Das ist das Kernproblem Robin, dass wirklich viele die Nordex-Guidance dahin interpretieren, dass der Ausblick vorsichtig ist besser gesagt sogar sehr vorsichtig.
Wie schon oft von mir geschrieben in den letzten 3 Wochen, die Kommunikation von Nordex bei der Bilanzpressekonferenz war ganz einfach miserabel und das ist noch sehr vorsichtig von mir formuliert. Das bezieht sich auf die Präsentation der 2015er Zahlen, aber vor allem auf die EBITA-Margenguidance.
Heute bringt es Warburg Research meines Erachtens voll auf den Punkt mit "die Q1-Resultate dürften das "wahre Bild" der Profitabilität des Unternehmens unter Beweis stellen". Die haben nämlich nachgerechnet und den Sondereffekt Rotorblätter über 40 Mio. € aus dem 2. Halbjahr eliminiert umso die wirkliche Profitabilität bzw. den Profitabilitätsfortschritt überhaupt erkennen zu können. Anders geht es ja auch nicht. Rechnet man den Sondereffekt Rotorblätter mit 40 Mio. € raus, dann hätte Nordex eine EBITA-Marge von 9% für das Gesamtjahr 2015 erzielt und im 2. Halbjahr lag die EBITA-Marge bereinigt sogar bei 10%. Tja und nun kommt Nordex und gibt tatsächlich eine EBITA-Margenguidance von nur "mindestens 7,5%" daher und erklärt die nicht einmal. Tut mir leid, aber so geht es definitiv nicht meines Erachtens nach.
Nordex war im 2. Halbjahr von den Gewinnmargen her voll auf Kurs, sogar über dem, wenn da nur nicht diese Rotorblattgeschichte gewesen wäre. Dazu kommt ja noch, dass im 2. Halbjahr, wohl nach den Sommerferien, die Rotorblattproduktion in Rostock nach dem Umbau/Modernisierung wie auch der Umstellung auf das N131-Rotorblatt (hier gab es aber definitiv auch noch in Q4 Probleme) so langsam wieder voll aufgenommen werden konnte und das hat natürlich der EBITA-Marge im 2. Halbjahr auch etwas gut getan. In Q1 wird man das aber wohl noch deutlicher feststellen können.
Es wurden ja in 2015 gerade mal 366 Rotorblätter von Nordex selbst hergestellt (- 29% gg. 2014) und 1.464 Rotorblätter mussten dazu gekauft werden. Also 80% der benötigten Rotorblätter. Das wird in diesem Jahr mit Sicherheit deutlich besser werden und das wird auch der Profitabilität wohl sicher gut tun. Auf die Rotorblätter entfallen um die 30% der Kosten einer Windmühle. Eine N131/3000 mit einer Nabenhöhe von 135 Meter kostet derzeit z.B. 4,7 Mio. € (Gondel, Blätter, Turm, Errichtung, Montage, Einfahren der Windmühle). Somit kostet ein N131-Rotorblatt ca. 500.000 €.
Generell ist es aber so und das sieht man auch gut an der Bruttomarge, die ja logischerweise auch durch die Rotorblattgeschichte schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass Nordex seine Kosten voll im Griff hat und da auch voll im Plan des Kostensenkungsprogramm CORE 15 liegt. Die bereinigte Bruttomarge in 2015 lag nämlich bei richtig guten 24,3% und somit um 1,7% höher wie in 2014. Ohne die Bereinigung der Rotorblattgeschichte lag die Bruttomarge bei 22,6% wie in 2014. Vestas z.B. hatte in 2015 lediglich eine Bruttomarge von 18% !!
Das alles meinte Warburg Research heute mit "die Resultate dürften das "wahre Bild" der Profitabilität des Unternehmens unter Beweis stellen" und genau das meine ich mit der "Fake" EBITA-Margenguidance von mindestens 7,5%. Mal ganz abgesehen davon, dass Nordex wohl kaum unter Preisdruck gestanden ist und auch derzeit steht wie man ja an der richtig guten Bruttomarge sieht, denn die Auftragsbücher sind nun seit gut 2 Jahren randvoll, so dass Nordex nicht um jeden Preis Aufträge annehmen musste.
Dass Nordex an das Umsatzwachstum der letzten Jahren nicht mehr ran kommen kann ist ja im Prinzip eine logische Sache gewesen, denn viel mehr als 750 Gondeln im Jahr wird in Rostock in der Montage derzeit nicht gehen. Zumal ja das Umsatzwachstum von Nordex in 2013 mit + 33%, in 2014 mit + 21% und in 2015 mit + 40% schon mehr als rasant war und somit ist das Umsatzniveau natürlich auch stark angestiegen.
Durch die offiziellen Auftragsmeldungen (Nordex meldet aber definitiv nicht mehr alle Auslandsaufträge), meiner deutschen Projektpipeline wie auch die Angaben vom türkischen Windverband kann man auch den Nordex-Absatz in diesem Jahr einigermaßen gut ein/abschätzen. Es werden irgendwo zwischen 1.800 bis 1.900 an errichteten Windleistungen (2015: 1.700 MW) in diesem Jahr sein und dann wird auch ein Umsatz > 2,6 Mrd. € raus kommen. Also um die 10% Umsatzwachstum:
1. Deutschland 570 MW (2014: 413 MW/2015: 437 MW)
2. Türkei: 340 MW (2014: 145 MW/2015: 278 MW)
3. Irland: 150,6 MW (2014: 104 MW/2015: 55 MW)
4. Uruguay: 136,8 MW (2014: 67 MW/2015: 55 MW)
5. Großbritannien: 135 MW (2014: 68 MW/2015: 131 MW)
6. Pakistan: 122,5 MW (2014: 100 MW/2015: 27,5 MW)
7. Südafrika: 115 MW (2014: 103 MW/89 MW)
8. Finnland: 102 MW (2014: 73 MW/2015: 152 MW)
9. Frankreich: 92 MW (2014: 95 MW/2015: 155 MW) - aus dem Projektgeschäft wird noch was kommen
10. Chile 33,6 MW
11. Holland 9,6 MW
So in etwa könnte es in diesem Jahr nach Turbinentypen aussehen:
1. 299 N117/2400 (Ausland: 152/Inland: 147) --- 2015: 296
2. 108 N100/2500 (Ausland 108/Inland: 0) --- 2015: 184
3. 101 N117/3000 (Ausland: 83/Inland: 18) --- 2015: 96
4. 83 N90/2500 (Ausland: 83/Inland: 0) --- 2015: 39
6. 69 N131/3000 (Ausland: 33/Inland: 36) --- 2015: 18
5. 22 N100/3300 (Ausland: 14/Inland: 8) --- 2015: 22
7. 10 N131/3300 (Ausland: 0/Inland: 10) --- 2015: 1
Bei Acciona ist das aber schon weitaus schwerer einzuschätzen und hier wird uns dann Nordex hoffentlich genauer informieren bei den Q1-Zahlen. So sah der Auftragsbestand (1.140 MW) von Acciona Ende 2015 aus:
Brasilien 615 MW
Südafrika 285 MW
USA 114 MW
Indien 78 MW
Mexiko 46 MW
Die Auftragseingangsguidance mit 3,4 Mrd. € war meines Erachtens richtig klasse. Da hat sich Nordex so richtig aus dem Fenster gehängt zu einem solch frühen Zeitpunkt im Jahr. Heißt dann wohl, dass man einige Großaufträge im Köcher hat, denn sonst hätte Nordex nicht jetzt schon eine für mich richtig gute Auftragseingangsguidance gebracht. Aber die ist durch die äußerst schwache EBITA-Margenguidance komplett untergegangen. Das betont auch Warbrug Research heute mit "als weitere mögliche Kurstreiber sieht der Experte eine Abkehr von den aktuell doch eher wenig inspirierenden Margenzielen und einen starken Auftragseingang im zweiten Halbjahr".
Bin mal gespannt ob sich die Deutsche Bank auch noch vor den Q1-Zahlen zu Wort melden wird, denn die Quartalsprognosen der Deutschen Bank waren in der Vergangenheit immer gut. Durch die Fondstochter DWS hat ja auch logischerweise die Deutsche Bank auch einen sehr guten Draht zum oberen Nordex-Management.