(ich hatte dazu selbst bereits in # 831 einen Threadbeitrag verfasst)
Mark Dittli schreibt dazu in "Never mind the markets", dem Blog des schweizer Tagesanzeigers:
blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/
Die «Star Trek»-Ökonomie der Zentralbanken
Wir leben in einer neuen Ära. Nennen wir sie die «Star Trek»-Ökonomie: Die Zentralbanken sind, geldpolitisch gesprochen, in Galaxien vorgedrungen, die noch nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Nie haben Fed, Bank of England, EZB, Bank of Japan oder die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Bilanz auch nur annähernd in dem Maße aufgebläht, wie sie es im Verlauf der letzten fünf Jahre getan haben.
Wir wissen nicht, was die langfristigen Effekte dieser Geldpolitik sein werden. Wir wollen in diesem Beitrag auch nicht darüber spekulieren.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es aber in den kommenden Jahren geschehen, dass einzelne Zentralbanken auf der Anlageseite ihrer riesigen Bilanzen grosse Verluste erleiden – und dann wird es geschehen, dass das Eigenkapital der betreffenden Zentralbank ausgelöscht wird, die Bilanz also überschuldet ist.
Daher die simple Frage: Ist das ein Problem?
Schauen wir zunächst die aktuelle Bilanz der SNB an. Per Ende April waren die Eckwerte wie folgt:
Total Aktiva (Bilanzsumme): 584,2 Milliarden Franken
Davon Devisenanlagen: 536,4 Milliarden Franken
Eigenkapital: 48,4 Milliarden Franken
Eigenkapitalquote (Eigenkapital/Bilanzsumme): 8,3 Prozent
Das ist eine in Relation zur gesamten Bilanzsumme doch recht dünne Eigenkapitaldecke. Verliert die SNB auf ihren Devisenanlagen 9 Prozent – was durchaus denkbar ist –, ist ihr Eigenkapital ausgelöscht. Nur um eine Grössenordnung zu geben: Im Monat Januar, als die SNB die Eurokursuntergrenze aufhob, schrumpfte das Eigenkapital der SNB um 51,4 Milliarden Franken.
Und damit wieder zur Frage: Ist das ein Problem?
Die ökonomisch begründete Antwort: nein.
Aber die politisch begründete Antwort: ja ....
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...Die Fiskalbehörden haben sich über die Jahre daran gewöhnt, dass sie von ihrer Zentralbank jährlich zum Teil satte Gewinnüberweisungen erhalten. In der Schweiz erhalten Bund und Kantone von der SNB aus ihrer Jahresrechnung 2014 einen Gesamtbetrag von zwei Milliarden Franken. Die US-Notenbank überwies dem Schatzamt in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt 84 Milliarden Dollar pro Jahr.... Erleidet nun eine Zentralbank grosse Verluste – im Fall der SNB auf Devisenreserven, im Fall des Fed, der Bank of Japan und der Bank of England auf ihrem horrend grossen Anleihenportfolio, im Fall der EZB möglicherweise im Zuge eines Zahlungsausfalls von Griechenland –, wird es ihr nicht mehr möglich sein, Gewinne an die Finanzämter zu überweisen.
Und das möglicherweise über Jahre, bis das Eigenkapital wieder geäufnet [hergestellt? A.L. ] ist.
Es ist gut vorstellbar, dass in diesem Fall der Druck aus der Politik auf die Zentralbanken enorm zunehmen, ja sogar ihre politische Unabhängigkeit infrage gestellt wird....
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A.L.: noch gravierender ist mMn, dass die Zentralbanken bei stark negativem Eigenkapital auf Steuerzahlerkosten ausgebailt werden müssen und dass dadurch ihre Eigenschaft, als "Retter der letzten Instanz" zu fungieren, in Frage gestellt wird. Die gesamte Rallye seit 2009 basiert auf der - bislang noch nicht angezweifelten - Rettereigenschaft der Zentralbanken.