„Am ehesten Wette gegen US-Wirtschaft“
Die US-Investmentbank Goldman Sachs plant laut US-Medienberichten, einen beachtlichen Teil ihres Geschäfts von der Wall Street abzuziehen. In New York sollen laut Fox Business News rund 1.000 Stellen gestrichen und nach Singapur ausgelagert werden. Die Erklärung dafür blieb das Unternehmen, das seine Geschäfte hauptsächlich mit Großkunden und institutionellen Anlegern macht, bisher schuldig.
Gerade deshalb blühen nun Spekulationen, und die eine oder andere Interpretation dürfte in der Finanzwelt die Alarmglocken läuten lassen. Eine Möglichkeit sei, so Fox Business, dass Goldman Sachs einfach die Nase voll hat von öffentlicher Kritik an den „Fat Cats“ der Wall Street, die mit US-Steuergeldern durch die Finanzkrise gefüttert wurden, und an den Millionengagen der Großbanken.
Keine Kostenersparnis
Eine andere ist, dass die Banker eine zunehmende Finanzmarktregulierung heraufdämmern sehen, mit der sich Geschäfte nicht mehr so einfach und lukrativ wie bisher machen lassen. Angeblich plant die Investmentbank auch, ihre Dependancen in Indien und Brasilien auszubauen, während das US-Geschäft zurückgefahren werden soll. Die USA hatten nach der Pleite der Großbank Lehmann Brothers im September 2008 zwar eine strengere Finanzmarktaufsicht beschlossen, wirklich strikte Eingriffe blieben der Wall Street bisher aber erspart.
Dazu kommt, dass Goldman Sachs die Banker in Singapur laut Fox Business keineswegs weniger Geld kosten werden als jene in New York. Das Argument Einsparungen ist folglich eher keine Erklärung. „Die Bank dürfte die Jobs nicht wegen geringerer Kosten auslagern, wie das in der Industrie häufig der Fall ist“, schrieb das Magazin „Atlantic“ und vermutet ebenfalls das Thema Regulierung als ein Motiv hinter den Plänen. Möglich sei, dass sich Goldman einfach ein Pflaster suche, wo das Geschäft künftig einfacher laufen könne als an der Wall Street.
„Die Sparpolitik kommt“
Eine Interpretation des „Atlantic“ dürfte allerdings noch für Echo sorgen, nämlich jene, dass die Traditionsbank einfach das Vertrauen in die US-Wirtschaft verloren haben könnte. „Die Wahrheit ist, dass die USA mit ziemlicher Sicherheit vor einem Jahrzehnt mit sehr niedrigen Wachstumsaussichten stehen.“ Selbst wenn sich die Lage der größten Volkswirtschaft der Welt „dramatisch“ bessern sollte, „werden andere Faktoren das Wachstum bremsen. Die Sparpolitik kommt.“
„USA nicht mehr der Ort“ für große Gewinne
Außerdem müsse die Notenbank Federal Reserve (Fed), so das US-Magazin, die Geldschleusen langsam wieder schließen, sobald es der Wirtschaft besser geht. Seit sich die Finanzmärkte wieder beruhigt haben (und die Zinsen trotzdem niedrig blieben), jonglieren Investmentbanken mit viel und billigem Geld auf Kredit und fahren damit satte Gewinne ein.
Quelle: orf.at/stories/2066037/2066038/