukunftsmusik.
(ir) für die wallstreet:online Zentralredaktion
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