KÖLN (dpa-AFX) - Die Corona-Krise stellt nach Einschätzung von Versicherungsmathematikern keine existenzielle Bedrohung für die Branche dar. "Es gibt keinen Grund zur Panik", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), Guido Bader, am Montag. Am schwersten betroffen sei derzeit die Industrieversicherung durch Betriebsschließungen und den Ausfall von Veranstaltungen. In der Schadenversicherung gebe es aktuell dagegen auch positive Entwicklungen, zum Beispiel weniger Autounfälle oder weniger Haftpflichtschäden wegen der Kontakt-Beschränkungen.
Sorgen bereitet den Experten die sich verschärfende Zinsflaute an den Kapitalmärkten, die vor allem Lebensversicherer belastet. "Wir haben im Moment einen Anlagenotstand, und dieser wird kurz bis mittelfristig anhalten beziehungsweise sich eher weiter verschärfen", sagte Bader. Den Lebensversicherungen fällt es immer schwerer, die hohen Versprechen der Vergangenheit in der Zinsflaute an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften.
Um die Zusagen der Altverträge abzusichern, müssen die Versicherer seit 2011 Geld zudem zurückstellen. Dieses Geld kann nicht an die Kunden ausgeschüttet werden. Den Kapitalpuffer - im Fachjargon Zinszusatzreserve genannt - werden die Unternehmen Bader zufolge wegen der Zinsflaute erheblich ausbauen müssen. "Vor den Lebensversicherern liegen noch harte Jahre."
Den Vorschlag, den Garantiezins für Neuverträge für Altersvorsorge-Produkte wie Lebensversicherungen und Riester ab 1. Januar 2021 von derzeit 0,9 auf 0,5 Prozent zu senken, hält die Aktuarvereinigung auch in der Corona-Krise für angemessen. Die Entscheidung trifft das Bundesfinanzministerium nach Empfehlungen der Aktuare und der Finanzaufsicht Bafin. Die Versicherungsmathematiker mahnten einen Beschluss über den sogenannten Höchstrechnungszins bis spätestens Ende Mai an. Andernfalls sei eine geordnete Umsetzung bis zum Jahreswechsel nicht mehr möglich./mar/DP/zb
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