Frankfurt am Main (ots) - Jedes siebte am Neuen Markt notierte
Internetunternehmen wird innerhalb der kommenden 24 Monate mit
Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Studie der Corporate Finance-Beratung von
PricewaterhouseCoopers. Die Untersuchung von 56 am Neuen Markt
notierten Internetunternehmen, die innerhalb der letzten Wochen
durchgeführt wurde, zeigte auf, dass Internetwerte für Investoren
derzeit nur in bestimmten Segmenten profitabel sind.
Im Rahmen der Analyse wurden die untersuchten Unternehmen in fünf
Segmente eingeteilt:
- Infrastructure - Unternehmen, die als Internet Service Provider
(ISP) Anwendern Zugang zum Internet ermöglichen bzw. die
entsprechende Hardware anbieten
- Multimedia - Agenturen, die sich mit der Konzeptionierung und
Realisierung der Internetauftritte von Unternehmen befassen
- Suchmaschinen - Dienstleistungsanbieter, die Internet-Nutzern
die Suche nach Inhalten erleichtern
- eCommerce - Gesellschaften, die Produkte und Dienstleistungen im
Internet vertreiben (business-to-business (B2B) und
business-to-consumer (B2C))
- eCommerce-Enabler - Anbieter, die anderen Unternehmen mittels
Software den Zugang zum elektronischen Handel ermöglichen.
Zur Einschätzung von Liquiditätsrisiken arbeitet
PricewaterhouseCoopers mit dem Liquidity Risk Indicator (LRI). In
diese Risikokennziffer gehen finanzwirtschaftliche Parameter der
untersuchten Unternehmen sowie Marktdaten ein. Die Studie brachte
zutage, dass acht Gesellschaften der Branche gefährdet sind, eine
davon akut. Hiervon sind drei Unternehmen dem Segment
eCommerce-Enabler und fünf dem Segment eCommerce zuzurechnen.
Absolut gesehen haben sich von den untersuchten Unternehmen 34
positiv gegenüber dem Emissionspreis entwickelt, bei 22 Unternehmen
ist der aktuelle Kurs unter den Emissionspreis gefallen. Jedoch
konnten immerhin 32 Unternehmen den ersten Kurs nicht halten: Wer zum
ersten Kurs in die Aktie "eingestiegen" ist und die Aktie bis zum
Erhebungsstichtag (8. Juni 2000) gehalten hatte, musste häufig
Kursverluste verzeichnen.
"Fast alle Börsengänge im Bereich Internet haben Zeichnungsgewinne
erzielt", so Roland Pruss, Leiter der Going Public-Beratung bei
PricewaterhouseCoopers in Deutschland. "Langfristig gesehen fällt die
relative Performance vieler Unternehmen jedoch hinter die Entwicklung
des NEMAX All Share zurück. Ein Grund hierfür ist mit Sicherheit die
enttäuschte Erwartungshaltung von Investoren über die nicht
erreichten Planziele, die einige Unternehmen in die Nähe von
Liquiditätsengpässen führen können. So wurden im Jahr 1999 zwar die
Umsatzziele der Unternehmen erreicht, jedoch lagen die operativen
Ergebnisse durchschnittlich 53% unter den Planvorgaben".
Der Verweis auf die vergleichsweise kurze Zeitspanne zwischen
Unternehmensgründung und Börsengang, der häufig zur Erklärung
schlechter Kursperformance angebracht wird, ist nach Meinung von
Thomas Schmid, Going-Public Berater bei PricewaterhouseCoopers, in
dieser Form nicht haltbar: "Unserer Analyse entsprechend hat die
Zeitdauer zwischen Gründung und Börsengang keinen erkennbaren
Einfluss auf die Performance der Unternehmen. In den Aktienkursen der
Internetwerte sind vielmehr Phantasien hinsichtlich einer
überdurchschnittlichen Entwicklung in der Zukunft enthalten.
Allerdings weisen Unternehmen, die den Börsengang als Ausgründung
(Spin-off) durchgeführt haben, eine vergleichsweise positive
Entwicklung auf. Gründe hierfür können die Nutzbarkeit vorhandener
Strukturen wie z.B. Vertrieb, Rechnungswesen und Management sein.
Aber sicherlich spielt auch die Kontrolle der Muttergesellschaft und
die größere Finanzkraft eine wesentliche Rolle".
Ein wesentlicher Faktor der Investitionsentscheidung bei
Internetwerten sollte die Analyse des Geschäftsmodells und der
Unternehmensplanungen sein, da die Einhaltung (realistischer)
Planziele nachhaltig die Kursperformance der Unternehmen beeinflusst.
ots Originaltext: PwC Deutsche Revision/PricewaterhouseCoopers
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