Artikel aus der Euro am Sonntag:
Blau-schwarze Seiten mit orangem Schriftzug verkünden galaktisch günstige Preise – Vorhang auf für Saturn: Die Metro-Tochter feiert Millenniums-Ausverkauf. PCs gehen weg wie warme Semmeln. Doch hinter dem Vorhang ist die Freude geteilt: Saturn verdient; die Großhändler, die die Kisten liefern, müssen darben. Die starke Konkurrenz drückt ihren
Profit auf unter zwei Prozent des Umsatzes.
Das zwingt zur Expansion. Lintec-Konkurrent Maxdata
etwa beliefert neben dem Fachhandel seit Juni auch
Vobis, die Computerkette des Metro-Konzerns, und
hat auf den französischen Markt expandiert. Dennoch
halbierte sich der Kurs der Aktie seit Börsendebüt.
„Kistenschrauber und -schieber“ gelten als langweilige
Anlage. Cool ist nur, wer seine Computer mit
spektakulären Verkaufsaktionen verscherbelt.
Beispiel: Medion mit seinem Aldi-Rechner. Das
beflügelt auch den Kurs. „Der Verkauf ist Kult“, lobt
Deutsche Bank-Analyst Markus Krämling. Dennoch
stuft er die Medion-Aktie mangels Kurschancen als
„durchschnittlich“ zurück.
„Kursverfall von Lintec steht im Widerspruch zu den
Perspektiven“
Wer aus der Branche hat für Analysten überhaupt noch Kurspotenzial? „Lintec“, sagt Christoph Tenhagen, IT-Spezialist beim Bankhaus Lampe. Denn der PC-Hersteller und Großhändler fährt im Verkauf an den Fachhandel beachtliche Gewinne ein. „Die Kursentwicklung steht im Widerspruch zu den Perspektiven“, so Tenhagen. Sein Kursziel:
160 Euro.
Ein Einstieg könnte sich also lohnen. Von Januar bis September hat das Unternehmen aus Taucha bei Leipzig den Gewinn vor Steuern um 50 Prozent auf 2,9 Milionen Mark steigern und ist mit einer Eigenkapitalquote von 51 Prozent für Aqusitionen gut gerüstet. Zusätzlich erwartet Analyst Tenhagen für 2000eine spektakuläre Steigerung des Gewinns:
von voraussichtlich 1,71 für 1999 auf 4,1 Euro.
Mit klug eingefädelten Akquisitionen will Gründer Hans Dieter Lindemeyer seine Firma zum Technologie-Konzern ausbauen: „Wir wollen mehr als nur Computer zusammenschrauben und verkaufen.“ Schon jetzt sind die Sachsen an Software- oder Telematik-Firmen beteiligt, verfügen auch über eine Tochter für Risikokapital.
Doch erstmal musste Lintec größer werden, um bei Zulieferern günstiger einkaufen zu können. So übernahm Lindemeyer 1998 zunächst 51 Prozent der auf 34 Millionen Mark geschätzen Batavia Multimedia GmbH – für 4,3 Millionen. Damit hat Lintec (138 Millionen Mark Umsatz) seine Verkäufe mehr als verdoppelt. Chip-Produzent Intel bietet jetzt deutlich bessere Konditionen, mit Microsoft steht man vor einer Einigung. Und Lintec
beliefert über die Batavia-Marke Profex nun auch Einzelhandels-Ketten. Batavia will Lindemeyer zur „kleinen Medion“ ausbauen und an die Börse bringen. Wie bei der Konkurrenz sollen Profex-Computer kostengünstig von Fremdfirmen produziert werden. Batavia gehört seit der Kapitalerhöhung im September ganz zu Lintec, für weniger als zehn Millionen Mark.
Die Batavia-Tochter Pixelnet soll den Fotomarkt revolutionieren
Ein Investition in die Zukunft: Batavia ist mehr als ein Computerhändler: Über die Tochter Pixelnet will man ab 2000 Fotohandel und -entwicklung revolutionieren. Eigene Software – sie wird mit Lintec-Produkten kostenlos mitgeliefert – soll die Bearbeitung von Bildern am Computer zu Hause möglich machen. Mit Pixelnet – der Börsengang ist für Mitte 2000
geplant – will man zehn Prozent des Amateurfotomarktes (fünf Millionen Bilder pro Jahr) belegen. Die Fotos können über Internet an ein Labor versandt werden und kommen später als Abzüge mit der Post zurück. Passend dazu kaufte Lintec im Oktober den Filmhersteller Orwo.
Doch noch verdienen die Sachsen vor allem mit der Hausmarke Lintec. Die Computer werden in eigenen Betrieben gefertigt und an rund 6000 Fachhändler geliefert. Denn: „Beratung ist hier so wichtig, wie im Massenmarkt der günstige Preis“, erklärt DG-Bank-Analyst Jochen Lins die ordentlichen Verdienstspannen. Dazu kommt nun auch der profitable Handel mit Notebooks. Lintec kaufte 80 Prozent der RFI Elektronik, und hat
seine Kundenschar verdreifacht.