Donnerstag, 27.03.2008 11:34 von Structured Solutions | Aufrufe: 1885

Rekordpreise und steigende Förderkosten beim Öl

In den neunziger Jahren schien die traditionelle Verbindung zwischen einem hohen Wirtschaftswachstum und einem parallel steigenden Ölverbrauch der Vergangenheit anzugehören. Die Unternehmen in den Industrieländern hatten aus den Schocks nach der OPEC-Förderkürzung (1973) und dem Umsturz im Iran (1979) gelernt und die Abhängigkeit vom schwarzen Gold deutlich reduziert. Die Folge war ein rapider Preisverfall: Bei einer Notierung von unter 12 US-Dollar pro Barrel wurde im Jahr 1998 ernsthaft diskutiert, ob den ölabhängigen Ländern im Nahen Osten der Staatsbankrott droht.

 

Angesichts des dramatischen Umschwungs in der Folgezeit muten diese Spekulationen heute fast absurd an. Ende 2001 hat das Rohöl an den Märkten eine fulminante Rallye gestartet, die kürzlich in einem Anstieg auf über 110 US-Dollar je Barrel gipfelte. Eine Hauptursache dieser Entwicklung ist das rasante Wirtschaftswachstum in den Emerging Markets, das die Energienachfrage dieser Länder enorm angefacht hat. Im Jahr 2010 dürfte der Ölverbrauch der Nicht-OECD-Staaten nach den Schätzungen der Energy Information Administration (EIA, Referenzszenario) bei 84,1 Brd. BTU (British Thermal Units, Energieeinheit) liegen, ein Zuwachs von 59,6 Prozent gegenüber 1990. Demgegenüber fällt der Anstieg in den OECD-Staaten mit 19,8 Prozent vergleichsweise moderat aus (siehe Abbildung). Ein wesentlicher Einflussfaktor für das Auseinanderklaffen der beiden Ländercluster ist der ölintensive Aufschwung der chinesischen Wirtschaft. Nach einer durchschnittlichen Steigerung von 8,9 Prozent p.a. zwischen 2001 und 2006 lag die mittlere konsumierte Menge pro Tag bei 7,5 Mio. Barrel und hat sich damit innerhalb einer Dekade verdoppelt (Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2007).

 

Entgegen der in den achtziger Jahren ausgemalten Schreckensszenarien konnte die Steigerung der Erdölproduktion mit diesem Nachfragewachstum allerdings Schritt halten. Nach den Daten von BP lag die Tagesförderung im Jahr 2006 rund 16,8 Prozent über dem Niveau von 1996, während der Verbrauch gleichzeitig um 17,1 Prozent gestiegen ist. Preistreibend wirkte sich dabei jedoch aus, dass die Erschließung neuer Lagerstätten bei endlichen Ressourcen trotz des technischen Fortschritts üblicherweise immer höhere Kosten verursacht. Ein Prototyp dieser Entwicklung sind die kanadischen Ölsandvorkommen, bei denen der Rohstoff erst nach einem aufwendigen Abbau und einer umfassenden Aufbereitung zur Verfügung steht. Die damit verbundenen Kosten von rund 40 US-Dollar je gewonnenem Barrel lagen lange Zeit sowohl weit über den Sätzen der ergiebigsten Ölfelder als auch über dem Marktpreis. Die zunehmende Erschöpfung der alten Quellen und der damit einhergehende Anstieg der Rohölnotierung haben diese Relation umkehrt und für einen regelrechten Ölboom in Kanada gesorgt.

 

Nicht alle Produzenten sind allerdings in der Lage, ihre erschöpften Lagerstätten gleichwertig zu ersetzen. In den letzten Monaten häufen sich vor allem bei den großen, international aktiven Majors die schlechten Nachrichten. Einen außergewöhnlichen Rückschlag musste beispielsweise das amerikanische Branchenschwergewicht Exxon Mobil hinnehmen, das mit einer Marktkapitalisierung von rund 470 Mrd. US-Dollar zu den wertvollsten Unternehmen der Welt zählt. Im letzten Jahr lagen die neu entdeckten Ölvorkommen deutlich unter der Jahresproduktion, so dass die Reserven um rekordverdächtige 7 Prozent abgenommen haben. Ebenfalls enttäuscht hat der norwegische Primus StatoilHydro. Ende 2007 musste das Unternehmen die Produktionserwartungen für das Gesamtjahr absenken, obwohl selbige noch vier Wochen zuvor bestätigt worden waren.

 

Die Schwierigkeiten mit der kostspieligen Erschließung neuer Quellen machen sich dabei nicht nur in den Produktionszahlen bemerkbar, sondern schlagen trotz der außerordentlich günstigen Preisentwicklung auch zunehmend auf die Ergebnissituation durch. Der britisch-niederländische Ölproduzent Royal Dutch Shell hat zuletzt die Gewinnerwartungen der Analysten für 2007 verfehlt und die Aktie auf Talfahrt geschickt. Zahlreiche Experten kalkulieren mittlerweile sogar mit einem Ergebnisrückgang für 2009. Mit der mäßigen Entwicklung reiht sich die Gesellschaft nahtlos ein in das überraschend schwache Börsen-Bild des Sektors in den letzten Monaten. Die Kursentwicklung vieler Konzerne verlief aufgrund der skizzierten Probleme im operativen Geschäft enttäuschend, wobei allerdings auch der starke Verfall der Kapitalmärkte im Allgemeinen einen nicht zu vernachlässigenden Einflussfaktor darstellte. Dementsprechend hat der Kurs des S-BOX Global Oil Producer Performance-Index, der die Entwicklung von zehn der weltweit größten Unternehmen aus den Sektoren Förderung, Veredelung oder Vertrieb von Erdöl abbildet, ebenfalls erheblich gelitten.

 

Auch der breite internationale Ansatz, den die Börse Stuttgart mit dem Index verfolgt – pro Land und Währungsraum dürfen maximal zwei Unternehmen vertreten sein – konnte daran zuletzt nichts ändern. Langfristig dürfte sich aber gerade die gewählte Form der Diversifikation positiv auswirken, da der Ausbau der Förderung in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich verläuft und vor diesem Hintergrund die Entwicklung der einzelnen Konzerne stärker differieren wird.

 

Vor glänzenden Perspektiven steht zum Beispiel die in dem Branchenindex mit 11,2 Prozent gewichtete brasilianische Gesellschaft Petrobas. Der Konzern profitiert von einem gigantischen Ölfeld, das vor der Küste des Landes entdeckt wurde und Reserven von rund sechs Mrd. Barrel birgt. Der gesamte Bestand Brasiliens hat sich damit schlagartig um rund 40 Prozent erhöht. Vermutlich im Jahr 2010 wird die Ausbeutung der neuen Lagerstätte gewinnen und Petrobas zu einem deutlichen Entwicklungssprung verhelfen. Zu den Gewinnern zählte zuletzt auch der französische Konzern Total, der erfolgreich in Großbritannien, Katar und Angola exploriert hat und nach der Inbetriebnahme der Felder nun über bessere Wachstumspotenziale verfügt, als viele Konkurrenten.

 

Streuung bleibt also Trumpf im Sektor, und der S-BOX Global Oil Producer Performance-Index stellt dafür einen geeigneten Basiswert dar. Als Investmentvehikel bietet sich ein Endloszertifikat der Deutschen Bank (DB1G0P) an, das die Entwicklung des Branchenbarometers eins zu eins umsetzt. Nach den jüngsten Rückschlägen bei den Unternehmen kann man sich derzeit auf einem Niveau beteiligen, das langfristig ein erhebliches Aufwärtspotenzial verspricht. Schließlich bleibt der Rohstoff Öl abseits der nicht einfachen Förderbedingungen weiter sehr gefragt. Insbesondere in den Nicht-OECD-Staaten wird der Verbrauch weiter stark zulegen. Nach einer zu erwartenden Steigerung von 64 Prozent wird im Jahr 2025 sogar das Jahresvolumen der OECD-Staaten übertroffen. Vor diesem Hintergrund hält die EIA auch einen Ölpreis von 160 US-Dollar je Barrel für möglich. Zu diesen Kursen dürfte dann auch die Produktion bei sehr komplizierten Lagerstätten rentabel betrieben werden können.

 

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