Dienstag, 27.03.2018 17:00 von Alexander Coenen | Aufrufe: 730

Biofrontera AG - Das Vorstandsinterview

VORSTANDSINTERVIEW MIT PROF. DR. HERMANN LÜBBERT (CEO) UND THOMAS SCHAFFER (CFO) DER BIOFRONTERA AG (27.03.2018)

Die Biofrontera AG ist ein biopharmazeutisches Unternehmen mit Hauptsitz in Leverkusen, das auf die Entwicklung und den Vertrieb dermatologischer Medikamente und medizinischer Kosmetika spezialisiert ist. Das Flaggschiff des Produktportfolios ist das Medikament Ameluzâ, das zur Behandlung von Hautkrebs verschrieben wird und in Amerika und Europa zugelassen ist.

 

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Wurde Ameluzâ komplett „in-house“ entwickelt oder hat die Biofrontera AG das Medikament in einem frühen Entwicklungsstadium eingekauft? Welche Kosten sind mit der bisherigen Entwicklung verbunden und mit welchen Kosten muss für die Weiterentwicklung (Zulassung in zusätzlichen Ländern und Studie zur Behandlung des superfiziellen Basalkarzinoms in Amerika) gerechnet werden?

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

Ameluzâ wurde von uns komplett eigenständig entwickelt, wir haben aber ein Basispatent zu der Idee der Kombination von Nanoemulsionen und Aminolävulinsäure gekauft. Wir sind damit das erste deutsche gründergeführte Pharmaunternehmen, das es geschafft hat, in Europa und den USA die Zulassung für ein eigenentwickeltes Medikament zu bekommen. Darauf sind wir sehr stolz. Die reinen Entwicklungskosten für das Medikament sind schwer zu beziffern, da parallel eine Struktur aufgebaut werden muss, ohne die man keine Pharmaentwicklung machen darf. Um anschließend Medikamente zu vermarkten, müssen weitere Strukturen aufgebaut und aufrechterhalten werden, die für ein pharmazeutisches Unternehmen erforderlich und vorgeschrieben sind. In den ersten Jahren sind auch die Investitionen in Vertrieb und Marketing so hoch, dass das Produkt noch nicht kostendeckend verkauft werden kann. Unsere aufgelaufenen Verlustvorträge geben Ihnen einen guten Gesamteindruck.

 

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Hinsichtlich der Einnahmen durch Ameluzâ wäre es schön zu wissen, welches Marktpotenzial die Indikationen Aktinische Keratose und Basalzellkarzinom in Europa und den USA haben beziehungsweise welches Umsatzpotenzial sich die Biofrontera AG in diesen beiden Märkten erhofft.

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

In Europa wurden 2016 bei der Aktinischen Keratose etwa 2,1 Mio. Behandlungen durchgeführt - davon aber lediglich 120.000, also nur ein kleiner Teil, mit Photodynamischer Therapie (PDT). Allein dies entspricht bereits einem Wert von etwa 22 Mio. Euro. Den größten Anteil der Behandlungen in Europa machen immer noch topische Medikamente aus. Das sind Cremes, die der Patient selbst auftragen kann. Insbesondere in Deutschland wird die konventionelle PDT nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Da wir in Europa jedoch kürzlich die Zulassung für die PDT mit Tageslicht erhalten haben, fällt unser Produkt nun in den Erstattungsbereich der gesetzlichen Krankenkassen und wir können mit diesen Cremes konkurrieren. Wenn es uns beispielsweise gelänge, den topischen Medikamenten in Deutschland und Spanien, wo wir eigene Außendienste haben, nur 10% Marktanteil wegzunehmen, wären das bereits 13 Mio. Euro Umsatz zusätzlich.

 

In Amerika ist der Markt natürlich noch sehr viel größer. Hier gab es 2016 ca. 12,6 Mio. Aktinische Keratose-Behandlungen, davon etwa 370.000 mit PDT. In Amerika werden die meisten Patienten noch mit Kryotherapie, also Vereisung mit flüssigem Stickstoff, behandelt. Doch auch hier haben wir kürzlich einen Durchbruch erzielt. Seit 2018 gibt es neue Abrechnungscodes für die PDT, die erstmals deutlich über denen der Kryotherapie liegen. Die PDT als Behandlungsoption gewinnt nun für den Arzt deutlich an Attraktivität. Wenn die Ärzte zukünftig nur ein Prozent der AK-Patienten mit PDT anstelle von Kryotherapie behandeln, sind das bereits 30 Mio. US-Dollar mehr an Umsatz. Hier versprechen wir uns mittelfristig ein enormes Umsatzwachstum.

 

Der Markt für Basalzellkarzinome (BCC) ist auf beiden Kontinenten kleiner als für Aktinische Keratosen. Trotzdem werden in USA pro Jahr ca. 3-4 Millionen Patienten mit Basalzellkarzinomen behandelt. Etwa ein Drittel dieser BCCs könnte man auch mit PDT behandeln. Darüber hinaus erhöht die Zulassung für BCC, also für einen echten Tumor und nicht nur eine Vorstufe, auch deutlich die Reputation des Medikaments für die Behandlung von AKs.

Ameluzâ und die PDT haben über die Aktinische Keratose und das Basalzellkarzinom hinaus das Potenzial für weitere Indikationen, wie z.B. Akne oder Wundheilung. Das sind Indikationserweiterungen, die wir in den nächsten Jahren anstreben werden.

 

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Können Sie uns ein wenig mehr über den Vertrieb des Produktes in Amerika und Europa verraten? Wie groß sind die jeweiligen Teams und werden auch externe Vertriebler genutzt?

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

In USA haben wir bereits im April 2015 unsere Tochtergesellschaft, die Biofrontera Inc. gegründet. So konnten wir frühzeitig Marktanalysen durchführen und erste Strukturen für die Vermarktung in USA aufbauen. Wir haben dann entschieden, den Vertrieb nicht an Lizenzpartner abzugeben, sondern selbst in die Hand zu nehmen. Eine große Aufgabe, doch wir wollten, nachdem wir so weit gekommen sind, nicht einen Großteil der zukünftigen Gewinne an Dritte abgeben müssen. Nach dem Erhalt der Zulassung im Mai 2016 haben wir unsere Geschäftsstelle in Wakefield in der Nähe von Boston angemietet und begonnen, ein hochqualifiziertes Team in USA aufzubauen. Heute beschäftigen wir in USA bereits über 50 Mitarbeiter, davon ca. 35 im Vertrieb, der nahezu die gesamte USA abdeckt.

 

In Europa vertreiben wir unser Produkt in den für uns wichtigsten Märkten Deutschland und Spanien selbst. In einigen anderen Ländern der EU sowie Israel und Schweiz arbeiten wir mit Lizenzpartnern zusammen.

 

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Wie sieht denn der Umsatz-Mix im laufenden Jahr aus – welcher Beitrag wird durch die drei Produkte Ameluzâ, Belixosâ und BF-RhodoLEDâ erwirtschaftet und stellt die Biofrontera AG ihr Know-how auch anderen Gesellschaften gegen Entgelt zur Verfügung?

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

Wir verdienen unser Geld ganz klar mit unserem Medikament Ameluzâ. Belixosâ und BF-RhodoLEDâ machen zusammen nicht einmal 5% des Umsatzes aus.

 

Im Juli 2016 sind wir mit dem japanischen Pharmaunternehmen Maruho, unserem größten Shareholder, eine Forschungskooperation eingegangen. Gemeinsam wollen wir, basierend auf unserer Nanoemulsions-Technologie, vier neue Produktkandidaten untersuchen. Wir sind aber kein Auftragsentwickler, der eine Technologie-Plattform oder ähnliches für andere Firmen zur Verfügung stellt.

 

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In der Entwicklungs-Pipeline befindet sich das Produkt „BF-1“, das als Tablette zur Migräneprophylaxe entwickelt wird und sich derzeit in der klinischen Phase I befindet. Darf das Produkt als Schritt zur Diversifikation des Produktportfolios weg von der Kernkompetenz im Bereich der Dermatologie verstanden werden? Wann könnte hier ein Markteintritt erfolgen?

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

Wir haben zwei Entwicklungsprojekte, BF-1, eine Migräneprophylaxe, und BF-Derm1, ein Medikament zur Behandlung von schwerer chronischer Nesselsucht, die beide nicht im Fokus unserer derzeitigen Geschäftsstrategie stehen. Beide wurden in eigene Tochtergesellschaften ausgegliedert und werden derzeit nicht weiter verfolgt.

 

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Sofern unser Bloomberg-Terminal korrekte Daten liefert, notieren die Aktien der Biofrontera AG seit dem 13. Februar 2018 auch an der Nasdaq. Dieses Zweitlisting wird ja durch die Deutsche Balaton ein wenig thematisiert. Wie hoch waren die einmaligen Kosten für das Zweitlisting und wie hoch sind die fortlaufenden Kosten (Berichterstattung, Market Making, Börsenkosten, etc.) für die Zweitnotiz?

 

Thomas Schaffer

Die einmaligen Kosten für das Listing betrugen ca. 1,8 Mio. US-Dollar, so ist es auch im US Zulassungsprospekt vermerkt. Darin enthalten sind unter anderem die Kosten für die Registrierung bei der SEC, die Listingkosten für FINRA und NASDAQ und die Kosten für Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung. Die laufenden jährlichen Kosten des Nasdaq-Listings betragen inklusive Gebühren für die Nasdaq und zusätzliche Kosten für die Wirtschaftsprüfung und die Berichterstattung an die SEC ca. 200 bis 300 Tausend Dollar.

 

Wenn man sich den Wertsprung ansieht, den das Unternehmen im Rahmen dieses Listings gemacht hat, ist das schon jetzt ein Vielfaches von dem, was es gekostet hat. Allein in der Zeit zwischen dem Listing-Beschluss und dem Tag nach der Notierungsaufnahme an der Nasdaq hat sich unser Aktienkurs um mehr als 40% erhöht. Durch das Listing haben wir darüber hinaus direkten Zugang zum wichtigsten und größten Kapitalmarkt der Welt, und es erhöht die Sichtbarkeit und Kredibilität unseres Unternehmens in unserem wichtigsten Zukunftsmarkt.

 

Die Deutsche Balaton verfolgt bei diesem wie auch bei anderen die Biofrontera betreffenden Themen Einzelinteressen, die darauf abzielen, sich eigene Vorteile zu Lasten anderer Aktionäre oder der Gesellschaft zu verschaffen. Wir haben bisher verhindert, dass die Deutsche Balaton in dieser Richtung erfolgreich war und werden das auch weiterhin tun.

 

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Hinsichtlich der Aktionärsstruktur: Rund ein Viertel der Aktien liegen derzeit in Händen deutscher Aktionäre. Wie hoch ist derzeit der prozentuale Anteil an Aktionären aus Amerika und welche Maßnahmen sind geplant um die Aktie dort bekannt zu machen bzw. im Kopf der Investoren zu behalten? Mal abgesehen von SMC Research aus Münster gibt es derzeit kein Coverage der Biofrontera Aktien. Ist hier die Vergabe weiterer Research-Mandate – vor allem im angelsächsischen Raum – geplant?

 

Thomas Schaffer

Was die Investor Relations angeht, so haben wir in den vergangenen Jahren bereits viel in USA unternommen. Bei Roadshows und Konferenzen führen wir umfassende persönliche Gespräche mit US-Investoren und unsere Unternehmensmitteilungen werden in englischer Sprache auch über die US-Wires verbreitet. Die US-Investoren mussten bisher nur, wenn sie in uns investieren wollten, den Umweg über Deutschland nehmen. Dies ist nun durch das Listing von ADRs in USA gelöst. Daher haben wir vor, unser Engagement in USA in Zukunft noch zu verstärken. Inzwischen gibt es auch veröffentlichtes Research einer US-Bank. Raymond Myers von The Benchmark Company hat erst kürzlich seinen Initiation Report veröffentlicht. Wir erwarten, dass in Kürze auch Research von anderen Häusern in den USA veröffentlicht wird.

 

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Wenngleich Sie das Thema sicherlich nicht mehr hören können, gestatten Sie uns dennoch eine kurze Frage zur Deutschen Balaton: Seit wann gehört die Deutsche Balaton zum Aktionärskreis und wie kam es zu dem Engagement der Beteiligungsgesellschaft?

 

Thomas Schaffer

Die Deutsche Balaton hat bereits im Jahre 2015 über Tochtergesellschaften in die Biofrontera investiert, ist aber zunächst als Investor nicht sichtbar geworden. Ende 2015 haben sie dann von einem anderen Aktionär ein Aktienpaket erworben und anschließend ihren Anteil bei zwei Kapitalerhöhungen Ende 2015 und Anfang 2016 weiter ausgebaut.

 

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Mit welchen börsennotierten Unternehmen ist die Biofrontera AG am ehesten vergleichbar und wie sieht die Bewertung im direkten Vergleich basierend auf den klassischen Multiplen aus?

 

Thomas Schaffer

Einige vergleichbare an der Nasdaq gelistete Unternehmen wären Acasti Pharma, Achaogen, Akcea, Amarin, Capricor, Conatus Pharma, Dicerna, Calmed, Esperion, Genfit, Myocardia und eine ganze Reihe anderer. Die EV/Revenue Ratio, soweit diese Unternehmen bereits Umsatz erzielen, liegt in einer relativ großen Spanne zwischen 4 und 80.

 

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Können Sie uns abschließend noch drei gute Gründe nennen, warum sich ein Engagement in Aktien der Biofrontera AG lohnen sollte?

 

Prof. Dr. Hermann Lübbert

Wir verfolgen seit Jahren erfolgreich einen langfristigen Plan, und haben einen Meilenstein nach dem anderen erreicht. Alle Zeichen stehen jetzt auf erfolgreiches weiteres Wachstum:

 

1) Unser Medikament Ameluzâ ist hochwirksam sowohl bei der Aktinischen Keratose als auch beim Basalzellkarzinom. Die großflächige Behandlung der Feldkanzerisierung führt darüber hinaus zu einem hervorragenden kosmetischen Ergebnis und reduziert die lichtinduzierten Zeichen von Hautalterung.

2) Durch die Anfang 2018 erreichten Meilensteine Tageslicht-PDT in Europa und verbesserte Abrechnungscodes in USA ergibt sich für Ameluzâ in USA und Europa ein enormes Marktpotenzial.

3) Unsere Investitionen zur Erweiterung der Indikationen von Ameluzâ werden das Marktpotenzial über die heute schon durch die Zulassung abgedeckten Märkte hinaus enorm vergrößern.

 

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Herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

 

Quelle: https://www.traderforum.de/showthread.php?9474-Biofrontera-Das-Interview

 


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Capital Lounge GmbH
Alexander Coenen begann seine Karriere im Bereich der Unternehmensbewertung. Namhafte Anlegermagazine kürten ihn mehrfach zum Small-Cap-Experten Deutschlands. Heute ist er im Bereich der Aktienanalyse und der Durchführung von Börsengängen tätig.
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