Frost macht reich

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Frost macht reich Happy End

Frost macht reich

 
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Klima und Wirtschaftsentwicklung hängen zusammen

Der "Reichtum der Nationen" ist global auf höchst unterschiedliche Weise verteilt. Zumindest seit einigen Jahrhunderten scheinen die Länder in der nördlichen Halbkugel mit einem gemäßigten Klima im Vorteil zu sein, während die meisten Länder in den tropischen Zonen ärmer sind, also wirtschaftlich, wissenschaftlich und technisch zurück liegen. Einen Grund, woran dies liegen könnte, meinen nun amerikanische Wirtschaftswissenschaftler entdeckt zu haben.

Statistisch lassen sich viele Zusammenhänge herstellen.  William Masters von der Purdue University und  Margaret McMillan von der Tufts University haben Wirtschafts- und Klimadaten der letzten 40 Jahre miteinander verbunden und dabei festgestellt, dass die Regionen, in denen im Winter Frost herrscht, offenbar einen Vorteil besitzen, wie sie in Climate and Scale in Economic Growth schreiben (Journal of Economic Growth, Bd 6, Nr. 3, September 2001).

Allerdings gibt es davon auch Ausnahmen, da beispielsweise Nordkorea oder die Mongolei ein gemäßigtes Klima haben, aber arm sein, während Hong Kong oder Singapur in den Tropen liegen, aber reich sind. Für Masters lässt sich die Armut der beiden nördlichen Länder darauf zurück führen, dass sie totalitäre Staaten und vom Rest der Welt weitgehend isoliert sind, während die beiden Stadtstaaten ihren Reichtum dem Handel verdanken, die lokalen Ressourcen dazu aber nichts beigetragen haben.

Jared Diamond ist in seinem Buch "Arm und Reich - Die Schicksale menschlicher Gesellschafte" zu einem ähnlichen, wenn auch viel komplexer argumentierenden Ergebnis gelangt, das aus verschiedenen Perspektiven die Entwicklungen seit 30.000 Jahren auf einen Nenner bringen will. Die Völker, so seine These kurz zusammengefasst, die früher Landwirtschaft entwickelt hatten, konnten auch viel schneller Arbeitsteilung ausbauen und dadurch größere und ausdifferenzierte Gesellschaften aufbauen. Das beschleunigte die Entwicklung von Technik und Wissenschaft und verschaffte vielen Ländern der nördlichen Halbkugel, also zunächst in Asien und Europa, einen Vorteil. In Nordamerika wurde diese erfolgreiche Kultur durch Eroberung importiert. Grundlage des schnelleren Übergangs zur Landwirtschaft waren aber für Diamond keine ethnischen, genetischen oder kulturellen Gründe, sondern klimatische und geografische Bedingungen. Landwirtschaft und Viehzucht entwickelt sich dort schneller, wo es mehr zur Domestizierung geeignete Pflanzen- und Tierarten gab und der Austausch nicht durch geografische Barrieren wie Wüsten, Meere oder Gebirge behindert war.

Ein Grund dieser Vielfalt an domestizierbaren Pflanzen und Tieren mag durchaus sein, dass es in den Zonen mit einem gemäßigten Klima auch jährliche Frostperioden gibt. Vorteilhaft sind diese nach den Wissenschaftlern, weil sich dadurch Infektionskrankheiten, die durch Insekten übertragen werden, nicht so ausbreiten und besser bekämpft werden können, da diese wegen der Kälte in einen Winterschlaf verfallen. Zudem werde durch die Winterperioden die organischen Bestandteile der Böden nicht so schnell abgebaut und können sich zu fruchtbareren Böden anreichern, während im Frühjahr durch Regen und Schneeschmelze ausreichend Wasser für das Wachstum vorhanden ist. Zuviel Biovielfalt, so Masters, sei nicht unbedingt ein Vorteil, sondern könne sich auch als "großes Problem" erweisen. Überdies können ursprünglich aus wärmeren Regionen stammende Pflanzen auch oft im gemäßigten Klima gedeihen.

Allerdings hängen die Wirtschaftssysteme der reichen Länder kaum mehr von der Landwirtschaft ab. Der Vorsprung müsste sich also, wie von Jared Diamond beschrieben, schon von weitaus früher vorliegenden Bedingungen ableiten lassen. Die von den Wissenschaftlern analysierten Daten, die nur 40 Jahre zurückreichen, wären also nicht als direkter Beleg für die These zu verstehen Masters ist gleichwohl der Ansicht, dass sich aus der durch unterschiedlichen Klimata bedingten Entwicklung Möglichkeiten erkennen ließen, den klimatisch benachteiligten Ländern gezielter zu helfen. So könne die Klimakluft überbrückt werden, indem die tropischen Länder sich stärker auf den Handel konzentrieren und mehr Geld in die medizinische und landwirtschaftliche Forschung gesteckt wird, um Krankheiten zu bekämpfen und geeignete Pflanzen- und Tierarten zu züchten. Dafür aber haben die Länder wiederum zu wenig Geld, und weil sie arm sind, sind sie auch für die Industrie nicht interessant.


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