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Donnerstag, 13.10.2016 15:30 von | Aufrufe: 284

ROUNDUP 3: Deutschland darf Ceta nur unter Bedingungen zustimmen

Flagge der Bundesrepublik Deutschland. ©unsplash.com

(neu: mit Reaktionen von Klägern und aus der Politik)

KARLSRUHE/BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland darf beim Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada mitmachen - zumindest vorläufig und unter Auflagen. Das Bundesverfassungsgericht wies am Donnerstag in Karlsruhe mehrere Eilanträge gegen eine Zustimmung Deutschlands zu Ceta ab, formulierte aber Bedingungen.

Damit kann das Ceta-Abkommen wie geplant am 27. Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel in Brüssel unterzeichnet werden. Die Bundesregierung muss dabei aber unter anderem sicherstellen, dass Deutschland im Zweifel aus dem Abkommen wieder herauskommt.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der in der Verhandlung am Mittwoch eindringlich vor einem Stopp von Ceta gewarnt und von einem gigantischen Schaden gesprochen hatte, zeigte sich zufrieden. "Ich glaube, dass wir mit allen guten Argumenten das Verfassungsgericht überzeugen konnten", sagte der Vizekanzler in Berlin. Er kündigte zugleich an, die Auflagen des Gerichts einzulösen.

Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht zweifelte daran, dass ihm dies gelingen wird. "Ich bin gespannt, wie die Bundesregierung es schaffen will, diese Auflagen zu erfüllen", sagte sie nach der Urteilsverkündung. Die Linksfraktion im Bundestag zählt zu den Klägern, die das Freihandelsabkommen in Karlsruhe stoppen wollen.

Daneben mobilisierten die Verbraucherorganisation Foodwatch sowie die Vereine Campact und Mehr Demokratie mehr als 125 000 Mitkläger gegen Ceta. Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode nannte das Urteil einen "Riesenerfolg". "Es erfüllt mich mit großer Genugtuung, dass all die Punkte, die wir jahrelang diskutiert haben, die einfach abgetan wurden, dass die heute ernsthaft besprochen werden", sagte er.

Über die Erfolgsaussichten der mit den Eilanträgen verbundenen Verfassungsbeschwerden sagt das Urteil noch nichts. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Ceta verfassungswidrige Bestimmungen enthalte, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Verkündung. Darüber will das Gericht später im Detail verhandeln.

Ein Stopp von Ceta ist also immer noch möglich. Im Eilverfahren hatten die Richter nur zu prüfen, ob in der Zwischenzeit nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen. (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.)

Dabei stuften sie die Risiken durch einen Stopp von Ceta als weit gravierender ein - "weniger auf wirtschaftlichem als vielmehr auf politischem Gebiet", wie Voßkuhle sagte. Eine deutsche Blockade würde demnach nicht nur die Außenhandelsbeziehungen zwischen der EU und Kanada beeinträchtigen. Auf dem Spiel stehe die internationale Verlässlichkeit Deutschlands und Europas insgesamt.


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Ceta soll nach der Unterzeichnung und der Zustimmung des EU-Parlaments in Teilen vorläufig in Kraft treten, noch ehe der Bundestag und die Parlamente der anderen EU-Staaten abgestimmt haben. Die Kläger hatten die Bundesregierung daran hindern wollen, dieses Verfahren am 18. Oktober im EU-Ministerrat mit zu beschließen.

Das Urteil verpflichtet die Bundesregierung nun, nur für eine vorläufige Anwendung derjenigen Teile des Abkommens zu stimmen, für die zweifellos die EU zuständig ist. Ausgenommen sein müssen alle Bereiche, die in die Kompetenz Deutschlands fallen. Dabei geht es etwa um das Investitionsschutzgericht und den Arbeitsschutz.

Eine weitere Bedingung betrifft den Gemischten Ceta-Ausschuss, der Vertragsanpassungen vornehmen können soll. Die Kläger kritisieren, dass die EU-Staaten nicht in diesem Gremium vertreten sind. Bis zu einem endgültigen Urteil muss die Bundesregierung deshalb dafür geradestehen, dass alle Beschlüsse des Ausschusses "hinreichend demokratisch" rückgebunden werden. Dafür könnte sie beispielsweise vereinbaren, dass Grundlage aller Beschlüsse ein gemeinsamer Standpunkt ist, den die EU-Minister einstimmig treffen.

Lassen sich diese Punkte nicht gewährleisten, muss Deutschland notfalls die vorläufige Anwendung von Ceta beenden. Ob das überhaupt geht, ist umstritten - Gabriel hatte diese Möglichkeit aber in der Verhandlung am Mittwoch zugesichert. Nun muss er dieses Verständnis "in völkerrechtlich erheblicher Weise" erklären./sem/cko/DP/jha

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