Nachrichten
Amerikanischer Angriff auf iranische Ziele *
Vergeltung für den Raketenbeschuss gegen umgeflaggten Tanker
Als Vergeltungsschlag gegen Iran hat die amerikanische Schutzflotte nach Angaben des Pentagons zwei Ölplattformen angegriffen. Es hiess, die Plattform Rustam sei mir Schiffsartillerie vernichtet worden; eine benachbarte Plattform wurde von Marinesoldaten geentert, die dort Funkanlagen zerstörten. Die beiden Anlagen, etwa 120 Seemeilen östlich von Bahrain, dienten nach amerikanischer Darstellung als Stützpunkt für die Marine der Revolutionswächter.
Erläuterungen Weinbergers im Pentagon *
Verteidigungsminister Weinberger hat im Pentagon den vergleichsweise milden Vergeltungsschlag der US Navy im Persischen Golf erläutert und zugleich betont, dass ohne neue iranische Attacken das Kapitel damit abgeschlossen sei. Im Weissen Haus machte der Sprecher Marlin Fitzwater im Namen Reagans klar, die Vereinigten Staaten hätten kein Interesse daran, mit dem Iran Feindseligkeiten zu beginnen. Weinberger und Fitzwater bezeichneten die Aktion als "angemessen, verhältnismässig und zurückhaltend" und verwiesen darauf, dass es sich um ein militärisches Ziel gehandelt habe. Die Administration nimmt damit einerseits auf die Stimmung im Kongress Rücksicht, wo man wieder eine langsame Eskalation à la Vietnam befürchtet, andererseits will man weiterhin nicht die Möglichkeit einer Beendigung des Kriegs zwischen Iran und dem Irak verbauen.
Wirtschaft
Der Dollar als Spielball zwischen Baker und Pöhl *
Der Dollar hat in Zürich mit Fr. 1.4755/65 über dem Tagestief von 1.4695/4705 geschlossen, lag aber weiterhin deutlich unter dem Stand von noch Fr. 1.4950/60 vom Freitag abend. Die amerikanische Währung hatte wegen der von US-Finanzminister James Baker gegenüber der Politik der höheren Zinsen der Bundesrepublik Deutschland geäusserten Kritik über das Wochenende einen Schwächeanfall erlitten.
Schweigen in Bonn und Frankfurt zu Bakers Kritik *
Zu der Kritik des amerikanischen Finanzministers Baker an der deutschen Zins- und Geldpolitik und der Feststellung, man müsse vor dem Hintergrund dieser Entwicklung das Louvre-Abkommen überprüfen, gab es in Bonn und Frankfurt nur spärliche Reaktionen. Finanzminister Stoltenberg liess durch seinen Pressesprecher wissen, dass die Bonner Regierung zuversichtlich ist bezüglich einer Fortführung der im Rahmen des Louvre-Abkommens vereinbarten Kooperation. Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl wird möglicherweise am Dienstag in einer Adresse an die International Capital Market Conference in Frankfurt auf die jüngste Entwicklung eingehen.
Börse
Relativ moderate Korrektur ohne Panik in Tokio *
Die Kurseinbrüche an der Wallstreet haben Kabutocho, Tokios Börsendistrikt, erst am Montag erschüttert. Das Beben, das durch eine neuerliche, als konjunkturgefährdend interpretierte Verteuerung des Yen verstärkt wurde, hielt sich aber in relativ engen Grenzen und löste keine Panik aus. Der 225 Titel der ersten Sektion berücksichtigende Nikkei-Index, der letzten Mittwoch noch ein Rekordniveau erreicht und auf die darauffolgenden "Taucher" in New York lediglich mit einer Seitwärtsbewegung (im Wochenvergleich) reagiert hatte, sackte zwar absolut um imposante 620,18 Yen auf 25'746,56 Yen ab, doch entsprach das lediglich dem sechstgrössten absoluten Tagesrückschlag an der traditionell äusserst volatilen Tokioter Börse.
Erst recht nicht "apokalyptisch" wirkt der relative Taucher des Nikkei von 2,35%; der schlimmste prozentuale Kurssturz an einem Tag war in Tokio 1953 zu verzeichnen gewesen, als die Aktienkurse ob der Nachricht vom Tode Stalins um 10% einbrachen.
Trotz der Korrekturbewegung vom Montag haben sich der Nikkei- und TSE-Index seit Ende 1986 immer noch um überaus stattliche 37,2% bzw. 35,0% verbessert, nachdem sie bereits im Vorjahr um 40% bzw. fast 50% zugelegt hatten.
Rapider Zerfall in Zürich *
Mit einem Kursverlust von 10,8% nach Massgabe des Bankverein-Indexes und von 11,3% gemessen am neuen SwissIndex nimmt die Zürcher Börse unter den geschädigten ausseramerikanischen Börsenplätzen einen Spitzenplatz ein. Es ist denn auch das Ausmass dieses Einbruchs, der, da für hiesige Verhältnisse ungewohnt, eine beträchtliche Schockwirkung hinterliess. Zwar hatten Analytiker am Freitag bereits eine weitere Korrektur in Aussicht gestellt, sollte die New Yorker Leitbörse die Woche mit einem Kursabbau grösseren Stils beenden. Doch hatte offenbar niemand mit einer derart scharfen Korrektur gerechnet. Diese hinterlässt - so ist aus Kommentaren aus Börsenkreisen zu schliessen - einen um so dumpferen Nachhall, als eine vom Ursprung her nicht genau zu ortende und deshalb auch weitestgehend unkontrollierbare Verkaufswelle eine durchaus bestehende Nachfrage buchstäblich überrollte.
Neben der negativen Vorgabe aus New York drückte im besonderen der nachgebende Dollar auf die Stimmung. Vereint hatten diese Einflüsse zur Folge, dass eine ganze Reihe von Titeln abgeläutet werden mussten, weil sie mehr als 10% tiefer eröffneten. Dieser Tatbestand und auch ein hohes Umsatzvolumen führten dazu, dass sich der Handel weit über die offizielle Handelszeit hinaus bis 17.00 Uhr erstreckte - mit dem Effekt, dass die ersten Handelsstunden an der Wallstreet nochmals auf den hiesigen Handel durchschlugen.
Frankfurt *
In Frankfurt gab das Kursniveau um durchschnittlich 8% nach, wobei die Verluste bei zahlreichen Blue Chips ausgeprägter waren. Wegen des erheblichen Verkaufsdruckes und um das enorme Umsatzvolumen bewältigen zu können, mussten die Börsenzeiten an den acht deutschen Plätzen um eine halbe Stunde auf 14 Uhr verlängert werden.
Panikstimmung in London: 12%-Einbruch ***
Auch in London war das Börsengeschehen am Montag von Panikstimmung gekennzeichnet. Innerhalb der ersten Börsenminuten verlor der Financial Times 100 führender Aktienwerte, der FTSE, über 80 Punkte. Bis zum Mittag hatte sich der Verlust auf über 200 Punkte ausgeweitet. Als dann noch die Wallstreet erneut schwach eröffnete und die US-Angriffe auf die iranische Militärinstallationen bekannt wurden, gab es auch in London kein Halten mehr. Bis zum frühen Nachmittag hatte der FTSE über 290 Punkte eingebüsst, mehr als das Vierfache seines bisherigen Rekordverlusts an einem Tag und über 12% gegenüber Vorwochenschluss. Analysten beziffern den Kursverlust auf über 50 Mrd. Pfund.
Massivster Einbruch aller Zeiten *
Die New Yorker Aktienbörse hat am Montag rund eineinhalb Stunden vor Schluss bei einem absoluten Rekordvolumen - es wurden rund 605 Mio. Stück umgesetzt - schwere Kursverluste verzeichnet. Die Verkaufspanik hat laut Händlern die gesamte Spannweite des Markes erfasst. Die Investoren hätten nahezu jeden gebotenen Preis akzeptiert, hiess es weiter. Ein kraftloser Rallyversuch unter den Blue Chips sei misslungen, und jegliche technische Unterstützung sei zusammengebrochen. Der Dow-Jones-Index der Industriewerte lag zum Schluss bei 1738,41 Punkten, um 508,33 Zähler unter dem schon überaus schlechten Ergebnis vom Freitag, als er bereits deren mehr als 108 eingebüsst hatte.
Den Kurssturz vom Montag will der Chairman der New Yorker Stock Exchange (NYSE), John Phelan, nicht als Börsenkrach gewertet wissen. (Hä? - CHF) Die massiven Kurseinbrüche nannte er eine markante "Kurskorrektur"; die Aktiennotierungen seien ohne eine solche fünf Jahre lang gestiegen, sagte er. Aber auch Inflationsängste, steigende Zinsen, ein schwacher Dollar und Probleme mit Iran seien für die Ereignisse zu Wochenbeginn verantwortlich.
Dramatischer Kurssturz ***
New Yorker Börse minus 23 Prozent
An den Aktienbörsen kam es am Montag zu einem gewaltigen und im Ausmass von niemandem erwarteten Kurssturz. In Zürich fiel der Swiss-Index um 11,5%, der höchste Tagesverlust seit Bestehen einer täglichen Indexberechnung. Doch im Vergleich zur New Yorker Börse, die am Montag um 21 Uhr europäischer Zeit schloss, nimmt sich dies wie ein Pappenstiel aus. An der Wallstreet fielen die Kurse um 22,7 Prozent. Der Dow Jones der Industriewerte steht damit noch auf 1737 Punkten, beinahe 1000 Punkte unter dem Rekord vom 25. August 1987. Damit büssten die Aktien im Durchschnitt innerhalb von knapp zwei Monaten über ein Drittel ihres Wertes ein. Der Verlust vom Montag von 22,7 Prozent stellt den Kursverlust vom "Schwarzen Freitag" am 28. Oktober 1929 bei weitem in den Schatten. Damals fiel der Dow-Jones-Index um 12,9 Prozent. Die Auswirkungen dieses gewaltigen Rückschlags auf die Weltwirtschaft sind noch unabsehbar.
Der Grund für diese in der Börsengeschichte einmaligen Baisse liegt in Inflations- und Zinsängsten, in der Befürchtung, der Dollar könnte weiter sinken und eine Rezession auslösen. Verstärkt wurden diese Argumente durch die Beschiessung einer iranischen Bohrinsel im Persischen Golf und der Angst, der Golfkrieg könnte eskalieren.
Eine entscheidende Rolle kommt nach Angaben von Brokern aber den neuen Finanzierungsinstrumenten Options und Futures zu und dem computerunterstützten, programmierten Handel. Während der Sitzung erwog die Aufsichtsbehörde SEC die Börse zu schliessen. Nach langen Diskussionen entschloss man sich, nicht einzugreifen.
Anmerkung CHF
Der "Schwarze Freitag" von 1929 war ein Montag und kein Freitag; der Crash damals dauerte zwei aufeinander folgende Tage. Kennziffern DJIA:
Samstag, 26. Oktober 1929: Schluss 298.97
Montag, 28. Oktober 1929; Hoch: 295.18; Tief: 256.75; Schluss: 260.64 (-38.33; -12,82%)
Dienstag, 29.10.1929; Hoch 252.38; Tief 212.33; Schluss 230.07 (-30.57; -11,73%)
Wie wir in der Schule gelernt haben, war der Börsenkrach von 1929 der Auftakt zur Weltwirtschaftkrise. Dazu noch ein paar Kennziffern.
Donnestag, 31. Oktober 1929: Schluss 273.51 (höchste unmittelbare Erholung seit Crash)
Mittwoch, 13. November 1929: Schluss 198.69 (nächster Tiefpunkt)
Donnerstag, 17. April 1930: Schluss 294.07 (höchster Kurs seit Crash vor Depression)
Freitag, 8. Juli 1932: Schluss 41.22 (tiefster Kurs seit Crash und so tief wie seit dem 5. Juni 1897 nicht mehr)
Samstag, 1. Juli 1933: Schluss 100.92 (erstmals wieder über 100 Punkte geschlossen)
Freitag, 11. Januar 1946: Schluss 200.04 (erstmals wieder über 200 Punkte)
Freitag, 5. März 1954: Schluss 299.45 (erstmals über dem Stand von vor dem Börsenkrach geschlossen)
Börsenkrach rund um die Welt ****
PANIK: Milliarden futsch!
Dramatische Entwicklung an allen Aktienbörsen der Welt. Bei den New Yorker Wertpapierhändlern brach Panik aus. In Zürich kam es zu einem Tagesverlust von rund 35 Milliarden Franken. Börsenhändler fanden nur ein Wort: "grauenvoll"!
Die Aktienkurse sackten in Zürich gegenüber dem Freitag im Durchschnitt um 15 Prozent ab. In der über 150jährigen Geschichte der Börse ist das der mit Abstand grösste Tagesverlust.
Die Verkaufspanik hat alle Börsen der Welt ergriffen. In London kam es zu einem Tagesverlust von 185 Milliarden Franken. In Paris mahnte der französische Parlamentspräsident Jacques Chaban-Delmas im Radio: "Bitte keine Panik. Verlieren Sie den Mut nicht, wenn die Börse heruntergeht."
Alles deutet darauf hin, dass die Börsenzusammenbrüche, die jetzt eine fünfjährige Phase grosser Kurssteigerungen ablösen, noch nicht abgeschlossen sind. Henry Kaufmann, einer der berühmtesten amerikanischen Börsenfachleute: "Jetzt hat die Zeit der grossen Kursrückschläge begonnen."
Der Crash und die Dritte Welt
In den USA alleine kam es an diesem einen Tag zu Buchverlusten von ca. 500 Milliarden Dollar. Ich mag mich erinnern, dass man Vergleiche herumgeboten hat, dass an diesem Crash-Tag an den Börsen mehr Vermögen vernichtet wurde, als die gesamte Dritte Welt Schulden hat!
KOMMENTAR ***
Programmierte Panik
Was sich am Montag an den Börsen von Zürich, Frankfurt, London, Paris und vor allem am Montagabend europäischer Zeit an der Wallstreet abspielte und wohl Dienstag eine traurige Fortsetzung finden könnte, lässt sich mit realwirtschaftlichen Begebenheiten nicht erklären. Es ist schlicht grenzenlose Panik, gekoppelt und verstärkt durch jene Instrumente, die bis anhin als Wunderwerkzeuge für Finanzanlagen gepriesen wurden: dem Computer und den Optionen und Futures.
Obwohl die Konjunktur weltweit durchaus zufriedenstellend läuft, die Unternehmen in diesem Jahr höhere Gewinne erwarten, die Inflation zwar etwas steigt, aber meilenweit von der einstigen Hochinflationsphase entfernt ist und obschon auch ein zufriedenstellendes 1988 prognostiziert wird, sind die Börsen, nicht ganz überraschend zwar, aber im Ausmass in keiner weise erwartet, in einen unheilvollen Strudel geraten.
Die Gründe für das Desaster sind beim Computer und den neuen Finanzinstrumenten zu suchen. Was am Montag zu beobachten war, ist die Kehrseite davon. Diese neuen Hebelwerkzeuge Optionen und Futures, die mit wenig Einsatz riesige Gewinne versprechen, geben namentlich in New York den Ton an, dirigieren, unterstützt von blitzschnellen Computerentscheiden, das Geschehen der Börse. Entscheidend für Kauf oder Verkauf ist nicht mehr in erster Linie, ob eine Firma mehr Gewinn macht, sondern ob der Futures-Index gemäss Computerprogramm nach oben oder unten zeigt. Und weil ein Softwareprogramm dem andern gleicht, entscheiden alle Computer gleich. Entsprechend geraten die Aktien in den freien Fall.
Um rund 30% ist die New Yorker Börse innerhalb von knapp zwei Monaten gefallen. Das bedeutet Hunderte von Milliarden Dollar Verlust. Auch wenn der Grossteil davon lediglich auf dem Papier zustande gekommen ist, so sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft nicht auszuschliessen.
Montag, der 19. Oktober , wird in die Geschichte eingehen. Das Datum wird den Beginn einer neuen Diskussion markieren müssen, die zu führen wir verpflichtet sind. Wenn Finanzinstrumente die Weltwirtschaft dirigieren, stimmt etwas nicht mehr. Das muss auch Politiker interessieren.
Kennziffern
DJIA
- Hoch: 2164.16
- Tief: 1677.55
- Schluss: 1738.74 (-508.00; -22,61%)
S&P 500: 224.97 (-20,42%)
NASDAQ: 360.21 (-11,34%)
FAZ-Index: 569.85 (-7,14%)
Swissindex: 1027.88 (-11,27%)
DM/$: 1.7760
sFr/$: 1.4725
Gold $/oz: 482.00
Rendite 30 jährige US-Staatsanleihen: 9,75%
Gruss, CHF