Ökonom Markus Kerber
Die Euro-Rettung wird nicht gelingen
Wirtschaftsprofessor Markus Kerber spricht im F.A.Z.-Gespräch über seine Klage gegen die Kredite für Griechenland und den Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM). Dieser haben sich 54 Bürger und mittelständische Unternehmer angeschlossen.
11. Juni 2011
Herr Professor Kerber, Sie haben eine Klage gegen die Griechenland-Kredite und den Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM) eingereicht. Am 5. Juli wird vor dem Bundesverfassungsgericht mündlich verhandelt. Was erwarten Sie?
Die Entscheidung war wegen der dramatischen Verschuldungsdynamik zur „Euro-Rettung“ überfällig. Natürlich erhoffe ich ein Urteil, um die Politik daran zu hindern, Deutschland weiter in Richtung Abgrund zu führen. Der Erosionsprozess der Währungsunion ist indes schon weit fortgeschritten. Es ist zu befürchten, dass das Urteil nur noch mangelnde Gestaltungskraft entfalten wird.
Warum soll Karlsruhe die gegenwärtige Euro-Politik stoppen?
Keine der Maßnahmen zur „Euro-Rettung“ hat ihr Ziel erreicht. Im Gegenteil, Griechenland steht vor dem Aus. Und nun soll in Gestalt des ESM ein unbezahlbarer Finanzausgleich auf Dauer europaweit Deutschland unter ein fiskalisches Joch zwingen. Mehr noch: Die Europäische Zentralbank ist potentiell überschuldet und hat im Namen der „Euro-Rettung“ Milliardenwerte vernichtet. Es geht also um das fiskalische Selbstbestimmungsrecht der Deutschen. Die Euro-Rettung wird nicht gelingen, aber es ist gelungen, unter diesem Vorwand Deutschland unter EU-Verwaltung zu stellen.
Aber welche Grundrechte der Bürger sind denn verletzt?
Natürlich Artikel 14 des Grundgesetzes, der in Verbindung mit den Stabilitätsvorschriften der Artikel 123 bis 125 des EU-Vertrages die Geldeigentümer schützen soll. Er soll sie genau vor den subtilen Formen hoheitlicher Enteignung schützen, die wir gegenwärtig erleben. Desweiteren ist Artikel 38 des Grundgesetzes verletzt, der in Verbindung mit Artikel 20 die demokratische Mitwirkung an der Politik garantiert.
Also steht letztlich die Demokratie auf dem Spiel?
Schauen Sie auf das völlig intransparente Wirken der Troika sowie des Brüsseler Gewaltenkonglomerats. Faktisch haben die nationalen Verfassungsorgane abgedankt.
Fast alle Juristen und Ökonomen sagen, dass die „No bail out“-Klausel verletzt wurde. Aber wird das Verfassungsgericht nicht letztlich politisch entscheiden?
Ich darf dem klärenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht vorzugreifen. Ich hoffe, dass es den Mut aufbringt, die europarechtlichen Fragen dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg vorzulegen.
Das Gespräch führte Philip Plickert.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: REUTERS
http://www.faz.net/artikel/C30638/...ird-nicht-gelingen-30437055.html