Argentinien: Gerichtshof gibt Bankkonten frei

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Argentinien: Gerichtshof gibt Bankkonten frei Brummer

Argentinien: Gerichtshof gibt Bankkonten frei

 
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Der Oberste Gerichtshof Argentiniens hat die von der Regierung verhängten Beschränkungen beim Zugang zu Bankkonten für verfassungswidrig erklärt. Damit könnte das gesamte Bankensystem zusammenbrechen.

Buenos Aires - Das Regierungsdekret, das die Barabhebungen seit dem 1. Dezember auf 1500 Peso (952 Euro) im Monat beschränkt, sei irrational und stelle praktisch eine Enteignung dar, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung fiel mit fünf zu null Stimmen bei drei Enthaltungen.

Präsident Eduardo Duhalde sprach von einem schlimmen Urteil: "Ich habe von Beginn meiner Amtszeit an gewarnt, dass die von der Vorgängerregierung geerbte Kontensperre eine Zeitbombe ist, deren Drähte vorsichtig durchtrennt werden müssten". Eine für den Abend angekündigte Fernsehansprache musste der Staatschef absagen.

Auch die für diesen Samstag geplante Vorstellung eines Wirtschaftsprogramms zur Überwindung der schweren Krise musste hastig abgeblasen werden. Die Zentralbank ordnete für Montag und Dienstag die Schließung aller Banken und Wechselstuben an. In einer kurzen Ansprache vor Journalisten warnte Duhalde vor Anarchie und betonte, er sei kein schwacher Präsident.

Das Urteil, das den Bankrott vieler Banken zur Folge haben kann, galt zunächst nur für einen Fall. Alle anderen Anleger könnten sich jedoch vor Gericht auf das Grundsatzurteil berufen und ebenfalls die Freigabe ihrer Konten verlangen. Offen blieb, ob die Sparer auch ihre zwangsweise auf Peso umgestellten Dollar zurückverlangen könnten. Kommentatoren im Fernsehen und den Online-Ausgaben der Zeitungen waren ratlos.

Seit der Gerichtshof Anfang Januar zunächst alle Urteile zu Gunsten von Klägern gegen die teilweise Sperrung ihrer Konten für schwebend unwirksam erklärt hatte, war fast täglich gegen die Obersten Richter demonstriert worden. Zehntausende Menschen forderten den Rücktritt des Gerichts, das von dem früheren Präsidenten Carlos Menem (1989-1999) erweitert und mit eigenen Leuten besetzt worden war.

Viele Argentinier würden glauben, sie könnten nun ihre Guthaben abheben, sagte der seit einem Monat amtierende Präsident. Aber die Menschen sollten sich durch das Urteil nicht täuschen lassen: "Ich fürchte, dass nun das eintreten könnte, was in vielen Ländern passiert ist, deren Banken zahlungsunfähig wurden. Diese Banken müssen liquidiert werden und meistens kassieren dabei nur die Rechtsanwälte ab und die, die zuerst kommen". Argentinien werde schweren Schaden nehmen, wenn das Bankensystem zusammenbreche.

Unterdessen demonstrierten wieder zehntausende Bürger im ganzen Land gegen die Kontensperrung. Auf Kochtöpfe schlagend forderten sie die Rückgabe ihres Eigentums. "Ich habe Dollar eingezahlt und ich will Dollar ausgezahlt haben", forderte eine Hausfrau. Duhalde hatte die zwangsweise Umstellung der Dollarguthaben auf den Peso angeordnet.


SPIEGEL ONLINE - 02. Februar 2002, 9:57
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,180475,00.html



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