Donnerstag, 15.11.2018 18:00 von Klaus Stopp | Aufrufe: 212

Roms Sturheit treibt Risikoaufschläge in die Höhe

Nachdem in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die Frist verstrichen ist, war auch dem Letzten klar, dass Rom im Haushaltsstreit mit der EU auf stur schaltet. Schriftlich hat die italienische Regierung ihre Schuldenpläne gegenüber der EU bekräftigt, wonach man an einer Neuverschuldung von 2,4% des BIP festhalten werde. Es bleibe eine Priorität, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, heißt es in der Begründung von Finanzminister Giovanni Tria. Ebenso wichtig sei es, Wachstumsaussichten zu schaffen und die sozialen Probleme zu lösen, die durch die schlechte wirtschaftliche Situation des Landes hervorgerufen wurden. Mit seiner Linie dürfte Tria versuchen, die viel kritisierten Pläne zur Einführung einer Grundsicherung nach dem Vorbild des deutschen Hartz-IV-Modells zu rechtfertigen. Außerdem will Rom mit höheren Investitionen auf Pump die Folgen der krisenbedingten Konjunktureinbrüche der vergangenen Jahre abfedern.

Renditen laufen deutlich auseinander

Was die Kapitalmärkte von dem italienischen Etat halten, lässt sich an den Risikoaufschlägen italienischer Staatsanleihen ablesen. So verlangen internationale Anleger von Rom derzeit ca. 3,48% Rendite für zehnjährige Anleihen, um ihre Risiken auszugleichen. Damit beträgt der Risikoaufschlag für die Papiere aus Rom gegenüber deutschen Bundestiteln ca. 310 Basispunkte (BP) – Tendenz eher steigend. Obwohl Italien seit fast zwei Jahrzehnten Teil des gemeinsamen Währungsgebiets ist, laufen damit die Renditen deutlich auseinander.

Europawahlen dürften für eine gewisse Beißhemmung in Brüssel sorgen

Um die Staatsschuldenquote, die derzeit bei 132% liegt, bis 2021 auf 126% zu drücken, sollen unter anderem staatliche Immobilien verkauft werden. Ob das die EU-Kommission überzeugt, ist fraglich, denn langfristige Ausgaben mit einmaligen Einnahmen zu finanzieren ist zum Scheitern verurteilt. Nun muss die EU-Kommission bis zum 21. November entscheiden, ob sie ein Defizitverfahren einleiten wird, um den Italienern mehr Haushaltsdisziplin zu verordnen. Sollte Rom auch dies ignorieren, dürften die EU-Finanzminister theoretisch finanzielle Sanktionen verhängen und bei regelmäßigen Kontrollen, alle 3 Monate, die Ein- und Ausgaben überprüfen. Ob dies so umgesetzt wird, ist allerdings angesichts der anstehenden Europawahlen im Mai 2019 noch keine ausgemachte Sache. Schließlich würde man mit diesen Maßnahmen den Europa-Kritikern in Italien, insbesondere der nationalistischen Lega, in die Hände spielen, die Brüssel gerne zum Sündenbock für die italienische Misere abstempelt. So gesehen, könnten die Europawahlen für eine gewisse Beißhemmung in Brüssel sorgen.

Ob sich die Hoffnung von Manfred Weber - Fraktionschef der Europäischen Volkspartei - erfüllen wird, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Regierung in Rom in der Schuldenfrage einlenkt, muss sich erst noch zeigen. Denn seines Erachtens wird die Realität Rom sehr schnell einholen. Dazu könnte die Entwicklung der Renditespreads an den Kapitalmärkten beitragen. Jedoch lässt die bisherige Wortwahl verschiedener Regierungsmitglieder ein Einlenken fast unmöglich erscheinen und könnte somit zum eigentlichen Problem werden. Wir werden aber schon bald wissen, ob M. W. seine "Pappenheimer" kennt oder zu optimistisch war.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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