KOLUMNE
Alle guten Dinge sind drei
Die Telekom kann nicht Wasser in Wein verwandeln, aber negative Ergebnisse in positive. Der Trick: Für den Gewinn pro Aktie wurden andere Berechnungsmethoden angewandt, als international üblich. Investoren sollten lieber abwarten und die Zahlen genauer untersuchen, meint Georg Thilenius.
Wer die Berichterstattung über die Bilanzpressekonferenz der Deutschen Telekom verfolgt hat, hatte Anlass, kräftig zu staunen. Denn auf einmal wies die Telekom für das Jahr 2000 einen Gewinn je Aktie von 1,96 Euro aus.
Dabei hatte es immer geheißen, der Rosa Riese würde für das Jahr 2000 einen Verlust pro Aktie ausweisen. Lediglich über die Höhe des Verlustes bestand keine Einigkeit.
Die Analysten von Dresdner Kleinwort Wasserstein schätzten den Verlust je
Aktie auf 49 Cent. Die Analysten der Deutschen Bank schätzten den Verlust für das Jahr 2000 auf 11 Cent. Wie auf einmal aus einem Verlust plötzlich ein erheblicher Gewinn von 1,96 Euro geworden sein sollte, schien ein kleines Geheimnis.
Die Auswirkungen wären erheblich, denn bei dem von der Telekom dargestellten Gewinn je Aktie hätte die Aktie plötzlich ein recht niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2000 von etwa 14. Nachdem 2001 und 2002 allgemein steigende Erträge erwirtschaftet werden sollen, würde sich
dieses Kurs-Gewinn-Verhältnis weiter vermindern und die T-Aktie auf einmal zu einem sehr günstigen Wert werden lassen. Denn vor dem Ausbruch der allgemeinen Telekom-Euphorie im Jahr 1996 waren die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der großen Telekom Unternehmen, wie zum Beispiel British Telecom, oder auch die der amerikanischen Mitbewerber, bei ungefähr 15.
Die Diskrepanz ist beachtlich. Nach ihren Berechnungsmethoden kommen sowohl die Deutsche Bank, als auch die Dresdner Bank, in ihren Projektionen erst für das Jahr 2002 auf ein positives Ergebnis im Gewinn pro Aktie und errechnen daraus nach den heutigen Kursen Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die bei 127 (Dresdner) und 117 (Deutsche) liegen. Eine größere Diskrepanz als zwischen einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 heute und einem von über 100 im nächsten Jahr ist kaum vorstellbar.
Des Rätsels Lösung bringt eine kleine Fußnote in der Präsentation der Telekom. Der schöne Gewinn pro Aktie ist nämlich nach HGB berechnet. Die Berechnungsweise der Investment-Banken folgt den international anerkannten Regeln über die Berechnung des Gewinns pro Aktie nach DVFA.
Die Telekom ist damit ohne Not vom allgemeinen Standard der Berechnung des Gewinns pro Aktie abgewichen und muss sich fragen lassen, warum sie nicht den allgemein anerkannten Methoden nach DVFA folgt, sondern versucht, einen Sonderweg zu gehen, mit dem sie völlig allein steht.
Es ist durchaus denkbar, dass es der Telekom gelingt, die Analysten der Investment-Banken zu überzeugen. Der weitsichtige Investor wird erst einmal den Ausgang dieser Debatte abwarten, aber immer darauf gefasst sein, dass sich die negativen Ergebnisse plötzlich in positive verwandeln. Sollte das geschehen, wäre die Telekom-Aktie sicher ein Kauf. Bis diese Frage geklärt ist, ist die Telekom jedoch schlecht beraten, wenn sie Ihre Autorität schwächt, indem sie versucht, vom allgemein anerkannten Standard abzuweichen.
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© manager-magazin.de 2001
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet AG
gruß
proxi
Alle guten Dinge sind drei
Die Telekom kann nicht Wasser in Wein verwandeln, aber negative Ergebnisse in positive. Der Trick: Für den Gewinn pro Aktie wurden andere Berechnungsmethoden angewandt, als international üblich. Investoren sollten lieber abwarten und die Zahlen genauer untersuchen, meint Georg Thilenius.
Wer die Berichterstattung über die Bilanzpressekonferenz der Deutschen Telekom verfolgt hat, hatte Anlass, kräftig zu staunen. Denn auf einmal wies die Telekom für das Jahr 2000 einen Gewinn je Aktie von 1,96 Euro aus.
Dabei hatte es immer geheißen, der Rosa Riese würde für das Jahr 2000 einen Verlust pro Aktie ausweisen. Lediglich über die Höhe des Verlustes bestand keine Einigkeit.
Die Analysten von Dresdner Kleinwort Wasserstein schätzten den Verlust je
Aktie auf 49 Cent. Die Analysten der Deutschen Bank schätzten den Verlust für das Jahr 2000 auf 11 Cent. Wie auf einmal aus einem Verlust plötzlich ein erheblicher Gewinn von 1,96 Euro geworden sein sollte, schien ein kleines Geheimnis.
Die Auswirkungen wären erheblich, denn bei dem von der Telekom dargestellten Gewinn je Aktie hätte die Aktie plötzlich ein recht niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2000 von etwa 14. Nachdem 2001 und 2002 allgemein steigende Erträge erwirtschaftet werden sollen, würde sich
dieses Kurs-Gewinn-Verhältnis weiter vermindern und die T-Aktie auf einmal zu einem sehr günstigen Wert werden lassen. Denn vor dem Ausbruch der allgemeinen Telekom-Euphorie im Jahr 1996 waren die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der großen Telekom Unternehmen, wie zum Beispiel British Telecom, oder auch die der amerikanischen Mitbewerber, bei ungefähr 15.
Die Diskrepanz ist beachtlich. Nach ihren Berechnungsmethoden kommen sowohl die Deutsche Bank, als auch die Dresdner Bank, in ihren Projektionen erst für das Jahr 2002 auf ein positives Ergebnis im Gewinn pro Aktie und errechnen daraus nach den heutigen Kursen Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die bei 127 (Dresdner) und 117 (Deutsche) liegen. Eine größere Diskrepanz als zwischen einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 heute und einem von über 100 im nächsten Jahr ist kaum vorstellbar.
Des Rätsels Lösung bringt eine kleine Fußnote in der Präsentation der Telekom. Der schöne Gewinn pro Aktie ist nämlich nach HGB berechnet. Die Berechnungsweise der Investment-Banken folgt den international anerkannten Regeln über die Berechnung des Gewinns pro Aktie nach DVFA.
Die Telekom ist damit ohne Not vom allgemeinen Standard der Berechnung des Gewinns pro Aktie abgewichen und muss sich fragen lassen, warum sie nicht den allgemein anerkannten Methoden nach DVFA folgt, sondern versucht, einen Sonderweg zu gehen, mit dem sie völlig allein steht.
Es ist durchaus denkbar, dass es der Telekom gelingt, die Analysten der Investment-Banken zu überzeugen. Der weitsichtige Investor wird erst einmal den Ausgang dieser Debatte abwarten, aber immer darauf gefasst sein, dass sich die negativen Ergebnisse plötzlich in positive verwandeln. Sollte das geschehen, wäre die Telekom-Aktie sicher ein Kauf. Bis diese Frage geklärt ist, ist die Telekom jedoch schlecht beraten, wenn sie Ihre Autorität schwächt, indem sie versucht, vom allgemein anerkannten Standard abzuweichen.
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