das passiert wenn unwichtige Sender und

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das passiert wenn unwichtige Sender und Superlativ

das passiert wenn unwichtige Sender und

 
#1
Einschaltquoten auf die Rutsche kommen. Die braucht plötzlich kein Schwein mehr..



Heile Welt als Gegengift

Die Teletubbies

Michael Troesser

 

 
Ausgerechnet der erfolgreichste englische Fernsehexportartikel spaltet hierzulande die Nation. Für die einen sind die pummeligen Frottee-Puppen mit Tellerohren, Babygesicht, Antennen auf dem Kopf und TV im Bauch Kult oder tägliches Muss im Baby-Soap-Land zur besten Vorabendsendezeit, für die anderen sind Tinky Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po derart unerträglich, dass bereits im Internet Anweisungen zum Hinrichten gehandelt werden und der Berufsverband der Kinderärzte vor dem Konsum der Fernsehsendungen warnt: „Unter dem Deckmantel des pädagogisch Wertvollen binden die Tubbies Kinder von früh auf ans Fernsehen und führen oft zu unkontrolliertem TV Konsum in späteren Jahren“.  
Seit März 1999 strahlt der ARD/ZDF-Kinderkanal diese halbstündige Serie jeden Tag um 18.30 Uhr aus und hat damit einen Quoten-Volltreffer gelandet. Diese erste Fernsehserie, die sich an die Einsteigerzielgruppe unter 3 Jahren richtet, hat bereits nach kurzer Zeit eine mittlere Einschaltquote von 18,8 % bei den Kleinkindern erreicht.

Der größte Teil der 365 geplanten Folgen ist bereits abgedreht und schon heute beglückt die Serie die Kids in 122 Ländern und in 21 Sprachen der Welt.

„Hinter den Hügeln und keinem bekannt, hier liegt das Teletubbyland“ – so beginnt jede Folge der Teletubbies – dass aber dieses Land in Wirklichkeit in der englischen Grafschaft Warwick, bislang nur bekannt als die Heimat Shakespeares, liegt, wissen nur wenige – und sollen auch nur wenige wissen. Die Erfinderin und Autorin der Figuren, Anne Wood (62), die durch ihre Idee nicht nur zur Multimillionärin wurde, sondern auch als „Commander of the Order of the British Empire“ geehrt wurde, möchte nicht, dass ihre kleinen Zuschauer die Illusion verlieren. Daher ist der etwas fußballfeldgroße Produktionsort abgeschirmt, um nicht zur Pilgerstätte nervender Kleinkinder zu werden.

Geheimnis ist auch für viele, wer hinter – oder besser in – den Figuren steckt. Zwei Männer und zwei Frauen stülpen sich die fast 2 Meter großen, bunten Overall-Kostüme über und ihre tänzerische Ausbildung ermöglicht es ihnen, so unbeschwert über die sattgrüne Wiese und zwischen extra großen flämischen Kaninchen hin und her zu hüpfen.

Die Grundidee der Lehrerin Wood ist eigentlich simpel und wird von der Pädagogik seit langem gefordert: Kindern die Welt heil, problemlos und langsam präsentieren, kleinsten Handlungen größten Wert beimessen und all dies medial einfach und wiederholend präsentieren.

Bereits Bruno Bettelheim hat Ähnliches im Sinn gehabt, als er Märchen für Kleinkinder forderte, in denen „jeder kleinsten Leistung außerordentlicher Wert beigemessen wird und die wundersamsten Folgen verheißt“ und auch die verstorbene Medienpsychologin Herta Sturm forderte vom Fernsehen für Kinder Zeit zum Verarbeiten.

Entsprechend widerspricht die Erzählweise jeder einzelnen Folge jeder modernen Dramaturgie, wie wir sie aus Film und Fernsehen gewohnt sind. Jede einzelne Folge steckt nicht nur vol- ler wiedererkennbarer Muster, sondern selbst die jedesmal neuen Elemente wie Einspielfilme werden wiederholt und lassen so den jüngsten TV-Nutzern Zeit, das Gesehene zu begreifen. Dass eine solche Dramaturgie vielen Zapp-Gewohnten Erwachsener widerstrebt, ist zwar verständlich, missachtet jedoch gleichsam das Wahrnehgmungsverhalten der Zielgruppe. Anne Wood hat diese Insel der Langsamkeit und heilen Welt konsequent durchkomponiert und argumentiert folgerichtig: „Schauen Sie sich doch an, was Kinder im Fernsehen vorgesetzt bekommen – Superhelden, Monster, Dauer-Action. Die Teletubbies sind da ein Gegengift. Die Schattenseiten werden die Kinder noch früh genug kennenlernen.“ (DER SPIEGEL,9/2000)

Michael Troesser

Medienpädagogische Einschätzung
Die Teletubbies sind die erste Sendereihe, die sich an eine Zielgruppe der 1,5- bis 3-Jährigen richtet. Dass dies die Gemüter erhitzt ist verständlich, geht jedoch an der Lebenswirklichkeit vieler Familien vorbei, in denen die Kleinsten bereits mit wenigen Monaten vor dem bunten Geflimmer des Fernsehens „geparkt“ werden.
Entscheiden sich Eltern dafür, das Kind vor dem 3.Lebensjahr an den Fernseher heranzuführen, ist es sinnvoller, eine zielgruppengerechte Sendereihe zu wählen, als Sendungen für ältere Kinder oder Erwachsenensendungen. In diesem Fall sind die Teletubbies von Dramaturgie und Inhalten die sinnvollste Serie mit hohem Identifikations- und Verstehensgehalt.
Die Frage, ob ein derart früher Fernsehkonsum schadet oder nicht, steht hier nicht zur Debatte und muss gesondert diskutiert werden.
Der spielerische, babyhafte Umgang mit der Sprache ist solange unproblematisch, solange sich das Kleinkind in dieser Lebensphase ist und solange diese Sprache nicht zur Alltagssprache im Elternhaus avanciert.
Sobald das Kind ganze Sätze sprechen kann und Fragen stellt (ca. mit 3 Jahren) sollte man es mit weiterführenden Kindersendungen konfrontieren, um die Sprachentwicklung zu fördern.
Negativ an der Sendereihe ist die Rollenverteilung zwischen Jungen und Mädchen. Da die Großen - Tinky Winky und Dipsy - Jungen sind und ganze Sätze sprechen können und die beiden kleinen Figuren Laa Laa und Po Mädchen, nur die Laute der Tubby-Sprache sprechen, werden sehr früh negative Rollenzuweisungen gelernt.
Ebenfalls negativ muss aus medienpädagogischer Sicht die Einspielung der Realfilme aus den Monitorbäuchen der Tubbies eingeschätzt werden.
Das Kleinstkind lernt so, dass die reale Welt über den Fernseher (wenn auch im Bauch) kommt, während die traumhafte Welt das halbfiktionale Teletubby-Land ist.


Der Ablauf einer Teletubby-Folge
Jede einzelne, 23 Sendeminuten lange Folge der Serie Teletubbies läuft nach immer demselben Schema ab und ein großer Teil der Episoden wiederholt sich jedes Mal. Nach dem Begrüßungssatz („Hinter den Bergen und keinem bekannt: hier liegt das Teletubby-Land“) gibt es einen ca. 4 Minuten langen Vorspann, bei dem die Sonne aufgeht und das Teletubby-Land und die Figuren selbst vorgestellt werden. Es folgt der Teil 1 , der in jeder Folge unterschiedlich ist (Herumtollen, lachen, mit den Lieblingsgegenständen spielen). – Wenn sich einige Minuten später das Zauberwindrad dreht, legen sich die Tubbies auf den Rücken und ein anderer der Fernsehbildschirme im Bauch der Figuren wird aktiv.
Dann wird auf dem vollen Bildschirm ein ca. dreiminütiger Filmbeitrag aus der realen Welt eingespielt. Die Tubbies sind nicht zu sehen.
In diesen Beiträgen werden Kinder in Alltagssituationen gezeigt, z. B. im Zoo, beim Radfahren oder Kofferpacken. Spielerisch und leicht verständlich sollen so die Fernseheinsteiger an die Welt herangeführt werden.
Nach einem weiteren Besuch im Teletubby-Land, wo die Kuschelbande bei jeder Folge anders schmust, singt oder tanzt, wird der Realfilmbeitrag aus einem TV-Bach der Figuren erneut eingespielt, damit sich das Gesehene bei den Kleinsten besser einprägt.
Es folgt die sehr lange, immer gleiche Verabschiedungs- sequenz, die mit dem „Winke-Winke“ der Figuren endet.
Für jede einzelne Folge sind ca 11-15 Minuten neues Material, bzw. Einspielfilme nötig.




Vorstellung der vier Teletubbies
Die Teletubbies sind rundliche Wesen mit einem fröhlichen und erstaunten Gesicht. Sie hüpfen in ihren eindeutigen und grellen Farben über die grüne Wiese, als ob sie Pampers trügen, plump, unbeholfen und dann wieder graziös und schnell.
Sie haben keine sichtbaren Geschlechtsteile, dafür haben alle unterschiedliche, antennenartige Gebilde auf dem Kopf, an denen man sie sofort erkennen und gut auseinander halten kann.
Auf dem Bauch haben die Figuren eine Art Bildschirm, von dem aus in jeder Folge der Einspielfilm zu sehen ist.
Tinky Winky ist ein Junge und der größte Teletubby. Er ist lila, kugelt sich gerne die Hügel hinunter, patscht gerne in Pfützen herum und ist besonders fröhlich, wenn er laufen, hüpfen, tanzen und singen kann. Wie die anderen Figuren hat auch er sein ganz persönliches Tinky-Winky-Lied. In seiner roten Tasche verstaut er viele Dinge, sogar Laa-Laa’s Ball. Er mag zwar alle anderen Tubbies auch gerne, am meisten liebt er jedoch Po, die Kleinste.
Übrigens: Schwulengruppen haben Tinky Winky zum Maskottchen auserkoren, weil er als Junge eine Tasche trägt.
Dipsy ist der zweitgrößte Tubby und auch ein Junge. Er ist grün und trägt auf dem Kopf eine lange Antenne. Auch er geht gerne über die Hügel spazieren, setzt sich auch manchmal weit weg von den anderen, natürlich nicht zu lange. Dipsy mag gerne rockige Musik und singt oft vor sich hin. Er ist ein „cooler“ Tubby und liebt seinen schwarz-weiß gemusterten Hut ebenso wie seine Freundin Laa-Laa.
Laa-Laa. Die gelbe Laa-Laa ist ein Mädchen und die fröhlichste der Kuschelbande. Auch sie liebt Musik und kann wunderbar singen und tanzen. Ihr großer orangefarbener Ball kann unterschiedliche Formen und Größen annehmen. Sie überlegt oft und mag es, wenn sich die vier zum Schmusen treffen.
Po ist die Kleinste, rot und auch ein Mädchen. Sie ist sehr pfiffig und hat oft sehr
gute Ideen. Sie liebt ihren quietschenden Roller, mit dem sie fröhlich über die Wiesen und Hügel saust. Ihr bester Freund ist Tinky Winky.


Die wesentlichen, immer wiederkehrenden
Elemente jeder Folge
Das Teletubby-Land ähnelt einer mit Gras überzogenen Kraterlandschaft, die nur von den vier Figuren und großen Kaninchen bevölkert wird. Es ist eine Mischung aus Realität und Fiktion: das Gras, Himmel und Kaninchen sind echt, während die übergroßen Blumen künstlich sind. Der Lebensbereich der Figuren ist so überschaubar wie das Big-Brother-Haus von RTL. Es scheint, als werden die Tubbies von Kameras überwacht, denn jedesmal, wenn sie in die Kamera schauen, beginnen sie zu winken und freuen sich. – Über dem Teletubby-Land scheint eine runde, gelbe Sonne, in der bei bestimmten Gelegenheiten ein pralles Babygesicht lacht und kichernde Laute von sich gibt.
Der Iglu als Haus. Die Tubbies wohnen in einem runden Iglu, in den man über eine Rutsche gelangt. Das Innere des Iglus erinnert an den Kommandostand eines Raumschiffes. Hier ernähren sich die Figuren von Tubbytoast. Im Iglu arbeitet der Staubsauger NoNo mit Stielaugen und langem Saugschlauch.
Das magische Windrad. Wenn sich das große Windrad zu drehen beginnt, werden die Tubbies ganz nervös und werfen sich auf den Rücken. Es ist das Zeichen, das nun der Einspielfilm beginnt. Allerdings kommt es auch manchmal vor, dass andere interessante Dinge im Teletubby-Land geschehen.
Graue Duschköpfe. In jeder Folge kommen plötzlich graue, wie Duschköpfe aussehende Gebilde aus dem Boden. Dabei ertönt aus dem Off der Satz: „Wo sind die Teletubbies hin?“ Die Stimme aus den Duschköpfen ist wie eine Moderation, die durch die Folge führt. Hierdurch kann Handlung gelenkt werden und zum Schluss sagt die Stimme: „Zeit für Tubby-Winke-Winke“.
Die Sprache der Teletubbies. Die vier Figuren besitzen ein unterschiedlich ausgeprägtes Sprachvermögen. Der Älteste beherrscht vollständige Sätze, während der Zweitgrößte nur unvollständig spricht. Die beiden Kleinen lallen meist nur „Ah-Oh“ als Laute des Erstaunens oder Entzückens.
Diese typische und oft kritisierte Babysprache macht ca. ein Drittel der gesamten Zeit (also ca. 11 Minuten) einer Folge aus. Bei den Einspielfilmen reden Kinder und Erwachsene in normaler Sprache miteinander.


fG


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