Kommentar in der FAZ:
Finanzkrise
Trügerische Begeisterung
Von Gerald Braunberger
Börsianer an der Wall Street
20. September 2007
Ist die Krise der Finanzmärkte urplötzlich vorüber? Die Entscheidung der amerikanischen Notenbank Fed, ihren Leitzins unerwartet deutlich von 5,25 auf 4,75 Prozent zu senken, hat die internationalen Aktienmärkte am Mittwoch in Kauflaune versetzt und die Kurse deutlich steigen lassen.
Prompt melden sich an den Märkten Optimisten zu Worte, die das Ende der Krise verkünden und davon überzeugt sind, dass den Börsen wieder bessere Zeiten bevorstehen.
Raus aus dem Stimmungstief
Diese Reaktionen sind verständlich. Vier Jahre lang waren die Aktienkurse gestiegen, und nichts schien die gute Stimmung an den Märkten trüben zu können. Dann brach unerwartet eine Krise an den Finanzmärkten aus, die in Bildern von Leuten gipfelte, die aus Angst vor der Sicherheit ihrer Guthaben vor Bankfilialen Schlange standen. Solche Bilder hatte es Jahrzehnte nicht gegeben.
An den Finanzmärkten breitete sich Pessimismus aus, während Ökonomen begannen, ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum nach unten zu korrigieren. In diesem Stimmungstief musste die Nachricht von der deutlichen Senkung der Leitzinsen erleichternd, beflügelnd, ja elektrisierend wirken. Denn mit niedrigeren Zinsen verbinden sich Hoffnungen auf eine Belebung des nachlassenden Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten.
Die Grundlage für die nächste Krise
Leider ist Entwarnung nicht angesagt. Die Zinssenkung der amerikanischen Notenbank ist ein Zeichen der Schwäche, ein fast verzweifelt anmutender Versuch, die amerikanische Wirtschaft vor einem Fall in die Rezession zu bewahren.
Dass sich die Finanzmärkte zunächst über billigeres Geld freuen, ist verständlich, es garantiert aber kein Ende der Krise. Tatsächlich löst die Zinssenkung keines der fundamentalen Probleme. Die Finanzkrise ist entstanden, weil billiges Geld Banken und Kreditnehmer zu immer gefährlicheren Geschäften verleiteten, deren Risiko kaum mehr erkennbar war, da es in komplizierten Finanzprodukten versteckt wurde.
Eine Krise, die durch billiges Geld entstand, mit billigem Geld zu bekämpfen, mag kurzzeitig Entlastung bringen. Auf lange Sicht aber schafft die amerikanische Notenbank die Grundlage für die nächste Krise.
Es ist ernst an den Finanzmärkten
Ob die Zinssenkung eine deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten verhindern kann, ist ungewiss. Gewiss ist aber, dass niedrigere Zinsen die Inflationsgefahren verstärken. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Entscheidung der Fed ist keineswegs als ein Mittel zur Behebung der Krise zu verstehen, sondern im Gegenteil als ein Zeichen für den Ernst der Lage an den Finanzmärkten.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: REUTERS
Finanzkrise
Trügerische Begeisterung
Von Gerald Braunberger
Börsianer an der Wall Street
20. September 2007
Ist die Krise der Finanzmärkte urplötzlich vorüber? Die Entscheidung der amerikanischen Notenbank Fed, ihren Leitzins unerwartet deutlich von 5,25 auf 4,75 Prozent zu senken, hat die internationalen Aktienmärkte am Mittwoch in Kauflaune versetzt und die Kurse deutlich steigen lassen.
Prompt melden sich an den Märkten Optimisten zu Worte, die das Ende der Krise verkünden und davon überzeugt sind, dass den Börsen wieder bessere Zeiten bevorstehen.
Raus aus dem Stimmungstief
Diese Reaktionen sind verständlich. Vier Jahre lang waren die Aktienkurse gestiegen, und nichts schien die gute Stimmung an den Märkten trüben zu können. Dann brach unerwartet eine Krise an den Finanzmärkten aus, die in Bildern von Leuten gipfelte, die aus Angst vor der Sicherheit ihrer Guthaben vor Bankfilialen Schlange standen. Solche Bilder hatte es Jahrzehnte nicht gegeben.
An den Finanzmärkten breitete sich Pessimismus aus, während Ökonomen begannen, ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum nach unten zu korrigieren. In diesem Stimmungstief musste die Nachricht von der deutlichen Senkung der Leitzinsen erleichternd, beflügelnd, ja elektrisierend wirken. Denn mit niedrigeren Zinsen verbinden sich Hoffnungen auf eine Belebung des nachlassenden Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten.
Die Grundlage für die nächste Krise
Leider ist Entwarnung nicht angesagt. Die Zinssenkung der amerikanischen Notenbank ist ein Zeichen der Schwäche, ein fast verzweifelt anmutender Versuch, die amerikanische Wirtschaft vor einem Fall in die Rezession zu bewahren.
Dass sich die Finanzmärkte zunächst über billigeres Geld freuen, ist verständlich, es garantiert aber kein Ende der Krise. Tatsächlich löst die Zinssenkung keines der fundamentalen Probleme. Die Finanzkrise ist entstanden, weil billiges Geld Banken und Kreditnehmer zu immer gefährlicheren Geschäften verleiteten, deren Risiko kaum mehr erkennbar war, da es in komplizierten Finanzprodukten versteckt wurde.
Eine Krise, die durch billiges Geld entstand, mit billigem Geld zu bekämpfen, mag kurzzeitig Entlastung bringen. Auf lange Sicht aber schafft die amerikanische Notenbank die Grundlage für die nächste Krise.
Es ist ernst an den Finanzmärkten
Ob die Zinssenkung eine deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten verhindern kann, ist ungewiss. Gewiss ist aber, dass niedrigere Zinsen die Inflationsgefahren verstärken. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Entscheidung der Fed ist keineswegs als ein Mittel zur Behebung der Krise zu verstehen, sondern im Gegenteil als ein Zeichen für den Ernst der Lage an den Finanzmärkten.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: REUTERS