Deutschland muss noch an seiner Zukunftsfähigkeit arbeiten.
Dienstag, 18.07.2017 15:41 von | Aufrufe: 2548

Deutschland ist zukunftsfähig – doch es gibt Verbesserungsbedarf

Deutschland muss noch an seiner Zukunftsfähigkeit arbeiten. - © istock.com/NicoElNino

Es ist unumstritten, dass es Deutschland in letzter Zeit ziemlich gut geht. Die Zahlen des Arbeitsmarktes sowie des Exporthandels belegen dies. Doch ist das Land zukunftsfähig? Was genau macht überhaupt die Zukunftsfähigkeit eines Landes aus? Wichtige Aspekte bei diesen Themen sind die Einkommensverteilung, das Sozialsystem, die Innovationsfähigkeit sowie die Nachhaltigkeit.

Deutschland zählt zu den Spitzenreitern in Sachen Zukunftsfähigkeit

Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge zählt Deutschland zu den zukunftsfähigsten Ländern der Welt. Unter den 41 untersuchten Ländern belegt Deutschland in der Studie von 2016 den sechsten Platz und liegt somit vor einigen europäischen Ländern, unter anderem Großbritannien und Frankreich. Dabei belegen die USA, die größte Volkswirtschaft der Welt, den 26. Platz und liegen somit weit hinten in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit. Der sechste Rang im internationalen Vergleich ist zwar gut, jedoch ergibt eine genauere Untersuchung der genannten Punkte Anlass zum Nachdenken, denn das Land ist wohl in einigen Bereichen doch nicht so zukunftsfähig, wie es vielleicht scheint.

Der Arbeitsmarkt und die Einkommensverteilung

Laut der Bertelsmann-Studie sieht es beim Arbeitsmarkt für Deutschland gut aus. So belegt das Land beispielsweise im Bereich Jugendarbeitslosigkeit den zweiten Platz und liegt mit einer Quote von 7,2 Prozent nur noch hinter Japan. Allgemein sei die Beschäftigungsquote aktuell so hoch wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Doch DIW-Chef Marcel Fratzscher sieht trotz der genannten Punkte Grund zur Sorge. So nannte er in einem Interview mit ,,Deutschlandfunk Kultur‘‘seine Kritikpunkte an der  deutschen Wirtschaft. Zum einen sei der Wirtschaftsaufschwung an einigen Arbeitnehmern vorbeigegangen, denn die Reallöhne seien heute geringer als vor 15 Jahren. Am Arbeitsmarkt sei die Beschäftigungslage vieler Arbeitnehmer außerdem prekär, es gebe mehr Teilzeit und Kurzzeitverträge, die dazu führten, dass nicht alle am Wirtschaftsaufschwung teilhaben könnten. Diese Punkte schwächen laut Fratzscher nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern tragen auch zur steigenden Einkommensungleichheit in Deutschland bei.

Einkommensgleichheit war schon immer ein bewegendes Thema, politisch und gesellschaftlich zugleich. Doch auch wirtschaftlich ist die Einkommensungleichheit in Deutschland von Bedeutung. Einer Studie des DIW von 2016 zufolge entgehen dem Land durch die Einkommensungleichheit jährlich Milliardenbeträge. Der Studie zufolge gehe seit 1991 die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Aus der Studie geht unter anderem hervor, dass das Bruttoinlandsprodukt 2015 um etwa 50Milliarden Euro niedriger gelegen habe als bei einer gleichbleibenden Einkommensverteilung. Zudem dämpfe die Einkommensgleichheit den Konsum, da die Höchstverdiener einen Großteil ihres Einkommens sparen würden.

Das Sozialsystem – nicht mehr zukunftsträchtig?

In der Bertelsmann-Studie erntet auch das deutsche Sozialsystem besondere Kritik. Vor allem die Rente mit 63 wird dabei stark kritisiert, da sie zu Lasten der jüngeren Generationen gehe und somit ein falsches Signal sende. In Bezug auf die Rentenpolitik belegt Deutschland der Studie zufolge lediglich den 30. Platz im internationalen Vergleich. Das Verhältnis der Über-65-Jährigen zur Arbeitsbevölkerung ist der Studie nach auch ernüchternd hoch: mit einem Altenquotient von 31,95 liegt Deutschland auf dem 38. Platz von 41. Auch DIW-Chef Fratzscher kritisiert das Rentensystem und fordert mehr Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die schrumpfende Arbeitsbevölkerung produktiver zu machen. Nur so könne das Rentensystem weiterhin funktionieren, sagt Fratzscher.

Auch die Armutsrate zählt zu den Risikofaktoren in Deutschland. Der Bertelsmann-Studie zufolge verdienen 10,5 Prozent aller Arbeitnehmer weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens in Deutschland und liegen somit unter der Armutsgrenze. Damit ist Deutschland auf Platz 21 im Vergleich zu den anderen Ländern.

Innovationsfähigkeit

Die Innovationsfähigkeit zählt zu den Stärken Deutschlands. In der Bertelsmann-Studie steht Deutschland hierbei auf Rang sechs, gemessen an den Patentanmeldungen. Das Land kommt auf 225 Patentanmeldungen pro eine Million Einwohner. Doch trotz der Innovationsstärke hinken die Investitionen wohl noch hinterher. Fratzscher klagt über eine ,,riesige Investitionsschwäche‘‘ die aktuell in Deutschland herrscht. Ohne verstärkte Investitionen könne man laut Fratzscher nicht garantieren, dass es dem Land in Zukunft noch so gut geht wie heute.  

Auch in der Nachhaltigkeit ist Deutschland stark

In Sachen Nachhaltigkeit punktet Deutschland jedoch ohne Wenn und Aber. Mit einer Recycling-Quote von 46,6 Prozent liegt Deutschland nur noch hinter Südkorea im internationalen Vergleich.  Zwar ergeben unterschiedliche Studien auch, dass es hierbei Luft nach oben gibt, doch mit einem  zweiten Platz im internationalen Vergleich steht Deutschland in Bezug auf die Nachhaltigkeit gut da.


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Was bedeutet das für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands?

Deutschland ist ein starkes Land, jedoch mit großem Verbesserungsbedarf. Das Land ist zwar an der Spitze, was die Innovationen betrifft, doch bezogen auf das Sozialsystem gibt es Luft nach oben.  Zudem werden wohl weitere Innovationen notwendig sein, um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu bewahren und das Sozialsystem zu erhalten. Die Produktivität der Arbeitsbevölkerung muss unter anderem durch verstärkte Investitionen gesteigert werden, sowohl um das Sozialsystem weiterhin zu ermöglichen als auch um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu gewährleisten. Am Arbeitsmarkt sind ebenfalls Reformen notwendig, denn die sinkenden Reallöhne und prekären Beschäftigungsverhältnisse vieler Arbeitnehmer geben Grund zur Sorge. Zwar ist das Land ziemlich gut aufgestellt, doch um seine Position als Vorreiter bei der Zukunftsfähigkeit zu halten, kommt auf Deutschland noch viel Arbeit zu.

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