Das italienische Disag(g)io
Vorgestern erzielte Frankreich bei der Aufstockung seiner 23-jährigen OAT-Anleihe mit 4,75 % Kupon
einen Emissionspreis von 127,58. Damit unterscheidet sich der Nominalwert (1,64 Mrd. EUR) klar von
der Emissionseinnahme (Agio). Das ist jedoch kein Rekord im Jahr 2012: Im Juli stockten die Niederlande
seine 16-jährige DSL beim Preis von 143,167 auf. Frankreich stockte im September ebenfalls zweimal
bei Preisen von 143 und 144 auf. Entsteht nun ein messbarer Effekt auf die Emissionsplanung, wenn
Emissionen mit Agios abgesetzt werden und dann weniger emittiert werden muss? Neben Agios und Disagios
haben wir von 394 Anleihetransaktionen dieses Jahres (im Volumen von 777,7 Mrd. EUR, einschließlich
der gestrigen Transaktionen in Frankreich und Deutschland) auch die Inflationskomponente
und die Primärhändlervergütung als Preiskomponente analysiert. Über die Inflationskomponente erhält
der Staat Zusatzeinnahmen durch die aufgelaufene Inflationskomponente. In Italien werden die Auktionen
in der Regel um die Höhe der Primärhändlervergütung von 0,2 % bis 0,4 % des Nominalwertes überboten.
Mit den Agios verschiebt der Staat Lasten in die Zukunft und spart heute den Betrag ein, daher ist
die Analyse nur eine kurzfristige Betrachtung. Immerhin profitiert Frankreich in diesem Jahr von Agios in
Höhe von 8,31 Mrd. EUR (siehe Grafik), da relativ viele Altanleihen aufgestockt wurden und man sich
mit der Emission der neuen 10-jährigen OAT-Benchmark mit marktgerechtem Kupon Zeit ließ. Alle vier
Komponenten in Italien zusammen geben eine Mindereinnahme von 6,21 Mrd. EUR, da häufig unter pari
aufgestockt wurde. Dabei macht die „planmäßige Disagio-Komponente“, die Emission der Nullkupon-
CTZs, 2,26 Mrd. EUR aus. Spanien hat dagegen zwischen Januar und Mitte März konsequent über Pari
aufgestockt, als sich die Kurse der Anleihen erholten. Echte Neuemissionen gab es sogar nur zwei: Im
Januar und September wurden Bonos mit 3-jähriger Laufzeit aufgelegt, sonst wurde nur aufgestockt. In
Deutschland werden die Anleihen (mit Ausnahme der 30-jährigen Bonds) stets nur drei Monate nach
Emission aufgestockt. Daher kann der Agio-Effekt nie den von Frankreich erreichen, es handelt sich in
diesem Jahr jedoch um immerhin 2 Mrd. EUR, vergleichbar mit den Niederlanden. Belgien hat ein ähnliches
Muster mit Aufstockungen an Altanleihen wie Frankreich: Die anziehenden Preise im Sekundärmarkt
führten zu 2,7 Mrd. EUR Agios. Unsere Daten zeigen, dass die Agios in diesem Jahr vor allem in
Frankreich und Belgien, die Disagios in Italien von Bedeutung sind.