DAX: Besuch von den Bären
von Andreas Wolf
Mit einem deutlich vernehmbaren, lauten Grollen brachten sich gestern die Bären den Marktteilnehmern wieder in Erinnerung. Schützenhilfe bekamen sie von US-Präsident Obama, der eine Insolvenz der beiden großen heimischen Automobilkonzerne GM und Chrysler nicht mehr ausschloss. Allerdings betonte er, dass mit dieser möglichen Maßnahme nur die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um für die Gesundung dieses Sektors zu beschleunigen. Möchte man an der gestrigen Marktreaktion von über minus 5 Prozent etwas positiv finden, dann der doch mittlerweile kontrollierte Umfang der Abwärtsbewegung. Hätte eine solche Nachricht vor einigen Wochen noch zu einer Panikreaktion an den Aktienmärkten geführt, zeigten sie sich gestern doch recht gefasst. Von den Zugewinnen seit dem Tiefpunkt am 9. März musste der DAX mit den gestrigen Abschlägen wieder ein Drittel abgeben. Das liegt im Rahmen einer normalen markttechnischen Reaktion, vorausgesetzt die Bullen können heute wieder zurückschlagen. Angesichts der überdurchschnittlichen Tagesverluste zu Wochenbeginn sollte dies möglich sein.
Banken und Autos üben die Rolle rückwärts
Die Gewinner der vergangenen sieben Handelstage, Banken und Automobile, gehörten erwartungsgemäß zu den Top-Verlierern der eingeleiteten Konsolidierung. Auch hier ist zu betonen, dass der Rückschlag eine ganz normale Reaktion darstellt, die schlechten Nachrichten lediglich als Auslöser für willkommene Gewinnmitnahmen genutzt wurden. Die bisherige Aufwärtsbewegung wurde zu wenig von anderen Branchen und Sektoren mitgetragen, sie können die Verluste der beiden anderen Sektoren deshalb nicht abfangen. Die erneute Belastung des Bankensektors wurde obligatorisch mit der Pleite einer weiteren Bank in England begründet. Vor dem Hintergrund dass die britische Regierung den gesamten heimischen Sektor praktisch schon verstaatlicht hat, kann diese Begründung für die erneute Schwäche wohl kaum überzeugen. Die Stichworte, die den wahren Gründen für die vorübergehende Schwäche eher Rechnung tragen heißen Finanzmarktregulierung auf dem Gipfel in London und Stresstestende in den USA.
Erste technische Reaktion wahrscheinlich
Tagesabgaben von über fünf Prozent sind in der Regel dazu geeignet, am Folgetag zumindest eine technische Reaktion zu bewirken. Bis zu Hälfte der Kursverluste des Vortages könnte der DAX durchaus wieder aufholen. Da die Korrektur des überkauften Zustandes aus den vergangenen Handelstagen aber noch nicht abgeschlossen ist, würde es nicht überraschen, wenn sich der Rückschlag noch bis in den Bereich um 3.900, im Extremfall bis 3.800 Punkten fortsetzen würde. In Verbindung mit dieser Entwicklung muss darauf geachtet werden, dass der noch im Kaufmodus stehende MACD nicht ein Verkaufssignal generiert. Je stärker demnach die Gegenbewegung im DAX ausfällt, desto besser für den mittelfristigen Ausblick. Eine erste Widerstandslinie liegt bei 4.060 Punkten, die entscheidende für die Bullen bei 4.127 Punkten. Kann sie heute wieder deutlich überwunden werden, ist die Korrektur beendet. Wahrscheinlicher ist aber eine Ausweitung der Konsolidierung in den Bereich zwischen 3.800 und 3.900 Punkten in den nächsten beiden Handelstagen. Dann sollten die Bullen wieder genug Kraft haben, um einen weiteren Angriff auf die Widerstandszone zwischen 4.200 und 4.240 Punkten zu unternehmen. Vorsicht ist angebracht, wenn der VDAX wieder deutlich über 40 Prozent (43 Prozent und mehr) ansteigt.
Zykliker berichten über ihre Sorgen
Pfleiderer, Klöckner und Hamburger Hafen- heute kommt es aber ganz dick für den Aktienmarkt. Alle drei Unternehmen fallen unter den Begriff Zykliker und leiden bereit seit einigen Monaten unter der Wirtschaftsflaute. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber solange nicht wenigstens von den Indikatoren ein brauchbares Erholungssignal ausgeht, werden die Aktienkurse dieser Unternehmen wohl auch unter Druck bleiben. Einen kleinen Lichtblick kann es vielleicht beim Hamburger Hafen mit Blickrichtung China geben. In der Hauptsache werden die Pressekonferenzen aller drei Unternehmen aber von dem Thema Einsparungen geprägt sein. Jeder Vorstand verpackt das dann auf seine Art, das Ergebnis ist unter dem Strich das gleiche: Je rigoroser die Einsparmaßnahmen, desto eher sehen die Investoren wieder Land und sind deshalb geneigt, die Aktie zu kaufen. Unter den gegebenen Umständen wird daraus aber nicht mehr als eine kleine Erholung im Abwärtstrend.
US-Einkaufsmanager positiver gestimmt?
Wie erwartet zeigten die europäischen Einkaufsmanagerindizes gestern noch keine Belebung an. Die kaum koordinierten Hilfspakete der EU-Regierungen sind nicht dazu geeignet, den meisten stark exportabhängigen Volkswirtschaften den notwendigen Impuls zu verleihen. Umso interessanter dürfte daher der Chicagoer Einkaufsmanagerindex für den März sein, der die Stimmung der Verantwortlichen in den US-Unternehmen reflektiert. Obwohl die Mehrzahl der Ökonomen noch nicht davon überzeugt ist, dass das große Konjunkturpakt der Regierung Obama die notwendige Schubkraft für die US-Konjunktur entwickeln wird, dürften sich erste Ausläufer einer langsamen Wirtschaftserholung bei den Einkaufsmanagern wiederfinden. Weniger das Wiederanziehen der Nachfrage unter den US-Verbrauchern, sondern eher die Tatsache, dass viele Firmen ihre Lagerbestände stark zurückgefahren haben, dürften für eine leichte Belebung im Stimmungsbild der Einkaufsmanager sorgen. Sollte die Regierung Obama nach dem Vorbild der europäischen Regierung zudem ein Art Abwrackprämie für ältere Autos einführen, um die Restrukturierung der heimischen Autoindustrie zu unterstützen, könnte der staatliche Wachstumsimpuls an Geschwindigkeit deutlich gewinnen. Beim Case-Shiller-Hauspreisindex, der ebenfalls heute veröffentlicht wird, sollte sich darüber hinaus eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau erkennen lassen.
Konjunkturdaten: 15.55 Uhr: USA: Einkaufsmanagerindex Chicago, Verbrauchervertrauen (beide März)
Unternehmen: Jahreszahlen: Klöckner, Pfleiderer, Hamburger Hafen
Wichtige Marken:
Unterstützungen: 3.913; 3.966,3.995
Widerstände: 4.083; 4.127; 4.203
Viel Glück und Erfolg!
Andreas Wolf
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