Bürokratie-Chaos befürchtet: Klimagesetz in den USA: Bleibt der Elektrofahrzeuge-Boom aus?

Mitte August war die Freude in der US-Elektrofahrzeugindustrie groß: Bidens Klimagesetz sollte die Nachfrage für E-Fahrzeuge ankurbeln. Wirtschaftsprüfer fürchten, dass der Boom ausbleibt. Die Gründe.

Sie galt vor drei Wochen noch als Segen für die US-Elektrofahrzeugindustrie: Die Erhöhung der Steuergutschrift für den Kauf von E- und Hybrid-Fahrzeugen. Sie ist eine von vielen Maßnahmen des Mitte August verabschiedeten Inflation Reduction Act – zu Deutsch: “Gesetz zur Reduzierung der Inflation”.  Doch wie der Nachrichtensender CNBC berichtet, werden Zweifel an der nachfragesteigernden Wirkung des Gesetzes laut.

Fahrer, die vor dem 1. Januar 2033 ein E-Fahrzeug kaufen, erhalten nach Bidens neuem Gesetz eine Steuergutschrift in Höhe von 7.500 US-Dollar zurück. Für Gebrauchtfahrzeuge gibt es steuerliche Entlastungen in Höhe von bis zu 4.000 US-Dollar.

Die Befürchtung: Eine komplizierte Antragsstellung und zu strenge Einkommensobergrenzen könnten die Nachfrage ausbremsen. “Die Einkommensobergrenzen umgehen die Menschen, die das Geld für die Fahrzeuge hätten”, meint Wirtschaftsprüfer Dan Herron. “Ich glaube deshalb nicht, dass die Steuergutschrift einen großen Einfluss auf das Produktionsvolumen haben wird”, so der Gründer des kalifornischen Finanzdienstleisters Elemental Wealth Advisors. Auch die Londoner Ratingagentur Fitch Ratings bleibt skeptisch: “Die Bedingungen, die E-Fahrzeuge und Käufer für die Steuergutschriften begrenzen, könnten letztendlich auch das Verkaufswachstum und eine Margenverbesserung dämpfen.”

Die Wall Street bleibt dennoch optimistisch, wenn es um die Wertpapiere von Elektrofahrzeugherstellern geht. Schließlich sei die Dekarbonisierung von Lieferketten ein langfristiger Unternehmensvorteil. "Ich denke, die wichtigste Erkenntnis aus dem IRA ist, dass die Energiewende und klimapolitische Entscheidungen eine langfristige Chance für Investoren sind", sagt Michael Arone, Chef-Anlagestratege für börsengehandelte Fonds bei State Street Global Advisors.

Analyst Andrew Kaplowitz von der Citi-Bank hob Namen hervor, die von dekarbonisierten und deglobalisierten Lieferketten profitieren könnten, darunter AECOM, Quanta Services, Rockwell Automation und Emerson Electric. "Wir sind der Meinung, dass die umfassenderen Ziele zu mehr Energiesicherheit, zu günstigerer Energie und zur Förderung der heimischen Produktion langfristige Wachstumschancen für unsere Unternehmen bieten", schrieb er in einer Notiz.

Vor dem IRA konnten Kunden die Steuergutschrift nur beantragen, wenn sie eines der ersten von 200.000 vom Hersteller produzierten Autos gekauft hatten. Das neue Gesetz hebt diese Obergrenze auf, bringt allerdings andere bürokratische Hürden mit sich. So ist die Höhe der Gutschrift jetzt vom Einkommen abhängig: Wer als Single-Haushalt mehr als 150.000 US-Dollar netto verdient, darf den Bonus nicht mehr beantragen. Für Gebrauchtfahrzeuge ist die Einkommensgrenze jeweils 50 Prozent niedriger. Außerdem sind die Preise, die ein Fahrzeug nun kosten darf, gedeckelt: Wer einen neuen elektrischen Van, SUV oder Pickup kauft und die Steuergutschrift erhalten will, darf maximal 80.000 US-Dollar ausgeben. Für Gebrauchtwagen gilt eine Obergrenze von 25.000 Dollar. Des Weiteren müssen die Fahrzeuge diverse technische Voraussetzungen des Energieministeriums erfüllen.

Autorin: Sarah Stemper, wallstreet:online Zentralredaktion

Investieren in einer Zeit des Umbruchs? Über Wellen, Trendwenden und graue Schwäne, lesen Sie im aktuellen Smart Investor. Hier klicken!