Karstadt/Anwalt der Wertheim-Erben sieht latente Bilanzrisiken
FAZ
Karstadt/Anwalt der Wertheim-Erben sieht latente Bilanzrisiken BERLIN (Dow Jones-VWD)--Die Schadenersatzforderungen der Jewish Claims Conference (JCC) an die KarstadtQuelle AG, Essen, könnten sich zu einem Bilanzrisiko für KarstadtQuelle auswachsen. "Die 145 Mio EUR für laufende Prozessrisiken, die KarstadtQuelle in ihrem aktuellen Verkaufsprospekt ausweist, bilden den Umfang möglicher Schadensersatzforderungen, die sich bei einem Urteil zu Gunsten der JCC ergeben, nicht zureichend ab", erklärte der Rechtsanwalt der Wertheim-Erben Matthias Druba im Gespräch mit Dow Jones Newswires am Dienstag. Die 145 Mio EUR spiegelten, so Druba, lediglich den Erlös wider, den KarstadtQuelle beim Verkauf des im Mittelpunkt des Streits stehenden Areals an Otto Beisheim erzielte. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum so genannten Lenne-Dreiecks am Potsdamer-Platz lassen sich nach Auffassung von Druba aber durchaus weitergehende Schadenersatzforderungen ableiten. Entscheidend dafür sei, dass der Verkauf des Grundstück an Beisheim nicht rechtsgültig erfolgt sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag vergangener Woche letztinstanzlich entschieden, dass auch das Lenne-Dreick, bei denen es zu Mauer-Zeiten zu einem Ost-West-Gebietsaustausch gekommen war, unter das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen fällt. Der Verkauf solcher Grundstücke bedürfe aber einer Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO), erklärt Druba. Die liege in diesem Fall nicht vor und der entsprechende Grundbucheintragungen sei als unrichtig zu werten. Auf dem Lenne-Areal ist inzwischen für eine geschätzte Bausummer von 430 Mio EUR das so genannte Beisheim Center errichtet worden, eine Büro- und Wohnanlage mit den Hotels Ritz Carlton und Marriot. KarstadtQuelle hätte bei einer Neuordnung der Eigentumsverhältnisse zu Gunsten der JCC nicht nur den Kaupfpreis für das Grundstück sondern auch die Bauinvestitionen an Beisheim zu erstatten, da die JCC die Baulichkeiten allenfalls zum aktuell deutlich niedrigeren Verkehrswert übernehmen würde. An dieser Variante könnte Beisheim, wie Druba meint, durchaus "ein kaufmännisches Interesse haben, da sich seine Bau-Investition am kränkelnden Berliner Immobilien-Markt nur schwerlich rentieren dürfte". Die 145 Mio EUR im Karstadt-Prospekt sicherten nur den minder schweren Risikofall ab, dass sich die JCC mit dem Verkaufserlös zufrieden gibt und auf alle weiteren Ansprüche verzichtet. "Da aber nicht erkennbar, dass KarstadtQuelle diese faire Lösung zügig anstrebt, bin ich gespannt, wie Karstadt das Forderungsrisiko in nächster Bilanz beziffern wird", sagte Druba. Eine Entscheidung darüber, wem der Restitutionsanspruch am Lenne-Dreick zugesprochen wird, dürfte im März 2005 vor dem Berliner Verwaltungsgericht fallen. Dort klagt der KarstadtQuelle-Konzern gegen einen Entscheidung des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, das die Liegenschaften der JCC zuerkannt hat. Die Bundesregierung, die diesen Entscheid ursprünglich gleichfalls angefochten hat, hat ihre Klage inzwischen zurückgezogen. -Von Gerwin Klinger