Ingeborg Neumann: Erfolgsstory mit Haken
"Wir können es ja mal mit einer Frau versuchen", hieß es. Schließlich habe sie gute Referenzen. Mit diesen Worten hat Ingeborg Neumann damals ihren Job bekommen: die erste weibliche Wirtschaftsprüferin im renommierten Unternehmen Arthur Andersen. Aber nur, weil ein männlicher Mitbewerber, für den sich die Gesellschaft bereits entschieden hatte, kurz vorher abgesprungen war. 1982 war das und Ingeborg Neumann 22. Eine Business-Frau am Anfang ihrer Karriere.
Der Fahrstuhl stoppt in der fünften Etage. Eine schlanke Frau steigt aus. Sie trägt eine dunkelbraune Kombination aus Rock und T-Shirt. Ein Pullover ist leger um die Hüften gebunden. Flache Schuhe unterstreichen den sportlichen Gang: Ingeborg Neumann heute. Inzwischen ist sie 43, Gründerin und Vorstandsvorsitzende der Beteilungsgesellschaft Peppermint. Ihr Berufsalltag spielt in einer Männerdomäne. Doch das ist nichts Besonderes für sie: "Schon während meiner Studienzeit habe ich ausschließlich mit männlichen Kollegen gelernt", sagt sie lapidar.
Die geborene Krefelderin schreibt sich nach ihrem Abitur an der Universität in Münster ein: Betriebswirtschaft wird sie studieren, Schwerpunkt "Strategische Planung und Industriebetriebslehre". Das Examen schließt sie mit hervorragenden Ergebnissen ab. Doch Neumann ist das nicht genug. Sie will ins Ausland und weiter lernen.
Marmortreppen und Silbertabletts
Neumanns Büro befindet sich in der obersten Etage in bester Berliner Citylage. Unter der breiten Fensterfront verläuft die Friedrichstraße - ein lichtdurchflutetes Zimmer. "Nach meinem Studium erlebte ich eine aufregende Zeit", erzählt Neumann, spricht von verschiedenen Auslandspraktika. Viele Länder habe sie bereist. "Doch nicht um Ferien zu machen", erklärt sie kopfschüttelnd, "sondern um zu wissen: Wie funktionieren die?" Wie Unternehmen in anderen Ländern wirtschaften, das findet sie spannend. Außer in Polen, Italien und Schweden hat sie auch in einer Lederfabrik in Ungarn gearbeitet. "1976 war das", erinnert sie sich, und ihre blaugrauen Augen verklären sich träumerisch. Aber verträumt ist sie ganz und gar nicht.
Offizieller Presse-Termin im berühmten Hotel Adlon in Berlin. Die Firma Peppermint hat eingeladen. Thema des Abends: "Wohin mit dem Geld? - Neue Perspektiven für Investoren." Marmortreppen und Silbertabletts funkeln in den Augen der Gäste. Die Eröffnungsrede hält die Marketing-Leiterin und persönliche Assistentin von Ingeborg Neumann. Neumann selbst sitzt gelassen daneben und beobachtet die Anwesenden. Sie trägt ein schwarzes Kostüm: Der Rock endet eine Hand über dem Knie, italienische Länge - der gute Ton in der Welt des Business. Wieder sind es flache Schuhe. Absicht? Mit einer Körpergröße von beinahe 1,80 Meter würde sie mit hohen Absätzen viele männliche Kollegen überragen.
Nach der Eröffnungsrede ergreift Neumann das Wort. Souverän und gelassen schildert sie die Marktlage aus ihrer Sicht: "Die Kassen der Financiers sind prall gefüllt", sagt sie. Die Worte, die sie in ihrer Rede benutzt, sind klar und einfach. Nur manchmal wechselt die deutsche Sprache in ein Business-Englisch. Doch als Fachfrau, weiß sie, muss sie dass können.
"Du kannst von einem Kind abhängig sein, aber nicht von einem Mann."
In privater Atmosphäre wirkt sie fast mütterlich. Worte, die ihr Gesprächspartner nicht auf Anhieb findet, ergänzt sie freundschaftlich. Dass sie schließlich doch eine steile Karriere machte, sei nicht allein ihre Schuld, kokettiert die Geschäftsfrau. Immer wieder hätten sich Mentoren an ihrer Seite gefunden, die ihr Türen öffneten und die berufliche Richtung wiesen. "Ich wollte immer nur unabhängig sein", sagt sie überzeugt. Vom männlichen Geschlecht sowieso: "Du kannst von einem Kind abhängig sein, aber nicht von einem Mann", sagt sie bestimmt.
Das Geld hat sie nie gelockt. Das sei nie der Grund gewesen, warum sie sich für einen Job entschieden habe. Und heute? "Heute brauchte ich noch nicht mal mehr zu arbeiten", sagt sie fast trotzig. "Jetzt leiste ich mir zu tun, auf was ich Lust habe", sagt sie und nippt ein wenig verstohlen an ihrem Wasserglas. Der Schreibtisch aus Glas wirkt überdimensional in ihrem Büro. Viele Stühle stehen davor. Hier empfängt die Geschäftsfrau die Leute, die Geld brauchen. Nur einmal habe eine Frau vor ihr gestanden, die sich als Gründerin vorstellte, erzählt sie. Neumann redet sehr schnell, manchmal überschlagen sich die Worte sogar. Schade sei es, dass nur wenige Frauen den Mut hätten, eine Idee durchzusetzen und danach einen Businessplan zu erstellen. So oft haben sie und ihre Assistentin sich gefragt: "Ist es wirklich so schwer?" Neumann scheint es immer leicht gefallen zu sein.
Nach dem sich die 22-jährige Neumann rund sechs Monate bei Arthur Andersen in Amerika bewährt hat, bewirbt sie sich für das Büro in München - 1982. Dort angenommen, steht für die junge Frau von Anfang an fest: "Hier werde ich Partner!" Am meisten beeindruckte sie die professionelle Struktur des internationalen Konzerns. "Andersen ist ein extrem gut organisiertes Unternehmen", sagt sie. Neumann ist engagiert und hat ihr Ziel 1992 bereits erreicht: Mit 32 Jahren ist sie Geschäftsführerin und Partnerin von Arthur Andersen - eine Business-Frau auf der Höhe ihres Erfolges.
"Natürlich kotzt dich manchmal alles an"
Etwas an den Mann bringen, das habe ihr schon immer gefallen, erzählt sie lachend. Ein Ur-Kaufmann stecke in ihr. Ihren Instinkt powert sie heute in ihre eigene Firma Peppermint. Die langen Arbeitstage einer Unternehmerin, die sich manchmal auf 14 Stunden ausdehnen, stören sie nicht. "Es ist ein Teil meines Lebens", sagt sie gelassen. Den Eindruck eines Workaholics erweckt sie dennoch nicht. "Natürlich kotzt dich manchmal alles an", räumt sie ein. Wenn beispielsweise Präsentationen nicht klappen, die viel Arbeit und Zeit beanspruchen. "Wofür tue ich das alles?", fragt sie sich dann. Aber das gehöre nun mal dazu.
Erfolg macht müde
Ingeborg Neumann - eine Erfolgs-Story, aber mit Haken: "Die vergangenen 20 Arbeitsjahre spüre ich", sagt sie. Manchmal habe sie das Gefühl, als wären es 40 gewesen. "Die Zeit wird immer schneller." Eigentlich, sinniert sie, wollte sie immer eine Familie mit vielen Kindern. Und plötzlich ist sie eine Business-Frau mit Melancholie in den Augen.
Doreen Kinzel
"Wir können es ja mal mit einer Frau versuchen", hieß es. Schließlich habe sie gute Referenzen. Mit diesen Worten hat Ingeborg Neumann damals ihren Job bekommen: die erste weibliche Wirtschaftsprüferin im renommierten Unternehmen Arthur Andersen. Aber nur, weil ein männlicher Mitbewerber, für den sich die Gesellschaft bereits entschieden hatte, kurz vorher abgesprungen war. 1982 war das und Ingeborg Neumann 22. Eine Business-Frau am Anfang ihrer Karriere.
Der Fahrstuhl stoppt in der fünften Etage. Eine schlanke Frau steigt aus. Sie trägt eine dunkelbraune Kombination aus Rock und T-Shirt. Ein Pullover ist leger um die Hüften gebunden. Flache Schuhe unterstreichen den sportlichen Gang: Ingeborg Neumann heute. Inzwischen ist sie 43, Gründerin und Vorstandsvorsitzende der Beteilungsgesellschaft Peppermint. Ihr Berufsalltag spielt in einer Männerdomäne. Doch das ist nichts Besonderes für sie: "Schon während meiner Studienzeit habe ich ausschließlich mit männlichen Kollegen gelernt", sagt sie lapidar.
Die geborene Krefelderin schreibt sich nach ihrem Abitur an der Universität in Münster ein: Betriebswirtschaft wird sie studieren, Schwerpunkt "Strategische Planung und Industriebetriebslehre". Das Examen schließt sie mit hervorragenden Ergebnissen ab. Doch Neumann ist das nicht genug. Sie will ins Ausland und weiter lernen.
Marmortreppen und Silbertabletts
Neumanns Büro befindet sich in der obersten Etage in bester Berliner Citylage. Unter der breiten Fensterfront verläuft die Friedrichstraße - ein lichtdurchflutetes Zimmer. "Nach meinem Studium erlebte ich eine aufregende Zeit", erzählt Neumann, spricht von verschiedenen Auslandspraktika. Viele Länder habe sie bereist. "Doch nicht um Ferien zu machen", erklärt sie kopfschüttelnd, "sondern um zu wissen: Wie funktionieren die?" Wie Unternehmen in anderen Ländern wirtschaften, das findet sie spannend. Außer in Polen, Italien und Schweden hat sie auch in einer Lederfabrik in Ungarn gearbeitet. "1976 war das", erinnert sie sich, und ihre blaugrauen Augen verklären sich träumerisch. Aber verträumt ist sie ganz und gar nicht.
Offizieller Presse-Termin im berühmten Hotel Adlon in Berlin. Die Firma Peppermint hat eingeladen. Thema des Abends: "Wohin mit dem Geld? - Neue Perspektiven für Investoren." Marmortreppen und Silbertabletts funkeln in den Augen der Gäste. Die Eröffnungsrede hält die Marketing-Leiterin und persönliche Assistentin von Ingeborg Neumann. Neumann selbst sitzt gelassen daneben und beobachtet die Anwesenden. Sie trägt ein schwarzes Kostüm: Der Rock endet eine Hand über dem Knie, italienische Länge - der gute Ton in der Welt des Business. Wieder sind es flache Schuhe. Absicht? Mit einer Körpergröße von beinahe 1,80 Meter würde sie mit hohen Absätzen viele männliche Kollegen überragen.
Nach der Eröffnungsrede ergreift Neumann das Wort. Souverän und gelassen schildert sie die Marktlage aus ihrer Sicht: "Die Kassen der Financiers sind prall gefüllt", sagt sie. Die Worte, die sie in ihrer Rede benutzt, sind klar und einfach. Nur manchmal wechselt die deutsche Sprache in ein Business-Englisch. Doch als Fachfrau, weiß sie, muss sie dass können.
"Du kannst von einem Kind abhängig sein, aber nicht von einem Mann."
In privater Atmosphäre wirkt sie fast mütterlich. Worte, die ihr Gesprächspartner nicht auf Anhieb findet, ergänzt sie freundschaftlich. Dass sie schließlich doch eine steile Karriere machte, sei nicht allein ihre Schuld, kokettiert die Geschäftsfrau. Immer wieder hätten sich Mentoren an ihrer Seite gefunden, die ihr Türen öffneten und die berufliche Richtung wiesen. "Ich wollte immer nur unabhängig sein", sagt sie überzeugt. Vom männlichen Geschlecht sowieso: "Du kannst von einem Kind abhängig sein, aber nicht von einem Mann", sagt sie bestimmt.
Das Geld hat sie nie gelockt. Das sei nie der Grund gewesen, warum sie sich für einen Job entschieden habe. Und heute? "Heute brauchte ich noch nicht mal mehr zu arbeiten", sagt sie fast trotzig. "Jetzt leiste ich mir zu tun, auf was ich Lust habe", sagt sie und nippt ein wenig verstohlen an ihrem Wasserglas. Der Schreibtisch aus Glas wirkt überdimensional in ihrem Büro. Viele Stühle stehen davor. Hier empfängt die Geschäftsfrau die Leute, die Geld brauchen. Nur einmal habe eine Frau vor ihr gestanden, die sich als Gründerin vorstellte, erzählt sie. Neumann redet sehr schnell, manchmal überschlagen sich die Worte sogar. Schade sei es, dass nur wenige Frauen den Mut hätten, eine Idee durchzusetzen und danach einen Businessplan zu erstellen. So oft haben sie und ihre Assistentin sich gefragt: "Ist es wirklich so schwer?" Neumann scheint es immer leicht gefallen zu sein.
Nach dem sich die 22-jährige Neumann rund sechs Monate bei Arthur Andersen in Amerika bewährt hat, bewirbt sie sich für das Büro in München - 1982. Dort angenommen, steht für die junge Frau von Anfang an fest: "Hier werde ich Partner!" Am meisten beeindruckte sie die professionelle Struktur des internationalen Konzerns. "Andersen ist ein extrem gut organisiertes Unternehmen", sagt sie. Neumann ist engagiert und hat ihr Ziel 1992 bereits erreicht: Mit 32 Jahren ist sie Geschäftsführerin und Partnerin von Arthur Andersen - eine Business-Frau auf der Höhe ihres Erfolges.
"Natürlich kotzt dich manchmal alles an"
Etwas an den Mann bringen, das habe ihr schon immer gefallen, erzählt sie lachend. Ein Ur-Kaufmann stecke in ihr. Ihren Instinkt powert sie heute in ihre eigene Firma Peppermint. Die langen Arbeitstage einer Unternehmerin, die sich manchmal auf 14 Stunden ausdehnen, stören sie nicht. "Es ist ein Teil meines Lebens", sagt sie gelassen. Den Eindruck eines Workaholics erweckt sie dennoch nicht. "Natürlich kotzt dich manchmal alles an", räumt sie ein. Wenn beispielsweise Präsentationen nicht klappen, die viel Arbeit und Zeit beanspruchen. "Wofür tue ich das alles?", fragt sie sich dann. Aber das gehöre nun mal dazu.
Erfolg macht müde
Ingeborg Neumann - eine Erfolgs-Story, aber mit Haken: "Die vergangenen 20 Arbeitsjahre spüre ich", sagt sie. Manchmal habe sie das Gefühl, als wären es 40 gewesen. "Die Zeit wird immer schneller." Eigentlich, sinniert sie, wollte sie immer eine Familie mit vielen Kindern. Und plötzlich ist sie eine Business-Frau mit Melancholie in den Augen.
Doreen Kinzel