HINTERGRUND: Nach Schulte-Noelles Paukenschlag Spekulationen um Dresdner Bank
MÜNCHEN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der spektakulären Rücktrittsankündigung von Allianz Chef Henning Schulte-Noelle dürften auf die Dresdner Bank noch rauere Zeiten zu kommen. Der designierte Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann könne harte Einschnitte womöglich besser durchsetzen, weil er bei der milliardenschweren Übernahme vor eineinhalb Jahren keine Schlüsselrolle gespielt hat, hieß es am Donnerstag in Branchenkreisen.
Unter dem vertriebserfahrenen Versicherungsmann Diekmann werde die Dresdner Bank noch stärker auf ihre Funktion als Vertriebskanal für Allianz- Policen zurückgefahren. Am Ende könnte die Zerschlagung des traditionsreichen Frankfurter Bankhauses stehen. Eine völlige Trennung gilt dagegen als unwahrscheinlich. SCHULTE-NOELLE WILL IN AUFSICHTSRAT WECHSELN
Schulte-Noelle will sein Amt im April 2003 abgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. Selbst in der noblen Allianz-Zentrale am Englischen Garten in München wurden die meisten von der Nachricht völlig überrascht. Angesichts der jüngsten Milliardenverluste, die vor allem bei der Dresdner entstanden, hatten die meisten damit gerechnet, dass er zunächst die entstandenen Probleme beseitigen wolle. "Vielleicht ist Schulte-Noelle zu der Einsicht gekommen, dass mit der Dresdner der Karren in den Dreck gefahren ist, und ihn jemand anderes besser heraus zieht", hieß es am Donnerstag in Finanzkreisen.
Michael Diekmann beteuerte seine Loyalität und stellte sich hinter den Kauf der Dresdner Bank. "Wir haben die Entscheidung zusammen gefällt." Er dürfte auch ganz nach oben an die Spitze gekommen sein, weil er Sanierungs-Erfahrung hat. So schaffte er den Turnaround für die Allianz in Australien und räumte bei der defizitären US-Tochter Firemans Fund auf. Bei der Dresdner Bank werde er den Sparkurs verschärfen und vor allem die Kapitalmarkt- und Firmenkundensparte auf den Prüfstand stellen, sagte ein Analyst. "Bei der Dresdner wird es dramatische Veränderungen geben." DRESDNER-BANK-CHEF ALS INTEGRATIONSFIGUR
Die Reaktionen auf Schulte-Noelles Schritt waren höchst unterschiedlich. Umstritten ist vor allem, ob mit dem Rücktritt Schulte-Noelles auch sein Konzept eines integrierten Finanzdienstleisters gescheitert ist. "Der Schritt ist das Eingeständnis eines grandiosen Scheiterns", kommentierte die "Frankfurter Rundschau". In der "Börsen-Zeitung" hieß es dagegen, der Kapitän verlasse keinesfalls das sinkende Schiff. Zum einen sei die Allianz weit davon entfernt, zu sinken. "Zum anderen müsste der Kapitän in diesem Fall nur von Bord gehen, wenn er die raue See, durch die derzeit alle Schiffe steuern müssen, verursacht hätte."
Dresdner-Bank-Chef Bernd Fahrholz, bei der Allianz stellvertretender Konzernchef, wird nach Ansicht vieler Experten erst einmal im Amt bleiben. "Den brauchen sie erst einmal noch als Integrationsfigur." Allerdings ist aus dem Umfeld zu hören, dass Fahrholz eine klare Aufgabe habe, nämlich die Dresdner 2003 operativ wieder in die Gewinnzone zu bringen. Daran werde er auch tatsächlich gemessen. BEOBACHTER: ACHLEITNER IST VERLIERER DES REVIREMENTS
Einer der Verlierer des Revirements ist nach Einschätzung von Beobachtern Finanzvorstand Paul Achleitner. Der frühere Deutschlandchef von Goldman Sachs galt in der Öffentlichkeit als einer der Kandidaten für die Nachfolge Schulte-Noelles. Allerdings hat er die Übernahme der Dresdner Bank mit eingefädelt und kann bei weitem nicht so unbefangen an eine Sanierung herangehen wie Diekmann. Zudem hat das Kerngeschäft der Sach- und Lebensversicherung oberste Priorität. Einige spekulieren bereits, Achleitner könne sich nicht halten. "Er ist der nächste, der geht", heißt es in Finanzkreisen./ax/DP/sf
MÜNCHEN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der spektakulären Rücktrittsankündigung von Allianz Chef Henning Schulte-Noelle dürften auf die Dresdner Bank noch rauere Zeiten zu kommen. Der designierte Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann könne harte Einschnitte womöglich besser durchsetzen, weil er bei der milliardenschweren Übernahme vor eineinhalb Jahren keine Schlüsselrolle gespielt hat, hieß es am Donnerstag in Branchenkreisen.
Unter dem vertriebserfahrenen Versicherungsmann Diekmann werde die Dresdner Bank noch stärker auf ihre Funktion als Vertriebskanal für Allianz- Policen zurückgefahren. Am Ende könnte die Zerschlagung des traditionsreichen Frankfurter Bankhauses stehen. Eine völlige Trennung gilt dagegen als unwahrscheinlich. SCHULTE-NOELLE WILL IN AUFSICHTSRAT WECHSELN
Schulte-Noelle will sein Amt im April 2003 abgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. Selbst in der noblen Allianz-Zentrale am Englischen Garten in München wurden die meisten von der Nachricht völlig überrascht. Angesichts der jüngsten Milliardenverluste, die vor allem bei der Dresdner entstanden, hatten die meisten damit gerechnet, dass er zunächst die entstandenen Probleme beseitigen wolle. "Vielleicht ist Schulte-Noelle zu der Einsicht gekommen, dass mit der Dresdner der Karren in den Dreck gefahren ist, und ihn jemand anderes besser heraus zieht", hieß es am Donnerstag in Finanzkreisen.
Michael Diekmann beteuerte seine Loyalität und stellte sich hinter den Kauf der Dresdner Bank. "Wir haben die Entscheidung zusammen gefällt." Er dürfte auch ganz nach oben an die Spitze gekommen sein, weil er Sanierungs-Erfahrung hat. So schaffte er den Turnaround für die Allianz in Australien und räumte bei der defizitären US-Tochter Firemans Fund auf. Bei der Dresdner Bank werde er den Sparkurs verschärfen und vor allem die Kapitalmarkt- und Firmenkundensparte auf den Prüfstand stellen, sagte ein Analyst. "Bei der Dresdner wird es dramatische Veränderungen geben." DRESDNER-BANK-CHEF ALS INTEGRATIONSFIGUR
Die Reaktionen auf Schulte-Noelles Schritt waren höchst unterschiedlich. Umstritten ist vor allem, ob mit dem Rücktritt Schulte-Noelles auch sein Konzept eines integrierten Finanzdienstleisters gescheitert ist. "Der Schritt ist das Eingeständnis eines grandiosen Scheiterns", kommentierte die "Frankfurter Rundschau". In der "Börsen-Zeitung" hieß es dagegen, der Kapitän verlasse keinesfalls das sinkende Schiff. Zum einen sei die Allianz weit davon entfernt, zu sinken. "Zum anderen müsste der Kapitän in diesem Fall nur von Bord gehen, wenn er die raue See, durch die derzeit alle Schiffe steuern müssen, verursacht hätte."
Dresdner-Bank-Chef Bernd Fahrholz, bei der Allianz stellvertretender Konzernchef, wird nach Ansicht vieler Experten erst einmal im Amt bleiben. "Den brauchen sie erst einmal noch als Integrationsfigur." Allerdings ist aus dem Umfeld zu hören, dass Fahrholz eine klare Aufgabe habe, nämlich die Dresdner 2003 operativ wieder in die Gewinnzone zu bringen. Daran werde er auch tatsächlich gemessen. BEOBACHTER: ACHLEITNER IST VERLIERER DES REVIREMENTS
Einer der Verlierer des Revirements ist nach Einschätzung von Beobachtern Finanzvorstand Paul Achleitner. Der frühere Deutschlandchef von Goldman Sachs galt in der Öffentlichkeit als einer der Kandidaten für die Nachfolge Schulte-Noelles. Allerdings hat er die Übernahme der Dresdner Bank mit eingefädelt und kann bei weitem nicht so unbefangen an eine Sanierung herangehen wie Diekmann. Zudem hat das Kerngeschäft der Sach- und Lebensversicherung oberste Priorität. Einige spekulieren bereits, Achleitner könne sich nicht halten. "Er ist der nächste, der geht", heißt es in Finanzkreisen./ax/DP/sf