Die besten Aktien der Welt

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Die besten Aktien der Welt EinsamerSamariter

Die besten Aktien der Welt

 
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Die besten Aktien der Welt

HB DÜSSELDORF. Eine tintenblaue Bluse mit angedeuteten Rüschen für 58 Dollar, ein grellgelbes T-Shirt mit langen Ärmeln und Brusttasche für 24, ein hellgraues Herren-Shirt mit dem aufgedruckten Logo des Musiksenders MTV für 28 Dollar - schick ist anders. Die Klamotten sehen alle so aus, als hätte jemand das Sortiment von H & M mit den Angeboten eines Ausstatters für Camping- und Wanderfreunde gekreuzt.

Genau das ist die Erfolgsmasche der Ladenkette Urban Outfitters. Das Unternehmen trifft mit seiner schludrigen Linie offenkundig den Geschmack amerikanischer Kunden verblüffend gut. Es setzt inzwischen mehr als eine Milliarde Dollar im Jahr um, bei einer Nettomarge, die mit rund zehn Prozent in der Handelsbranche ihresgleichen sucht. Gerade eröffneten die ersten Filialen in Europa (noch nicht in Deutschland).

Den Aktionären soll es recht sein: Sie verdienten mit Urban Outfitters seit 2001 rund 92 Prozent - und zwar Jahr für Jahr: Der Kurs der Aktie explodierte binnen fünf Jahren von weniger als einem auf zeitweise mehr als 30 Dollar. Damit war die US-Handelskette in diesem Zeitraum die erfolgreichste unter den 2000 größten Aktien der Welt. Nach Problemen, das Wachstum im ersten Halbjahr 2006 durchzuhalten, ging der Kurs um die Hälfte zurück und ist laut Einschätzung der Analysten jetzt wieder attraktiv für einen Einstieg.

Immer wieder schaffen es Aktien wie Urban Outfitters, den Rest der Börse abzuhängen - nicht für für kurze Zeit, sondern über mehrere Jahre. Gibt es über alle Unterschiede in Branchen, Standorten und Firmenphilosophie hinweg Gemeinsamkeiten zwischen den besonders lukrativen Aktien? Was macht ein Unternehmen im Urteil der Börse zum Siegertyp?

Das wollte Daniel Stelter genauer wissen. Seit 1999 schleust der Geschäftsführer der Boston Consulting Group (BCG) jedes Jahr die Informationen zu den global 2000 wichtigsten Aktien durch die Datenbanken seiner Unternehmensberatung. Die Experten analysierten die Zahlen aus den Bilanzen, überprüften die Bewertungen der Aktien und schrieben die Kennzahlen nach plausiblen Kriterien in die Zukunft fort.

Stelter und sein Team zergliedern auf diese Weise Börsenerfolg in seine Bestandteile. Welche Aspekte honorieren Anleger besonders, welche sind ihnen weniger wichtig? Denn nicht in allen Branchen goutiert die Börse Erfolgsmeldungen auf gleiche Weise.

Das Ergebnis dieser weltweit einmaligen Tiefenanalyse hilft Anlegern herauszufinden, welche Aktien an der Börse mit einem Misstrauensvorschuss bestraft werden und daher die Chance auf einen Nachholeffekt haben. Und sie ermöglicht den Vergleich, welche Aktien aus welchen Branchen und Ländern die attraktivsten Chance-Risiko-Profile aufweisen. Die WirtschaftsWoche präsentiert diese jährliche Studie seit 1999 weltweit exklusiv.

Eine gute Nachricht vorab: Die Unternehmen haben die schwierigen Jahre nach dem Zusammenbruch der Interneteuphorie sinnvoll genutzt - die Sparwellen und Konzernumbauten kamen einer Fitnesskur ungekannten Ausmaßes gleich: "Die Finanzkraft der großen Unternehmen ist weltweit auf einem Höchststand", sagt Stelter.

Nie zuvor seien die Wachstumsaussichten besser gewesen für die Großen quer durch alle Branchen. Kleinere Rivalen an die Wand drücken oder übernehmen, in neue Märkte vorstoßen, den überschüssigen Cash-Flow den Anteilseignern auszahlen - viele Konzernchefs stehen vor Wahlalternativen, die allesamt den Aktionären den Mund wässrig machen. Eine gute Basis für weitere Börsengewinne.

Wer sich mit den erfolgreichsten Aktien der Welt beschäftigt, lernt zwangsläufig neue Namen kennen. Obwohl die Berater in der Analyse ausschließlich Unternehmen mit einem Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar berücksichtigten, Kursausreißer aus obskuren Märkten mit wenig Aktienumsatz also gar nicht erst in die Bewertung rückten, finden sich die sattsam bekannten Konzerne nur selten in den Siegerlisten.

Sicher, Unternehmen wie Apple Computer, Lowe's und Caterpillar aus den USA oder Puma und Continental aus Deutschland haben es ins Ziel geschafft; aber das Gros der Wertschöpfer stammt aus der zweiten Reihe und aus neuen Wirtschaftswunderländern. So verdienten in der Automobilbranche Aktionäre mit Werten aus Indien und Korea am meisten. Die Autoindustrie ist damit keine Ausnahme: Immer mehr Asiaten und in einigen Branchen wie Pharma, Handel, Technologie sowie Konsum die USA geben den Ton an; Aktien aus Europa schaffen es nur vereinzelt in die Elite der weltweiten Top-Performer.

Das ist kein Zufall, es spiegelt auf der einen Seite den unaufhaltsamen Bedeutungsaufstieg der asiatischen Volkswirtschaften in der Globalisierung (in der Rückschau noch auf zehn Jahre sehen Asienaktien wesentlich schlechter aus) und auf der anderen Seite den Vertrauensvorschuss, den US-Unternehmen gerade an den Finanzmärkten nach wie vor genießen.

Das Ausmaß dieses Vertrauens lässt sich am Vergleich zweier simpler Fakten ablesen: Der amerikanische Leitindex Dow Jones erreichte am 14. Januar 2000 den höchsten Stand aller Zeiten: 11 750 Punkte. Heute ist das Börsenbarometer der Wall Street weniger als zwei Prozent von diesem Rekordhoch entfernt. In Deutschland erreichte der Dax sein Allzeithoch am 7. März 2000 (8 136 Punkte) - heute trennen den Dax etwa 27 Prozent Rückstand von seinem damaligen Traumergebnis. Amerika hui, Deutschland pfui - so beurteilt es die Börse. Und für Europa insgesamt sieht der Vergleich auch nicht charmanter aus.

Nicht nur der Blick auf den gesamten Index, auch die Analyse der einzelnen Aktien offenbart das Gefälle zwischen Wall Street und Frankfurt. Börsianer beurteilen die Aktien im Dax mit spürbar weniger Zuversicht als die US-Papiere. So ermittelten die BCG-Berater für immerhin 13 Aktien aus der deutschen Börsen-Bundesliga einen Bewertungsabschlag auf den jeweiligen Fundamentalwert des Unternehmens.

Der Dax hat nicht allein nach den Analysen der Boston-Berater viele moderat bewertete Aktien in seinen Reihen. Auch ganz klassische Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sprechen für die deutschen Werte. Die Bankanalysten veranschlagen das KGV im Dax für 2007 auf Werte zwischen 10 und 12, was im langjährigen Vergleich als sehr akzeptabel gilt.

Insgesamt "deckt der Börsenwert der Industrieaktien im Dax aktuell deren Unternehmenswert zu 104 Prozent ab", berichtet Berater Frank Plaschke, Co-Autor der Studie. Damit sind die deutschen Aktien rein rechnerisch eher unter- als überbewertet. Dies war nicht immer so: Noch Ende 2000 ermittelten die BCG-Experten, dass der Fundamentalwert nur 82 Prozent der damaligen Gesamtbewertung abdeckte. Und in der Tat ging die rapide Talfahrt des Dax weiter bis zum Frühjahr 2003.

Dass die Dax-Aktien inzwischen einen Hauch unter Wert gehandelt werden, ist mit den im internationalen Vergleich schlechten Standortbedingungen und den schwächeren Konjunkturaussichten in Deutschland alleine nicht zu erklären. Schließlich erwirtschaften gerade die Dax-Unternehmen schon seit Jahren einen Großteil ihrer Umsätze und Gewinne im Auslandsgeschäft. Sie sind die Globalisierungsmeister des Exportweltmeisters.

Und dennoch fällt auf: Während fast alle im internationalen Maßstab besonders gut gelaufenen Aktien inzwischen an der Börse oberhalb ihres Fundamentalwerts gehandelt werden, ist vielen deutschen Aktien noch eine Menge Luft für höhere Kurse geblieben. Manchen zweistellig: BMW notieren 11 Prozent unter ihrem rechnerischen Wert, die Lufthansa 20, RWE 17, ThyssenKrupp 22, Volkswagen 17 - und das Sorgenkind der Aktionäre, die Deutsche Telekom, gar 28 Prozent unter dem theoretischen Wert.

Das erinnert daran, dass "ein Blick ausschließlich auf den Bewertungsabschlag für die Aktienauswahl eines Anlegers nicht ausreicht", wie Berater Stelter betont. Denn die Rechnung mit dem Discount auf den Fundamentalwert geht nur dann auf, wenn das Unternehmen nicht schlappmacht und in Zukunft schlechtere Werte als der Branchendurchschnitt abliefert. Gerade bei der T-Aktie dürfte diese Befürchtung nicht abwegig sein. 28 Prozent Discount sprechen eine klare Sprache: Die Investoren trauen Vorstandschef Kai-Uwe Ricke nicht zu, die Umsatz- und Margen-Probleme des Bonner Konzerns bald in den Griff zu kriegen. Den T-Aktionären bleibt bis auf Weiteres wohl nur die Hoffnung auf einen Überraschungssieg.

Ohnehin verblüfft es, dass die Anleger den Aktien aus Telekommunikation und Technologie so eisern die T-Reue halten. Plaschke: "Wir haben 14 Branchen untersucht, im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre lieferte der Technologiesektor den Anlegern die zweithöchsten Verluste." Noch schlechter fuhren die Investoren nur mit Aktien aus der Branche Medien und Unterhaltung (sechs Prozent jährlicher Verlust). Die höchsten Erträge brachten im Schnitt Rohstoff- (19 Prozent) und Logistikaktien (12 Prozent). Mit Auto, Bau und Chemie waren immerhin neun Prozent drin, mit Energieversorgern acht.

Nun könnte man meinen, die Technikliebe der Aktionäre ließe sich mit ihrer Risikoneigung begründen. Tenor: "Mag sein, dass andere Branchen höhere Durchschnittsgewinne brachten, aber dafür waren mit Technologie die höchsten Spitzengewinne zu holen." Doch selbst das stimmt nicht. Richtig ist zwar, dass der größte Wertvernichter in der BCG-Studie mit 41 Prozent Verlust pro Jahr aus der Technikbranche kam - aber der Spitzen-Technologiewert Apple wurde von den Nummer-1-Vertretern aus gleich sieben anderen Branchen überflügelt. Das Chance-Risiko-Profil der Technologieaktien ist also für Anleger alles andere als optimal.

Ist damit die alte Streitfrage entschieden, ob Investoren bei der Auswahl ihrer Aktien lieber auf Wachstum oder auf Substanzstärke achten sollten (Value oder Growth, wie es an der Wall Street heißt)? Als die BCG-Berater die Ertragsquellen für die Aktionäre in ihre Bestandteile zergliederten, fanden sie heraus: 60 Prozent stammen aus dem Umsatzwachstum des Unternehmens. Die Höhe der Marge, die Dividende oder der Abbau der Schulden schlagen alle zusammen weniger ins Gewicht. Aber, und das ist ein zentrales Aber: "Bei diesen Wachstumsaktien sind im Kurs meist schon hohe Erwartungen berücksichtigt, die schwer zu schlagen sind. Besser ist es, in Aktien zu investieren, deren Bewertung noch nicht so viele Vorschusslorbeeren enthält", sagt Unternehmensberater Stelter.

Wobei auch moderat bewertete und substanzstarke Papiere unter die Räder geraten dürften, sobald die weltweite Konjunktur empfindlich abkühlt. "Ich sehe keine Gefahr einer Rezession in den USA 2007, wohl aber eine deutliche Verlangsamung des Wachstums", meint Torsten Slok, Konjunkturexperte der Deutschen Bank. Kritischer würde die Lage nur, wenn die Probleme am Immobilienmarkt größer würden als derzeit vermutet. Derzeit herrscht an den Börsen eine für Außenstehende schwer zu verstehende Stimmung, in der schlechte Konjunkturdaten von den Märkten mit Kursgewinnen gefeiert werden.

Die seltsame Logik dahinter: Wenn es mit dem Wirtschaftswachstum nicht mehr so recht klappt, wird die amerikanische Zentralbank sich nicht trauen, die Zinsen weiter zu erhöhen. Und da hohe Zinsen der Börse schaden, sei das wichtiger als der negative Effekt einer schwachen Konjunktur auf die Unternehmensgewinne und damit auf die substanzielle Unterfütterung der Aktienkurse.

Zumal momentan das Sinken des Ölpreises der Wall Street und damit auch den anderen großen Börsen hilft. Erstens, weil die Energiekosten dann nicht so schwer auf den Unternehmensgewinnen lasten. Zweitens, weil auch das der US-Zentralbank die Entscheidung erleichtert, die Leitzinsen nicht weiter anzuheben. "Unsere mittelfristige Skepsis bleibt hiervon aber unberührt", warnen etwa die Wertpapierstrategen der DZ Bank, da die amerikanische Börse im nächsten Jahr dann wohl doch von der Konjunkturabschwächung eingeholt werde.

Gefahr für die Wall Street lässt sich auch aus der BCG-Analyse herauslesen. Die Berater rechneten neben den aktuellen Daten auch die Fundamentalwerte der Unternehmen bis 1926 zurück und verglichen sie mit den Börsenbewertungen. Dabei stellten sie fest: "Die Bewertung der Unternehmen nähert sich immer wieder dem Fundamentalwert an", so Berater Plaschke. Allerdings kann diese Annäherung ganz schön lange dauern. In der längsten Phase blieb die Börse 16 Jahre bei einer rechnerischen Übertreibung: von 1958 bis 1973, ehe die erste Ölkrise die Feierlaune verdarb.

Seit 16 Jahren, beginnend 1991, hält inzwischen auch die aktuelle Phase an, in der die Börsianer den Unternehmen in jedem Jahr ein stärkeres Wachstum zutrauen, die Gesamtbewertung also über dem rechnerischen Fundamentalwert liegt.

Dabei haben die US-Analysten ihre Gewinnprognosen für die nächsten vier Quartale bereits spürbar gesenkt. Statt mit 16,3 Prozent Gewinnwachstum wie noch im zweiten Quartal 2006 kalkulieren sie fürs Frühjahrsquartal 2007 nur noch mit 8,2 Prozent Zuwachs. Damit wird die Luft an der Wall Street dünner.


Quelle: Wirtschaftswoche

Euer

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