Ist Inflation gut oder schlecht für den Dollar?

Mittwoch, 15.05.2024 13:30 von Société Générale - Aufrufe: 110

Wir reagiert der Dollar auf US-Inflationsdaten?

Die US-Produzentenpreise (PPI) stiegen im April – so ließ uns das Bureau of Labor Statistics gestern wissen – deutlich kräftiger als die Analysten im Vorfeld erwartet hatten. Der Index ohne Energie, Lebensmittel und Handel (also ohne Komponenten, die besonders häufig von Sonderfaktoren überlagert werden) legte im April um 0,4%25 gegenüber dem Vormonat zu, während die Mehrzahl der Analsten nur 0,2%25 erwartet hatten. Zwar wurden ältere Inflationszahlen nach unten revidiert, sodass die Vorjahreswerte letztendlich den Analystenerwartungen entsprachen. Wer jedoch daraus schließt, dass die Zahlen neutral für die USD-Bewertung waren, muss schon blauäugig sein.

Derzeit, bei einem sich schnell wandelnden Inflationsbild, schaut auf die Vorjahresraten nur, wer sich die Hose mit der Kneifzange zumacht. Es kommt auf die aktuelle Inflationsdynamik an, nicht auf den Durchschnitt der letzten zwölf Monate! Daher ist niedrigere Inflation in der Vergangenheit kombiniert mit höherer jetzt mindestens ebenso ein Signal in Richtung höherer Inflation, wie nur höhere Inflation derzeit. Dass die Vorjahresraten nahe den erwarteten Werten ausfielen ist daher mitnichten ein positiver Aspekt am gestrigen PPI-Bericht.

Klar, man mag einwenden, dass PPI notorisch ein verrauschtes Signal für die unterliegende Inflation sind und sicherlich noch kein Beweis dafür, dass die Inflation ab hier wieder nach oben dreht. Die Konsumentenpreise, die heute zur Veröffentlichung anstehen, sind ein viel verlässlicherer Indikator für das für die Fed relevante Inflationsmaß (PCE-Deflator) und daher weit informativer bzgl. der zukünftigen Fed-Geldpolitik.

All das hätten Gründe dafür sein können, dass die USD-Wechselkurse gestern nicht reagieren würden. Haben sie aber. Das Bemerkenswerte daran war: Die Reaktion erfolgte in die “falsche” Richtung. Statt von den überraschend hohen PPI-Daten zu profitieren, gab der Dollar nach. Wenn das nicht interessant ist!

Treuen Leser werden meine Worte aus den Ohren herausquellen, doch dies ist der Moment, an dem sich auszahlt, stets gemahnt zu haben: An sich ist höhere US-Inflation, also ein schnelleres Erodieren der heimischen Kaufkraft des US-Dollars, kein positives Signal für die Kaufkraft des Dollars am Devisenmarkt, sondern ein negatives, rechtfertigt also eine schwächere Notierung des Greenbacks.

USD-positiv ist höhere US-Inflation nur insofern, als man davon ausgehen kann, dass die Fed diesen Nachteil mit einer überproportional restriktiven Geldpolitik überkompensiert. Würden also die Fed-Erwartungen als Reaktion auf positive Inflationsschocks sehr deutlich nach oben revidiert, käme netto ein USD-positiver Gesamteffekt raus.

Warum funktioniert das derzeit nicht? Ich denke, die enttäuschenden realwirtschaftlichen US-Daten der jüngsten Zeit haben sehr viel Skepsis unter den Marktteilnehmern aufkommen lassen. Skepsis darüber, ob die Fed so kraftvoll auf eine zweite Inflationswelle reagieren würde wie auf die erste. Daher mag der eine oder andere Marktteilnehmer daran zweifeln, ob es auf neuerliche Inflationsschocks eine so deutliche Fed-Reaktion gäbe, dass unter’m Strich was USD-Positives herauskommt.

Das ist vor allem deshalb interessant, weil Fed-Chair Jay Powell sich oft und gerne als “harter Hund” gibt, der Inflation ohne Rücksicht auf die realwirtschaftlichen Schmerzen bekämpft. Bislang gab’s in den USA solche Schmerzen nicht. Die Zinserhöhungen haben weder das Wachstum abgewürgt, noch die Arbeitslosenquote nach oben getrieben. Daher blieb Powell den Beweis seiner Haltung bislang schuldig. Und weil der Beweis bislang nicht erbracht wurde, kann man niemand verdenken, skeptisch zu sein. Da helfen auch keine weiteren Worte des Fed-Chair (gestern), die deshalb mit Vorsatz unkommentiert bleiben.

Nun mag das USD-Handeln auf PPI-Daten etwas für Inflations-Connoisseure gewesen sein. Ob heute, wo jedermann die Relevanz der um 14:30 (MESZ) anstehenden CPI-Daten klar sein dürfte, der Markt genau so tickt wie gestern, ist keinesfalls gewiss. “Der Markt” – das sind heute zumindest teilweise andere Akteure als gestern. Daher kann ich Ihnen nicht garantieren, dass auch diesmal eine positive Überraschung zu USD-Schwäche führen würde. Doch zumindest kann ich Sie davor warnen, allzu sicher zu sein, wie die USD-Wechselkurse auf den heutigen Höhepunkt im Datenkalender antworten.

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Die US-Handelspolitik und der US-Dollar

US-Präsident Joe Biden erhebt massive Zölle auf Importe aus China. Stahl und Aluminium wurden bereits mit höheren Zöllen belegt, jetzt folgte ein breites Potpourri weiterer Güter. Insbesondere der 100%25-Zoll auf elektrisch betriebene Fahrzeuge sticht ins Auge. Ich hatte schon vorgestern an dieser Stelle mein Unverständnis darüber ausgedrückt. Lassen Sie mich das erläutern.

Der US-Präsident begründete die Erhöhung der Zölle damit, dass Chinas Regierung die Produktion der Güter, auf die nun höhere Strafzölle erhoben werden, subventioniert und daher die chinesischen Exporteure diese Güter besonders billig anbieten würden. Zu “unfair niedrigen Preisen”. Wie bitte?

(1) Ökonomen können mit dem Konzept eines “fairen Preises” sowieso nichts anfangen. Es ist inhaltsleer, weil es interpersonelle Nutzenvergleiche impliziert, die sich einer objektiven Betrachtung prinzipiell entziehen.

(2) Wenn schon, dann sind niedrige Preise für den Verkäufer (hier: die Export-Nation) “unfair” (besser: nachteilig), nie und nimmer aber für den Käufer (hier: die Import-Nation). Hinter der Sprechweise des US-Präsidenten steckt die Denke des Merkantilismus: Exporte seien für eine Nation gut, Importe schlecht. In Wahrheit ist’s natürlich gerade anders herum: Importiert eine Volkswirtschaft, kann sie Güter konsumieren, ohne die Mühe der Produktion aufbringen zu müssen. Exportiert sie, muss sie Arbeitsleid aufwenden, um Güter herzustellen, während sich Ausländer am Konsum erfreuen. Sinn machen Exporte nur, wenn’s dafür hinreichend viele oder hinreichend rentierliche Forderungen gegenüber dem Ausland gibt.

Wenn jemand “unfair” behandelt wird, dann der chinesische Steuerzahler. Der würde (wenn Herr Biden das nicht mit seinen Strafzöllen vereiteln würde) dem US-Autofahrer sein Gefährt subventionieren. Der US-Autofahrer sollte der letzte sein, der sich über die Subventionen beschwert. Allerdings hat er allen Grund, auf seinen eigenen Präsidenten sauer zu sein.

Die Einwände, die an dieser Stelle erhoben werden, sind stets die gleichen:

(a) Verdrängen chinesische EVs die heimischen, entsteht keine eigene EV-Industrie. Folglich begäbe man sich in strategische Abhängigkeit von China. Wer so argumentiert, behauptet, dass eine effiziente heimische EV-Industrie besser gedeiht, wenn sie von Wettbewerb abgeschirmt wird. Mein Vorurteil ist hingegen: Nur unter Wettbewerbsdruck entsteht Effizienz. Und klar, würden Chinas EVs über Nacht teurer oder nicht verfügbar, entstünden Anpassungsprobleme. Doch kann damit eine Marktwirtschaft weitaus besser umgehen als das volkswirtschaftliche Kunstprodukt, das entsteht, wenn Regierungen solche Industriepolitik betreiben.

(b) Zwar würden die Strafzölle die US-Konsumenten belasten, aber gleichzeitig diejenigen US-Produzenten entlasten, die in Konkurrenz zu Importen aus China stehen. Ein Geben und Nehmen also, das so oder so beurteilt werden könnte. Die Ökonomik kann freilich glasklar zeigen, dass das nicht so ist. Das alte Argument, alles sei gut, was Arbeitsplätze erhält, ist zumindest dort falsch, wo der monetäre Vorteil derjenigen, die vom Freihandel profitieren, die Arbeitseinkommen übersteigt. Platt gesagt: Rechnerisch wäre ein Ausgleichsmechanismus möglich, bei dem die US-Käufer chinesischer EVs die Beschäftigten in der US-Automobilindustrie dafür kompensieren, keine teuren heimischen EVs zu bauen. Selbst dann wären alle Beteiligten besser gestellt als mit den jetzigen Strafzöllen.

Ein trauriger Seitenaspekt des Ganzen ist: Generationen von Ökonomen haben mit dem Außenwirtschaft-Lehrbuch von Paul Krugman diese Mechanismen gelernt. Derselbe Paul Krugman verteidigt nun die neuen Zölle. Und bevor wieder jemand einwendet, Ihr FX-Analyst mit VWL-Diplom von der Uni Bielefeld sollte sich nicht anmaßen, den großen Nobelpreisträger zu kritisieren: Natürlich dürfen wir annehmen, dass Krugman weiß, dass seine Verteidigung der Biden-Politik ökonomischer Unsinn ist. Doch ist ihm Wahlkampf offensichtlich wichtiger. Traurig!

Warum diskutieren wir FX-Analysten die US-Zölle? Weil US-Importzölle prinzipiell geeignet sein könnten, den US-Dollar zu stärken. Warum? Weil die Amis jetzt kaum noch chinesische Waren kaufen können, wächst ihre Nachfrage nach heimischen Produkten. Oder glauben Sie, die steigen auf Fahrrad und Öffis um, wenn’s keine erschwinglichen chinesischen EVs gibt? Mir scheint plausibler, dass dann halt doch US-Benzinschleudern gekauft werden. Damit sollten im Marktgleichgewicht US-Güter gegenüber denen aus dem Rest der Welt teurer werden. Solange die Fed aber die Inflation unter Kontrolle hält, diese Anpassung also nicht über höhere USD-Preisschilder erfolgen kann, gibt’s nur einen Mechanismus, der das erreicht: Der US-Dollar wertet auf.

Im Unterschied zur Handelspolitik der Vorgänger-Administration dürfte die Handelspolitik der Biden-Regierung allerdings weniger positiv für den Greenback enden. Der Grund ist kein erhebender: Die EU, die zweite große Gruppe internationaler Nachfrager, ist derzeit auf ähnlichem Trip wie die Biden-Regierung. Auch sie dürfte eine restriktive Handelspolitik fahren und z.B. EV-Importe aus China mit ähnlichen Mitteln eindämmen. Damit wird die Handelspolitik der westlichen Regierungen eher zu einer CNY-Story als zu einem idiosynkratischen USD-Faktor.

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