vwd exklusiv/Faires Emissionsverfahren gesucht
von vwd Korrespondent Rolf Benders
Frankfurt (vwd) - Mehr als 150 Börsengänge wird es in diesem Jahr geben, mutige Schätzungen sprechen sogar von über 300. Schon im vergangenen Jahr erzielten Anleger wie ausgebende Unternehmen gute Erlöse aus diesem Geschäft, aber so richtig zufrieden scheint niemand zu sein. Die Unternehmen beklagen ein enormes Underpricing. Bestes Beispiel für diese Phänomen war zuletzt die Aktie der freenet.de AG, Hamburg. Nach einer Bookbuildingspanne
von 25,00 bis 29,00 EUR wurde das Papier mit 29,00 EUR zugeteilt; der Markt bewertete den Titel aber mit einem ersten Kurs von 68,00 EUR. Aktuell steht das Papier bei rund 107 EUR. Der Emissionserlös hätte also deutlich höher ausfallen können.
Die Anleger, vor allem die privaten, sehen dagegen für sich kaum eine Chance, bei einer Zuteilung zum Zuge zu kommen. Im ersten Halbjahr 2000 will nun die Trius AG, Wiesbaden, mit einem reinen Auktionsverfahren beiden Seiten gerecht werden. Steht das Bookbuilding als Emissionsverfahren also vor dem Aus? Oder muss es nur modifiziert werden?
"Besonders geeignet ist das Auktionsverfahren gerade bei schwierig zu bewertenden Startup- und Wachstumsunternehmen", ist sich Wolfgang Brandt,Vorstandsmitglied der Trigon Wertpapierhandelsbank AG, Wiesbaden, sicher. Das Unternehmen erhalte so einen besseren Gegenwert für seine Aktien, und der Anleger habe eine echte Chance, auch wirklich Anteile zu bekommen. Trigon will im Rahmen ihres ersten Going Public die Trius AG, Wiesbaden, nach diesem Verfahren an den Markt bringen. Dabei soll auf eine Preisspanne
verzichtet werden, jeder Interessent soll sich ausführlich mit dem
Unternehmen und seinem Wert auseinandersetzen und dann limitiert zeichnen. Billigst-Order wird es nicht geben.
Nach Abschluss der Zeichnungsfrist bekommen alle Zeichner, angefangen vom höchsten Gebot so lange eine Zuteilung, bis das Emissionsvolumen "aufgebraucht" ist. Die Höhe des niedrigsten Gebotes, das zum Zuge kommt, bestimmt dabei den Zuteilungspreis. Besteht zu diesem Preis mehr Nachfrage als noch Anteile "übrig sind", wird das verbliebene Angebot anteilig vergeben. Der Zeichner könne damit unabhängig von seinem Namen und der Bank,
bei der er Konten unterhält, zum Zuge kommen, so Brandt. Das Unternehmen erhalte im Gegenzug einen faireren Marktpreis.
Außerdem zwinge dieses Verfahren die Anleger dazu, sich mit der
Gesellschaft auseinanderzusetzen, was dieser treuere Aktionäre beschere. Dies mache den Nachteil wett, dass man bei der Zuteilung die zukünftige Aktionärsstruktur nicht weiter berücksichtige. Dieses Verfahren könne das Bookbuilding in der Zukunft zumindest ergänzen, vielleicht sogar ablösen, meint Brandt. Verhalten bewerten Helmut Achatz vom Deutschen Aktien Institut und Carsten Heyse von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz
e.V. dieses Verfahren.
Beide räumen zwar ein, dass wegen der häufig auftretenden Diskrepanz zwischen Ausgabepreis und erstem Kurs am Markt aus Sicht der Unternehmen über Alternativen nachgedacht werden müsse. Es frage sich aber, ob gerade Privatanleger bei "heißen Emissionen" überhaupt in der Lage seien, einen angemessenen Preis für die Aktie zu ermitteln. Man sehe schließlich, dass dies sogar Profis schwer falle. Ein Ende des Bookbuildings sieht auch die DG
Bank noch nicht gekommen. Kay Steffen, Leiter Equity Capital Markets des Hauses, erwartet eher Modifikationen des bewährten Verfahrens, wie es sie in den USA bereits länger gebe.
Um die Gefahr eines Underpricing zu verringern, seien beispielsweise zuletzt die Preisspannen schon breiter geworden. Bei enormen Überzeichnungen könne es in Zukunft zu einer Anhebung der Spanne kommen. Rechtlichen Implikationen müßte man dafür jedoch vermutlich durch eine Einverständniserklärung der Kunden vorbeugen. Der große Vorteil des Bookbuildingverfahrens sei für die Unternehmen, dass man die zukünftige Aktionärsstruktur und den Sekundärmarkt weitestgehend steuern könne.
vwd/4.1.2000
Wie seht Ihr die Sache wäre eine Auktion fair oder nicht ?
von vwd Korrespondent Rolf Benders
Frankfurt (vwd) - Mehr als 150 Börsengänge wird es in diesem Jahr geben, mutige Schätzungen sprechen sogar von über 300. Schon im vergangenen Jahr erzielten Anleger wie ausgebende Unternehmen gute Erlöse aus diesem Geschäft, aber so richtig zufrieden scheint niemand zu sein. Die Unternehmen beklagen ein enormes Underpricing. Bestes Beispiel für diese Phänomen war zuletzt die Aktie der freenet.de AG, Hamburg. Nach einer Bookbuildingspanne
von 25,00 bis 29,00 EUR wurde das Papier mit 29,00 EUR zugeteilt; der Markt bewertete den Titel aber mit einem ersten Kurs von 68,00 EUR. Aktuell steht das Papier bei rund 107 EUR. Der Emissionserlös hätte also deutlich höher ausfallen können.
Die Anleger, vor allem die privaten, sehen dagegen für sich kaum eine Chance, bei einer Zuteilung zum Zuge zu kommen. Im ersten Halbjahr 2000 will nun die Trius AG, Wiesbaden, mit einem reinen Auktionsverfahren beiden Seiten gerecht werden. Steht das Bookbuilding als Emissionsverfahren also vor dem Aus? Oder muss es nur modifiziert werden?
"Besonders geeignet ist das Auktionsverfahren gerade bei schwierig zu bewertenden Startup- und Wachstumsunternehmen", ist sich Wolfgang Brandt,Vorstandsmitglied der Trigon Wertpapierhandelsbank AG, Wiesbaden, sicher. Das Unternehmen erhalte so einen besseren Gegenwert für seine Aktien, und der Anleger habe eine echte Chance, auch wirklich Anteile zu bekommen. Trigon will im Rahmen ihres ersten Going Public die Trius AG, Wiesbaden, nach diesem Verfahren an den Markt bringen. Dabei soll auf eine Preisspanne
verzichtet werden, jeder Interessent soll sich ausführlich mit dem
Unternehmen und seinem Wert auseinandersetzen und dann limitiert zeichnen. Billigst-Order wird es nicht geben.
Nach Abschluss der Zeichnungsfrist bekommen alle Zeichner, angefangen vom höchsten Gebot so lange eine Zuteilung, bis das Emissionsvolumen "aufgebraucht" ist. Die Höhe des niedrigsten Gebotes, das zum Zuge kommt, bestimmt dabei den Zuteilungspreis. Besteht zu diesem Preis mehr Nachfrage als noch Anteile "übrig sind", wird das verbliebene Angebot anteilig vergeben. Der Zeichner könne damit unabhängig von seinem Namen und der Bank,
bei der er Konten unterhält, zum Zuge kommen, so Brandt. Das Unternehmen erhalte im Gegenzug einen faireren Marktpreis.
Außerdem zwinge dieses Verfahren die Anleger dazu, sich mit der
Gesellschaft auseinanderzusetzen, was dieser treuere Aktionäre beschere. Dies mache den Nachteil wett, dass man bei der Zuteilung die zukünftige Aktionärsstruktur nicht weiter berücksichtige. Dieses Verfahren könne das Bookbuilding in der Zukunft zumindest ergänzen, vielleicht sogar ablösen, meint Brandt. Verhalten bewerten Helmut Achatz vom Deutschen Aktien Institut und Carsten Heyse von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz
e.V. dieses Verfahren.
Beide räumen zwar ein, dass wegen der häufig auftretenden Diskrepanz zwischen Ausgabepreis und erstem Kurs am Markt aus Sicht der Unternehmen über Alternativen nachgedacht werden müsse. Es frage sich aber, ob gerade Privatanleger bei "heißen Emissionen" überhaupt in der Lage seien, einen angemessenen Preis für die Aktie zu ermitteln. Man sehe schließlich, dass dies sogar Profis schwer falle. Ein Ende des Bookbuildings sieht auch die DG
Bank noch nicht gekommen. Kay Steffen, Leiter Equity Capital Markets des Hauses, erwartet eher Modifikationen des bewährten Verfahrens, wie es sie in den USA bereits länger gebe.
Um die Gefahr eines Underpricing zu verringern, seien beispielsweise zuletzt die Preisspannen schon breiter geworden. Bei enormen Überzeichnungen könne es in Zukunft zu einer Anhebung der Spanne kommen. Rechtlichen Implikationen müßte man dafür jedoch vermutlich durch eine Einverständniserklärung der Kunden vorbeugen. Der große Vorteil des Bookbuildingverfahrens sei für die Unternehmen, dass man die zukünftige Aktionärsstruktur und den Sekundärmarkt weitestgehend steuern könne.
vwd/4.1.2000
Wie seht Ihr die Sache wäre eine Auktion fair oder nicht ?