Ratgeber E-Lancer - Der Start
3.4.1. Chancen und Grenzen nebenberuflicher Tätigkeit
§3.4.1.1. Selbstständig neben einem Angestelltenjob
§3.4.1.2. Selbstständig neben der Ausbildung
§3.4.1.3. Selbstständig und arbeitslos
§3.4.1.4. Selbstständig und sonstige Sozialbezüge
Im Prinzip sind solcher nebenberuflichen Tätigkeit keine Grenzen gesetzt. Wer allerdings Gelder aus öffentlichen Kassen bezieht, muss sich seine Einkünfte ab bestimmten Grenzen auf diese Bezüge anrechnen lassen - was ja auch vernünftig ist: Wer eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht und "nebenbei" mehrere tausend Euro im Monat verdient, ist offensichtlich nicht so ganz richtig erwerbsunfähig und auf eine vorgezogene Rente kaum angewiesen. Und wer als Arbeitsloser "nebenbei" mehr Geld verdient, als er Arbeitslosengeld bekommen könnte, dem kann man nur zu seinem neuen Job gratulieren. Das Arbeitslosengeld braucht er offensichtlich nicht mehr.
3.4.1.1. Selbstständig neben einem Angestelltenjob
Wer einen festen Job hat, kann nebenher durchaus selbstständig arbeiten. Allerdings nur, solange das keine Auswirkungen auf seine Tätigkeit als Angestellter hat: Nicht erlaubt sind Nebentätigkeiten, die dem Arbeitgeber Konkurrenz machen oder die Arbeitsleistung des Angestellten beeinträchtigen. Letzteres ist schon dann der Fall, wenn ein Programmierer zu Hause die ganze Nacht am Computer sitzt und deshalb morgens regelmäßig unausgeschlafen zur Arbeit kommt.
Unerlaubte Nebentätigkeiten können - je nach Art und Umfang - gravierende Folgen bis hin zur fristlosen Kündigung haben. Schon aus diesem Grund empfiehlt es sich, sich jede geplante Nebentätigkeit vom Arbeitgeber genehmigen zu lassen - auch wenn dazu gesetzlich keine Verpflichtung besteht. (Eine solche Verpflichtung kann allerdings im Arbeitsvertrag stehen.)
Dabei darf der Arbeitgeber Nebentätigkeiten nicht generell oder willkürlich verbieten: Wenn die Nebentätigkeit keines der oben genannten "schutzwürdigen Interessen" des Arbeitgebers berührt, so hat der Angestellte einen Rechtsanspruch auf Genehmigung - auch wenn im Arbeitsvertrag etwas anderes steht.
Wird die selbstständige "Nebentätigkeit" so umfangreich, dass sie im Vergleich zum Angestelltenjob als hauptberuflich zu bewerten ist, erlischt die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wer an diesem Punkt ankommt, muss sich also privat oder freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichern.
3.4.1.2. Selbstständig neben der Ausbildung
Wer neben der Schule oder einem Studium selbstständig arbeitet, muss vor allem auf zwei Einkommensgrenzen achten:
·§Beziehen die Eltern für die Studentin noch Kindergeld, so geht dieser Anspruch verloren, sobald sie mehr als 7.188 €* im Jahr verdient. Achtung: Der BAFöG-Zuschussanteil und andere nicht rückzahlbare Stipendien werden dabei mitgerechnet - der BAFöG-Darlehensanteil dagegen ist "unschädlich".
·§Bezieht die Studentin BAFöG, so muss sie sich eventuell einen Teil ihrer Einkünfte auf das BAFöG anrechnen lassen. Das "BAFöG-unschädliche" Jahresbruttoeinkommen liegt bis zum 30.6.2002 für Hochschulen bei 4.227,36 €, für Fachoberschulen nach abgeschlossener Berufsausbildung bei 3.328,51 € und für allgemeinbildende Schulen bei 2.703,20 €. Da die Berechnungsmethode ein bisschen kompliziert ist und es für Studentinnen mit Ehemann und/oder Kindern eventuell noch höhere Freibeträge gibt, sollte man im Fall des Falles konkret beim Studentenwerk nachfragen. Maßgeblich ist das Einkommen des laufenden Jahres - bei höherem Verdienst kann also im folgenden Jahr BAFöG zurückverlangt werden!
Gravierender noch können die Auswirkungen auf die Sozialversicherung sein, die in einem gesonderten Kapitel dargestellt werden.
3.4.1.3. Selbstständig und arbeitslos
Wer Arbeitslosengeld bezieht, darf pro Woche bis zu 15 Stunden nebenher arbeiten. Ohne Kürzung ist dabei jedoch nur ein Verdienst von 162,50 € im Monat bzw. - falls das mehr ist - einem Fünftel des Arbeitslosengeldes erlaubt. Was darüber hinausgeht, wird vollständig vom Arbeitslosengeld abgezogen.
Entscheidend ist dabei das Nettoeinkommen, bei Selbstständigen also der Umsatz minus Betriebsausgaben, Sozialversicherung und Steuern. Für die Anrechnung ist maßgebend, wann die Arbeit geleistet wurde - und nicht, wann das Geld eingegangen ist. Entgelte aus früheren Zeiten, die erst nach der Arbeitslosmeldung eingehen, dürfen das Arbeitslosengeld also nicht schmälern.
Eine interessante Ausnahmeregelung gilt für Leute, die schon als Angestellte nebenher selbstständig gearbeitet haben: Web-Designer etwa, die im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung nebenher mindestens zehn Monate lang regelmäßig und nachweisbar (z.B. durch Rechnungen oder Steuererklärung) selbstständig gearbeitet haben, dürfen das als Arbeitslose weiter tun. Die Entgelte aus einer solchen Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit gelten nicht als Nebeneinkommen und dürfen überhaupt nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden - auch wenn sie die Geringfügigkeitsgrenze weit überschreiten! Voraussetzung ist nur, dass diese Entgelte die früher nebenher erzielten Entgelte nicht übersteigen und dass die dafür aufgewandte Arbeitszeit unter 18 Stunden pro Woche bleibt - logisch, sonst wäre man damit ja hauptberuflich tätig und nicht arbeitslos.
Auch wenn viele Sachbearbeiter in Arbeitsämtern nicht glauben wollen, dass es so eine Regelung gibt: Sie steht im Sozialgesetzbuch III, §§ 118 Abs. 3 und 141 Abs. 3.
Alle anderen dürfte die korrekte Abrechnung selbstständiger Nebentätigkeiten an den Rand der Verzweiflung treiben. Zum einen verlangt das Arbeitsamt Bescheinigungen vom Auftraggeber über Entgelt und aufgewandte Arbeitszeit; zum zweiten möchte es jede "Betriebsausgabe" wie Fahrt- und Telefonkosten, die das anrechenbare Honorar ja mindern, nachgewiesen haben. Und zum dritten rechnet es das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in der Regel vor Abzug der Steuern auf das Arbeitslosengeld an.
Empfehlenswerter als langer Streit ist da eine vorübergehende Abmeldung beim Arbeitsamt: Wer einen größeren Auftrag hat, meldet sich für die erforderliche Zeit (mindestens eine Woche) ab und stellt danach einen Wiederbewilligungsantrag. Obwohl die meisten Arbeitsämter dazu jedes Mal ein persönliches Erscheinen verlangen, scheint das die nervenschonendste Lösung zu sein: Man kann das Entgelt legal und ungekürzt kassieren und vermeidet Bürokratie und unliebsame Überraschungen. Jedenfalls wenn man das Problem vorher offen mit seiner Sachbearbeiterin besprochen hat. Zudem verlängert man mit diesem Vorgehen seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld: Die Tage, an denen man abgemeldet war, werden an den Anspruchszeitraum hinten wieder angehängt.
3.4.1.4. Selbstständig und sonstige Sozialbezüge
Wer Erziehungsgeld bezieht, darf nebenher bis zu 30 Stunden pro Woche arbeiten und dabei beliebig viel Geld verdienen.
Wer Mutterschaftsgeld bezieht, darf in dieser Zeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt beziehen, d.h. nicht mehr als 325 € im Monat. Sonst ruht der Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Wer eine volle Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente bezieht, darf bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres im Monat 325 € dazuverdienen. Bei höherem Hinzuverdienst gibt es nur eine Teilrente - die günstigste Kombination sollte man sich im Bedarfsfall genau ausrechnen lassen. Ab 65 ist der erlaubte Hinzuverdienst unbegrenzt.
Weitere Kapitel:
§3.4.2. Nebenberuf, Steuern und Sozialversicherung
§3.5. Interessenvertretung
§4. Das Geschäft
Letzte Änderung: Dienstag, 18. Dezember 2001
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