Zur Einschätzung von Anwalt Bernd Geier, Partner der Kanzlei Bryan Cave Leighton Paisner, der behauptet, dass bei der BaFin kaum etwas einzufordern sei und der Rahmen für ein amtshaftungsrechtlich relevantes Fehlverhalten der Aufsichtsbehörde eher begrenzt sei:
RA Tilp sieht das anders. Hier die Info von Tilp vom 24.07.20:
Erste Amtshaftungsklage gegen die BaFin
Am Donnerstag, 23. Juli 2020, haben wir vor dem Landgericht Frankfurt am Main die erste Klage gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erhoben. Der Klagvorwurf lautet auf jahrelangen Amtsmissbrauch durch die BaFin im Fall Wirecard. Begründet haben wir den Amtsmissbrauch damit, dass die BaFin zumindest leichtfertig ihre gesetzlichen Pflichten sowohl zur Aufklärung, Verhinderung und Anzeige von Marktmanipulationen durch Wirecard als auch zur richtigen und vollständigen Information der Öffentlichkeit und des Kapitalmarktes verletzt hat.
Nach unserer Überzeugung haftet die BaFin zumindest für alle Erwerbe von Wirecard-Aktien und der Wirecard-Anleihe sowie Derivaten auf die Wirecard-Aktie, die ab dem 18. Februar 2019 erfolgten, auf Schadenersatz. Die BaFin hat sich unseres Erachtens jahrelang unter grober Missachtung ihrer gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse eigener Ermittlungen gegenüber der Wirecard AG wegen Marktmanipulation verweigert und einseitig gegen Journalisten und Leerverkäufer agiert, obwohl ihr zahlreiche Hinweise auf massive Unregelmäßigkeiten bei der Wirecard AG vorlagen. Ebenso einseitig waren die öffentlichen Verlautbarungen der BaFin über die Verdachtsmomente im Fall Wirecard, so dass der Kapitalmarkt hierdurch verzerrt und damit falsch informiert wurde. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz (§ 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 WpHG) muss die BaFin bei Anhaltspunkten auf Marktmanipulation den Sachverhalt ermitteln, diese Pflicht hat sie uneingeschränkt für jedes börsennotierte Unternehmen, nicht nur für Kreditinstitute.
Der BaFin kommt nach unserer Auffassung auch keine wie auch immer geartete Haftungsprivilegierung zugute. Insbesondere greift nach unserer Analyse § 4 Abs. 4 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) nicht. Denn es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (z.B. Urteil vom 20.01.2005, III ZR 48/01) anerkannt, dass diese Norm in Fällen des Amtsmissbrauches einer Haftung der BaFin nicht entgegensteht.
Im Rahmen unserer Klage haben wir zugleich die Einleitung eines Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) beantragt, um Ihnen die kostengünstigste und zugleich wirkungsvollste Variante der Rechtsdurchsetzung gegenüber der BaFin zu ermöglichen. Denn wir meinen, das dieses Gesetz auch für den im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 839 BGB) geregelten Amtshaftungsanspruch gegen die BaFin gilt.