Kreditblase droht zu platzen US-Banken vor "Welle der Zerstörung"
Die eine Bankenkrise ist kaum überstanden, da droht bereits die nächste. In den USA könnten in naher Zukunft unzählige Immobilienkredite platzen. Den Banken drohen erneut Milliarden-Verluste.
Auf die US-Banken kommt neues Ungemach zu. Viele mit Immobilien besicherte Kredite könnten in naher Zukunft platzen.
Auf die US-Banken kommt neues Ungemach zu. Viele mit Immobilien besicherte Kredite könnten in naher Zukunft platzen. (Foto: DPA)
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Noch liegt den US-Banken die Finanzkrise schwer im Magen, da droht schon neues Unheil: Denn nun könnten weitere Immobilienkredite platzen, die zur Zeit des Booms vor zehn Jahren ausgegeben wurden. Allein in den kommenden vier Jahren sind es Darlehen im Volumen von mehr als 221 Milliarden Dollar nur bei den größten Banken des Landes, bei denen nun die Tilgungsphase beginnt, wodurch die Raten für die Kreditnehmer drastisch steigen dürften - und damit das Ausfallrisiko.
Einige Aufsichtsbehörden, Analysten und Ratingagenturen schlagen bereits Alarm. Der bevorstehende Anstieg der monatlichen Belastung von Zehntausenden Immobilienbesitzern sei eine drohende "Welle der Zerstörung", sagte Amy Crews Cutts, Chefvolkswirtin bei der Verbraucherkredite-Agentur Equifax.
Das Geld ist verpulvert
Was nun zu platzen droht, sind nicht die klassischen Hypothekenkredite, die zum Kauf eines Hauses aufgenommen werden und die nach dem Ende der Immobilienblase 2007 vor allem Schuldner mit schlechter Bonität (Subprime) in Schwierigkeiten gebracht hatten. Viele der Subprime-Hypotheken endeten bereits in Zwangsversteigerung und Bankenpleiten. Diesmal geht es um "Home Equity Loans", das sind nachrangige Darlehen, die mit der Immobilie besichert werden, mit denen aber Konsumausgaben oder Renovierungen finanziert werden.
Derartige Kredite sind zu Boomzeiten stark beworben und auch an Schuldner mit schlechterer Bonität ausgegeben worden. Viele machten den Preisanstieg ihrer Immobilie zu Bargeld und finanzierten sich mit dem Darlehen Konsumträume. Das Problem: Bei vielen dieser Darlehen wurden lange tilgungsfreie Zeiten vereinbart, häufig zehn Jahre - vorher sind nur die Zinsen fällig.
Vieles hängt von der Fed ab
Für viele Kreditnehmer heißt das: Die Raten können sich jetzt mehr als verdreifachen, wenn die tilgungsfreie Zeit endet. Und das könnte auch solche Kreditnehmer in Schwierigkeiten bringen, die bisher noch keine Probleme damit hatten, ihre Schulden zu zahlen. Ein Verkauf des Hauses, um die Schulden zu tilgen, ist dabei für viele kaum eine Möglichkeit: Schließlich sind die Immobilienpreise vielerorts in den USA noch deutlich unter dem Niveau, das vor dem Platzen der Immobilienblase 2006 erreicht worden war.
Hinzu kommt: Sollte die US-Notenbank ihre Niedrigzins-Politik langsam beenden, könnte das die Raten nochmals steigen lassen, denn in den USA sind variable Zinsen bei Hauskrediten üblich. Für die Banken birgt das massive Gefahren. Denn die Home Equity Loans werden häufig aufgenommen, wenn auf dem Haus ohnehin noch eine Hypothek liegt. Fällt nun einer der Kredite aus, wird das Haus zwangsversteigert.
Doch mit dem Erlös wird zunächst die Hypothek getilgt - und häufig dürfte das Geld nicht reichen, um auch den zweiten Kredit zurückzuzahlen. Die Bankenaufsicht OCC (Office of the Comptroller of the Currency) warnt seit 2012 vor den Risiken im Zusammenhang mit den Krediten, deren Volumen nach Daten des Einlagensicherungsfonds FDIC von 2003 bis 2007 - als die Immobilienblase platzte - um 77 Prozent auf 611,4 Milliarden Dollar gestiegen ist.
"Bisher nur die Spitze des Eisbergs"
Schon ohne neue Kreditschwierigkeiten kosten die Aufräumarbeiten nach der Finanzkrise die Banken viel Geld, die Ratingagentur Standard & Poor's bezifferte die möglichen Kosten wegen Schadensersatzklagen jüngst auf bis zu 105 Milliarden Dollar. Viele Banken dürften daher mit Sorgen auf die Home Equity Loans blicken, die sie vor der Finanzkrise ausgegeben haben. Die großen Banken wie die Bank of America, Wells Fargo, Citigroup oder JPMorgan haben Milliardenbeträge an derartigen Krediten in ihren Büchern stehen.
2014 betreffen die steigenden Tilgungs- und Zins-Raten ein Kreditvolumen von 29 Milliarden Dollar, 2015 sind es bereits 53 Milliarden Dollar, 2016 dann 66 Milliarden Dollar und 2017 sogar 73 Milliarden Dollar. Wie groß das Problem tatsächlich wird, ist schwer vorherzusagen. Es hängt davon ab, wie viele Kredite ausfallen und wie vielen Kreditnehmern es gelingt, bei derzeit steigenden Immobilienpreisen ihre Darlehen günstiger umzuschulden.
Nach Berechnungen von Equifax kann sich die Zahl der säumigen Schuldner im elften Jahr der Laufzeit des Kredits verdoppeln, wenn die vollen Raten fällig werden. Waren 2012 nur drei Prozent der Darlehen faul, die 2003 mit zehn Jahren tilgungsfreier Zeit vereinbart wurden, so liegt diese Zahl nach Berechnungen der Agentur in diesem Jahr bei etwa sechs Prozent.
Die Bank of America bezifferte die Zahl der faulen Home Equity Loans, bei denen die Raten stiegen, auf neun Prozent. Im günstigsten Fall können das die Banken ohne größere Schwierigkeiten verdauen - im schlimmsten Fall drohen herbe Gewinneinbußen. "Wir haben bisher nur die Spitze des Eisbergs bei den Kreditverlusten gesehen", sagte Equifax-Expertin Crews Cutts. "Das ist wenig im Vergleich zu dem, was noch kommt."