Die Globalisierung basiert auf unfairen Spielregel

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Die Globalisierung basiert auf unfairen Spielregel sir charles

Die Globalisierung basiert auf unfairen Spielregel

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"Die Globalisierung basiert auf unfairen Spielregeln"
Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz zieht in Wien ein tristes Resümee über den Zustand der Weltwirtschaft


Nicht die Globalisierung selbst, sondern ihre Spielregeln seien verantwortlich für die weltweit steigende Kluft zwischen Arm und Reich, sagte Nobelpreisträger Joseph Stiglitz in einem Vortrag in Wien.



  Wien - "Die Kluft zwischen Arm und Reich auf diesem Planeten wird immer größer, die absolute Armut nimmt stetig zu. Die Hälfte der Weltbevölkerung muss heute von weniger als zwei Dollar pro Tag leben", zieht Wirtschaftsnobelpreisträger und Standard-Kolumnist Joseph Stiglitz ein tristes Resümee über den Zustand der Weltökonomie.
"Es wäre aber falsch, dafür die Globalisierung verantwortlich zu machen. Schuld an der Misere ist vielmehr die Art und Weise, wie die Globalisierung gemanagt wird. Die Spielregeln sind in ihrer Grundausrichtung unfair", kritisierte Stiglitz in seiner Festrede zum 75-Jahr-Jubiläum des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts in Wien.

Dies gelte etwa für jene Regeln, nach denen die Welthandelsorganisation WTO operiere: "Dass der freie Handel Wohlfahrt hervorbringt, ist ökonomisch unumstritten. Die WTO-Agenda ist aber nicht von einer Forcierung des Freihandels bestimmt, sondern von der Stärkung der Interessen der Industrieländer."

"Unfaire Agenda"

So hätte die letzte Freihandelsrunde gerade die ärmsten Länder gezwungen, ihre Ökonomien den westlichen Ländern zu öffnen, während die USA und die EU ihre Schutzbarrieren und die enormen Subventionen für die Landwirtschaft aufrechterhielten. "Das", so Stiglitz, "ist eine unfaire Agenda." Ebenso schädlich für die armen Länder sei die Politik des Internationalen Währungsfonds (IWF), die dieser seit Jahrzehnten verfolge, derzeit gerade in Argentinien. "In den USA wird derzeit heftig über die Ausgestaltung eines Konjunkturpakets diskutiert, um die amerikanische Wirtschaft wieder aus der Rezession zu holen.

In Argentinien hingegen verschreibt der IWF genau die gegenteilige Rezeptur. Die Regierung soll ihre Ausgaben kappen, um Budget und Verschuldung in den Griff zu bekommen." Was dabei herauskomme, sei absehbar: Die Wirtschaft werde weiter absacken, das drücke auch die Steuereinnahmen, der Staatshaushalt werde sich weiter verschlimmern. Kapitalflucht sei die Folge.

"Washington Consensus"

Dahinter stehe das wirtschaftspolitische Regime des "Washington Consensus" (so genannt, weil es im Wesentlichen zwischen IWF und US- Finanzamt in der US-Bundeshauptstadt akkordiert ist), das zur derzeit weltweit dominierenden Rezeptur wurde: Fiskalische Stabilisierung, Privatisierung, Freihandel kombiniert mit der Liberalisierung der Kapitalmärkte. Stiglitz: "Eine Einladung zum Desaster."

Versagen in Russland

Wohl am ironischsten zeige sich das Versagen dieser Rezeptur in den Reformländern. In Russland lägen die Einkommen zehn Jahre nach Beginn der Transition um 30 bis 40 Prozent tiefer, die Armut sei sprunghaft angestiegen, von zwei auf rund vierzig Prozent der Bevölkerung.

China gehe da einen ganz anderen Weg, es verfolge die Transition nach eigenen Standards, ohne sich die Kon 4. Spalte ditionen aufzwingen zu lassen. Resultat: China ziehe derzeit weltweit am meisten Direktinvestitionen an, die Armutsquoten sinken, die Durchschnittseinkommen stiegen im vergangenen Jahrzehnt um 250 Prozent.

Kritik an EZB

Aber auch europäische Institutionen gerieten am Mittwoch ins Fadenkreuz des Nobellaureaten: Es gebe keine empirische Evidenz für das Postulat, dass unabhängige Notenbanken die beste Performance hinsichtlich Wachstum und Beschäftigung garantierten, sagte Stiglitz. Er hielte es vielmehr für wichtig, dass auch die Geldpolitik an eine demokratische Verantwortung gebunden sein sollte. Und auch der unbedingten Konzentration der Europäischen Zentralbank auf die Inflationsbekämpfung steht Stiglitz skeptisch gegenüber.

Stiglitz, früher Chefökonom der Weltbank und Berater des US-Präsidenten Bill Clinton, erhielt Mittwochabend das Ehrendoktorat der Wirtschaftsuniversität Wien.
 


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