Anzeige

Marktkommentar: Dr. Daniel Hartmann (BANTLEON): Investoren nehmen schwache Konjunkturdaten nicht ernst

Mittwoch, 18.01.2023 10:15 von Asset Standard - Aufrufe: 777

Foto: www.assetstandard.de

Die Inflationsdaten werden nach wie vor mit Argusaugen verfolgt. Die Konjunkturdaten geniessen deutlich weniger Aufmerksamkeit.

09.01.2023 - Die Inflationsdaten werden an den Finanzmärkten nach wie vor mit Argusaugen verfolgt. Das deutliche Absacken der Teuerungsrate der Eurozone unter 10% zum Jahresende wurde daher mit grosser Erleichterung zur Kenntnis genommen, nimmt es doch den Druck von der EZB, immer weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Aussicht auf eine weniger aggressive Zinspolitik beflügelte zu Jahresbeginn sowohl Anleihen als auch Aktien.

Deutlich weniger Aufmerksamkeit als die Inflationsdaten geniessen nach wie vor die Konjunkturdaten. Dabei gab es hier in den ersten Januartagen ebenfalls bemerkenswerte Zahlen – allerdings in negativer Hinsicht. So haben etwa die deutschen Auftragseingänge der Industrie im November 2022 erneut einen herben Rück¬schlag erlitten und liegen nunmehr bereits fast 20% unter ihrem Hochpunkt aus dem Jahr 2021. Dies und andere Daten – wie etwa die Einzelhandelsumsätze – bestätigen uns in der Einschätzung, dass die Rezession in der Eurozone bereits im 4. Quartal begonnen hat. Nicht zuletzt die weiter abflauende Nachfrage nach Industriegütern lässt überdies keine Aussicht auf eine baldige Besserung erkennen.

In den USA ist die Frequenz an Negativmeldungen nicht minder imposant. Ein Ausrufezeichen setzte in der vergangenen Woche der ISM-Einkaufsmanagerindex des Servicesektors, der im Dezember von 56,5 auf 49,6 Punkte abstürzte. Bis dahin galt das Barometer als Fels in der Brandung und einer der wenigen Indikatoren, die immer noch eine robuste Konjunktur signalisierten. Nunmehr bewegen sich praktisch alle prominenten US-Barometer (ISM-Index der Industrie, NAHB-Index, PMIs von S&P Global, regionale Geschäftsklima-indikatoren) in einem Bereich, der eine schrumpfende Wirtschaft nahelegt.

Geht es nach unseren eigenen weit vorauslaufenden Frühindikatoren, werden sich diese Abwärtstrends bis weit ins Jahr 2023 hinein fortsetzen. Der wesentliche Grund hierfür sind die in allen Bereichen gestiegenen Kosten (Zinsen, Löhne, Rohstoffpreise), deren negative Wirkung sich erst mit grosser Verzögerung in der Wirtschaft niederschlägt. In unseren Augen spricht daher viel dafür, dass auch die USA zu Jahresbeginn in eine Rezession abgleiten und dort für mehrere Quartale verharren.    

Die meisten Investoren wollen davon aber nichts wissen. Sie setzen weiter auf eine expandierende US-Wirtschaft und rechnen entsprechend mit anhaltenden Gewinnsteigerungen bei den Unternehmen. Selbst wenn es – entgegen unseren Erwartungen – so kommen sollte und sich die US-Konjunktur im 1. Halbjahr 2023 überraschend robust zeigt, wäre dies jedoch kein Grund zur Entwarnung. In diesem Fall bliebe die Lage am Arbeitsmarkt angespannt und würde die Inflationsgefahr weiter befeuern. Die Fed käme nicht umhin, den Leitzins auf über 5,00% anzuheben. Das würde dann aber endgültig das Fass zum Überlaufen bringen und nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die Konjunktur abwürgen. 

Man kann es somit drehen und wenden, wie man will. Eine baldige Rückkehr zu den Goldilocks-Zeiten – robustes Wachstum bei niedriger Inflation – ist nicht zu erwarten. Vielmehr wird die Weltwirtschaft bereits im 1. Halbjahr 2023, spätestens jedoch in der zweiten Jahreshälfte in sehr schwieriges Fahrwasser geraten. Damit bleiben aber auch die Perspektiven für die Aktienmärkte eingetrübt. 


Werbung

Mehr Nachrichten kostenlos abonnieren

E-Mail-Adresse
Benachrichtigungen von ARIVA.DE
(Mit der Bestellung akzeptierst du die Datenschutzhinweise)

Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.

Disclaimer: Die hier angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die Informationen ersetzen keine, auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen.

ARIVA.DE hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss und vor Veröffentlichung der Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Autoren wie z.B. Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen, Unternehmen. Infolgedessen können die Inhalte der Beiträge auch nicht von Anlageinteressen von ARIVA.de und / oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen, Unternehmen gehören nicht der Redaktion von ARIVA.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht notwendigerweise die Meinungen und Auffassungen von ARIVA.de und deren Mitarbeiter wider.