Mehr als 215 Mrd. USD Cash (im weitesten Sinne) stecken in der "Mutter aller Bilanzen". Kein finanzaffiner Artikel in der Presse schafft es, diesen Fakt nicht zu würdigen.
Warum nimmt Apple dann konstant neue Schulden auf?
Dazu muss man wissen, dass Apple, wie die Kollegen bei Google, Facebook und Amazon, keine Chance ungenutzt lässt, um Steuern zu sparen. Über komplexe Konstruktionen landet der Löwenanteil des Gewinns/Cash-Flows bei ausländischen Töchtern, die nur wenig bis gar keine Steuern zahlen. Gut 200 Mrd. USD - rund 93 % des gesamten Cashbestandes(!) - befinden sich daher auf Auslandskonten.
Würde der iPhone-Hersteller das Geld in die USA zurückholen,müsste der Konzern mit Sitz in Cupertino mächtig Steuern nachzahlen. Diese wohl ca. 40 % will CEO Cook keinesfalls opfern, nur um daheim gut dazustehen. Wir reden von einer riesigen Summe. Bis zu 80 Mrd. USD sind im Feuer.
Da Apple sich inzwischen auf Druck von Investoren wie Carl Icahn zum Dividendenwert gemausert hat (und außerdem Aktienrückkäufe durchführt), wird parallel zum Cashberg im Ausland ein Schuldenberg im Inland aufgebaut, um die Ausschüttungen und Rückkäufe zu finanzieren. Über 53,2 Mrd. USD Langfristverbindlichkeiten aus Bondverkäufen haben sich inzwischen aufgetürmt (hinzu kommen weitere 32,3 Mrd. USD nicht kurzfristige Verbindlichkeiten). Weitere knapp 50 Mrd. USD werden sich hinzugesellen, bis das wohl größte Kapitalrückzahlungs-Programm dieser Art im Gesamtvolumen von rund 200 Mrd. USD abgearbeitet ist.
Es bleibt also festzuhalten: Apple hat nicht wirklich 215 Mrd. Cash über- außer man ignoriert einfach Schulden.
Auch das latente Steuerrisiko ist nicht zu verachten. Es ist keineswegs ausgemacht, dass Apple dieses Spiel auf ewig weiter treiben kann. Im Herbst finden Präsidentschafts-Wahlen in den USA statt. Es ist durchaus denkbar, dass eine neue Administration Schluss macht mit dieser Art von Steuergeschenken.
Ob dieses Damokles-Schwert sich bereits in der Bewertung der Aktie niederschlägt ist eher zweifelhaft. Die aktuell optisch niedrige Bewertung (KGV ca. 11)spiegelt vielmehr den Fakt wider, dass aus dem Wachstumsstar ein arrivierter Riese geworden ist, der es sehr schwer haben wird, an frühere Wachstumsraten anzuknüpfen. Dafür spricht nicht nur die mannigfaltige Konkurrenz, welche ebenfalls schöne Smartphones herstellt. Auch die immer noch sehr hohe Brutto-Marge (rund 40 %) hat eher Potenzial nach unten als nach oben.