Escada: "Saure-Gurken-Zeit" bald vorbei?
Escada war früher einmal eigentlich auf einem gar nicht so schlechten Weg. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter mich als Teenager regelmäßig in die betreffende Boutique in Stuttgart "schleppte", wenn wir der "Schwaben-Metropole" einen Besuch abstatteten.
Die Verkaufsräume (ob es selbige heute noch gibt, weiß ich gar nicht) waren auf nobel "getrimmt" und standen anderen Designern in nichts nach. Und auch die Kleidungsstücke machten damals auf mich einen recht guten Eindruck, wenngleich ich natürlich zugeben muss, dass ich diesbezüglich keine allzu große Ahnung hatte.
Meiner Mutter jedenfalls schienen sie außergewöhnlich gut gefallen zu haben und so erklärt es sich wohl auch, dass die Escada-Aktie einer ihrer ersten "Gehversuche" auf dem "glatten Börsenparkett" war. Gott sei dank "verabschiedete" sie sich dann aber Anfang 2001 mit moderatem Gewinn aus dem Wert. Denn bei den aktuellen Notierungen würde sie stark in den "roten Zahlen" liegen.
Für viele Anleger kam der dramatische Kurs-Verfall seit Sommer letzten Jahres ziemlich überraschend, zumal die Anteilscheine zuvor innerhalb von nur vier Jahren von sieben auf knapp 40 Euro angezogen hatten. Aber wie heißt es doch so schön: Die News folgen den Kursen. Und so ließen entsprechende Nachrichten, die den "Absturz" erklärten, denn auch nicht lange auf sich warten.
*Zuletzt sehr schwacher Geschäftsverlauf
2007 wird aller Voraussicht nach als eines der "schwärzesten" Geschäftsjahre überhaupt in die Unternehmensgeschichte eingehen. Und spätestens nach der zweiten Gewinn-Warnung innerhalb von zwei Quartalen verstanden die Anleger absolut keinen Spaß mehr und trennten sich zu fast jedem Preis von den Papieren. Kein Wunder: Ein solches Geschäftsgebaren kenne ich ansonsten nur von echten "Betrüger-Klitschen".
Nicht zuletzt deshalb war ich doch ein bisschen geschockt, als ich die Zahlen für das abgelaufene Jahr zum ersten Mal sah: Auf der Umsatzseite musste der Konzern ein Minus von 1,2 Prozent verbuchen. Währungsbereinigt gab es zwar einen Anstieg um ein knappes Prozent. Das jedoch konnte mich nicht wirklich versöhnlich stimmen.
Besonders finster sah es bei der Premium-Marke "Escada" aus: Hier betrug der Umsatz-Rückgang 5,6 Prozent auf nur noch 461,8 Millionen Euro. Im Bereich "Primera" konnten die Erlöse demgegenüber um 8,9 Prozent auf 247,7 Millionen Euro gesteigert werden.
Der Brutto-Gewinn (EBITDA) reduzierte sich um 7,9 Prozent auf nur noch 68,2 Millionen Euro. Nach Steuern erwirtschaftete Escada einen Verlust von 26,8 Millionen Euro nach einem Gewinn von 6,9 Millionen Euro im Jahr zuvor.
Zugegeben: Zum Großteil ist dieses wenig erfreuliche Ergebnis auf Einmal-Effekte zurückzuführen. So fielen beispielsweise für das laufende Restrukturierungs-Programm, auf welches ich gleich noch näher eingehe, Aufwendungen in einer Höhe von 39,9 Millionen Euro an. Zudem belasteten Abschreibungen von 14 Millionen Euro für die Neubewertung aktiver latenter Steuern das Ergebnis.
All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem die Marke "Escada" unter nachhaltigen Problemen leidet. Offenbar gelang es dem Management nicht, an die viel versprechenden Zeiten in den 1990er Jahren anzuknüpfen und den Namen im Premium-Segment entsprechend zu positionieren.
*Kleidung, die kaum einer kauft!
Die letzten Kollektionen kamen bei den Kunden alles andere als gut an. Leider gilt dies auch für das aktuelle Herbst/Winter 2007/08 Programm. Insofern ist es für mich unerklärlich, dass der Vorstand unverändert an der Person des Chef-Designers der Marke "Escada" festhält. Hier sehe ich akuten Handlungsbedarf. Denn ganz offensichtlich gelingt es Escada nicht mehr, den Geschmack der Klientel zu treffen. Selbst meine Mutter als ehemals treuste Kundin hat sich mittlerweile von der Oberbekleidung abgewendet.
So gesehen vermag ich den Optimismus des Konzerns in Bezug auf die neuen Kollektionen nur sehr eingeschränkt zu teilen. Meiner Einschätzung nach wird es wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Escada wieder eine vergleichbare Popularität wie in der Vergangenheit erreicht (wenn es überhaupt jemals klappt).
*Restrukturierungs-Programm soll Besserung bringen
Läuft es operativ schlecht, greift das Management gerne zu Restrukturierungs-Programmen als vermeidlichem "Allheil-Mittel". In dieser Hinsicht ist auch der neue Escada-Vorstands-Chef Jean-Marc Lubier keine Ausnahme.
Unter anderem sollen die Führungsebene gestärkt und Verantwortlichkeiten in den Bereichsstrukturen geändert werden. Lubier warb von renommierten Mode-Häusern diverse erfahrene Manager für die zentralen Bereiche ab. Als neuen Chef-Designern für das Segment "Escada Sport" konnte Julia Hofmann gewonnen werden.
Erklärtes Ziel des neuen Vorstands-Vorsitzenden ist es, durch klarere Management-Funktionen und bessere Finanz-Kontrollen die Profitabilität des Konzerns zu steigern. Diesbezüglich bin ich durchaus zuversichtlich. Allerdings ändert das zunächst einmal nichts am Umsatz-Schwund bei der Stamm-Marke.
Ob dieser gestoppt werden kann, werden wir sehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt deutet noch nicht allzu viel auf eine Wende zum Guten hin. "Neue Besen" mögen zwar am Anfang vielleicht ganz gut "kehren". Damit ist jedoch nicht gesagt, dass sie dauerhaft für Sauberkeit sorgen!
*Mit Accessoires raus aus der Krise?
Das wohl größte "Sorgenkind" innerhalb des Escada-Konzerns ist der Bereich "Handtaschen und Lederwaren". Hier werden seit Jahren nur Verluste generiert. Abhilfe sollen jetzt die neue Chef-Designerin Elena Ghisellini und der ehemals bei Valentino und Dior tätige Manager Mario Butazzi schaffen.
Unglücklicherweise ist gerade in diesem Markt-Segment der Eintritt besonders schwierig, weil man gegen zahlreiche etablierte und bestens positionierte Marken antreten muss. Daran sind in der Vergangenheit schon ganz andere Kaliber als Escada gescheitert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Münchener momentan einfach einen viel zu geringen Prestige-Wert haben, um gegen Aigner oder gar Louis Vuitton, Gucci und Prada antreten zu können.
Selbst mit innovativen Design-Ideen wird Escada es sehr schwer haben, gegen diese "Player" Markt-Anteile hinzu zu gewinnen. Ich rechne daher bis auf weiteres nicht mit einem nachhaltigen "Turn-around" im Bereich Accessoires. Vielleicht schafft der Konzern das in einigen Jahren, aber auch nur, wenn der Marken-Name generell gestärkt werden kann und die Bekleidungs-Sparte wieder mehr Abnehmer findet.
*Angesichts der Risiken derzeit ausreichend bewertet
Trotz des beängstigenden Kurs-Verfalls ist die Aktie gegenwärtig nicht wirklich preiswert. Für das laufende Geschäftsjahr ergibt sich auf Basis der durchschnittlichen Analysten-Schätzungen ein Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14. Im Peer-Group-Vergleich liegt dieser Wert zwar eher am unteren Ende, aber in Anbetracht der zahlreichen operativen "Baustellen" kann ich eine eklatante Unterbewertung nicht erkennen.
Etwas anders sieht es da schon für 2008/09 aus: Im kommenden Jahr liegen die Gewinn-Prognosen bei 1,49 Euro je Aktie. Sollte Escada das schaffen, wäre die Aktie mit einem KGV von zehn billig.
Bis dahin ist es jedoch noch ein ziemlich weiter Weg, auf dem unzählige "Steine" liegen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die Marke "Escada" wieder nach vorne zu bringen. Und diesbezüglich habe ich zum jetzigen Zeitpunkt doch meine Zweifel. Zumindest aber deutet zur Stunde noch nicht wirklich viel darauf hin, dass dies kurz- bis mittelfristig gelingt.
• Escada AG | ||
• WKN | ||
• Börsenwert | 248 Mio. EUR | |
• KGV 07/08 (e) | 14 | |
• Div.-Rend. 08 (e) | 0,65 % | |
• Akt. Kurs | 14,71 EUR |
MEIN FAZIT:
Meiner Einschätzung nach ist die Escada-Aktie derzeit bestenfalls für Investoren mit einem langfristigen Anlage-Horizont und einer gehörigen Portion Mut interessant. Die vorhandenen Probleme vor allem im Premium-Segment sind erheblich und ich kann mir kaum vorstellen, dass selbige in den nächsten Monaten gelöst werden.
Durch das Restrukturierungs-Programm dürfte die Profitabilität möglicherweise etwas zunehmen. Um die ambitionierten Gewinn-Schätzungen zu erreichen, ist aber mehr notwendig. Insbesondere die Marke "Escada" muss bei der wohlhabenden Klientel beliebter werden. Und das gelingt sicher nicht über Nacht.
Die Chancen auf einen nachhaltigen "Turn-around" im Bereich Accessoires bewerte ich ebenfalls als eher mäßig, weil die Konkurrenz erdrückend ist. Ich persönlich werde mir jetzt sicher noch keine Escada-Aktien ins Depot legen. Aber auf jeden Fall beobachte ich die Entwicklung weiter. Sobald sich eine Wende wirklich abzeichnet und nicht ausschließlich auf Hoffnungen basiert, ist das Papier nämlich eventuell gar nicht einmal uninteressant.
Quelle: Hotstock-Trading [info@hotstock-trading.de]