[Zugegeben, was jetzt kommt ist etwas länger ausgeholt, etwas Zeit muss daher sein. Wem es zu lange ist, der kann ja nur das Faizt unten lesen. Leider werde ich mich vorerst nicht imstande sehen, mich an einer evtl. entstehenden Diskussion zu beteiligen, freue mich aber über PM, falls ein spezieller Kommentar meinerseits erwartet würde]
... haben wir den Point of no return, den Ereignishorizont auf dem Weg zum Untergang der bislang am längsten bestehenden Finanzordnung i.d. Geschichte der Menscheit erreicht oder gar bereits deutlich überschritten?
Wir sind und bleiben alle Täter und Opfer zugleich.
Wobei, egal wie es enden wird:
WIR (Bürger der Industrieländer) werden unterm Strich sowieso diejenigen sein, die stärker auf der Gewinnerseite sein werden. Selbst wenn wir einige unserer "alten" Privilegien an die aufstrebenden "Entwicklungsländer" werden abgeben müssen.
Ich möchte es mal andersherum formulieren:
Würde das Weltfinanz-System nicht bereits auf dem aktuellen Stand der Lage innerhalb kürzester Zeit kollabieren, wenn wir ansatzweise versuchen würden diese Spirale aufzuhalten?
Okay, kollabieren wird es eh müssen, werden jetzt einige einwenden.
Warum nicht lieber gleich?
Aber genauso wie wir alle sterben müssen, sind wir (99,9%) trotzdem darum bemüht diesen Zeitpunkt so weit nach hinten zu schieben wie es geht.
Daher.
Wirklicher Grund ist natürlich: Machterhalt.
Die an der Macht befindlichen haben eher kein Interesse daran auf ihren erkämpften oder ererbten Status zu verzichten im Sinne des Allgemeinwohls... Unser System ist nunmal so aufgebaut: umso weiter man oben ist, umso mehr Macht/Privilegien hat man und umso mehr ist man natürlich an einer Aufrechterhaltung der geltenden Ordnung interessiert.....ich rede jetzt NICHT von Einzelfällen. Sicher gibt es immer wieder mal paar verrückte Idealisten.
Ich rede von einer Summe von Entscheidungen, die im globalen DURCHSCHNITT von der Tendenz geprägt sind, das System (um jeden Preis) aufrecht zu erhalten. Das führt jedoch IMMER dazu, dass "lieber etwas zu stark reguliert" wird. Das reicht schon aus für den programmierten Kollaps / Aufschaukeln des Systems.... hinzu kommen noch extrem ungüstige Faktoren wie Zinseszins...
Letztendlich geht es aber nicht um Geld oder Summen, oder Schulden.
Das ist alles verschleiernder Firlefanz.
Es geht um die herrschende Gesellschaftsordnung.
Wer ist oben, wer darf arbeiten, wer muss arbeiten, wer wird ausgebeutet und wer ist richtig unten.
Punkt.
Ein Finanz-Systemcrash bedeutet zwar noch nicht, dass die bestehende Ordnung zerfällt, gefährdet diese allerdings massivst.
Daher wird ein Systemcrash unter Aufbietung aller Mittel verhindert, auch wenn dies irrational erscheint.
Erkenntnis:
Das Welt(Finanz-/Macht-/Gesellschafts-)System wird sich also durch übertriebene Regelung so selbst erhalten, bis wirklich GARNICHTS mehr zu retten ist. i.D: Regelungstechnik spricht man von einem System mit einem instabilen Ruhepunkt.
Bildhafter Vergleich:
Stellt euch eine auf dem Kopf stehende Pyramide vor.
[ein stabiler Ruhepunkt wäre: Pyramide richtig herum]
Sie steht in perfekter Balance, bis eine minimalste Auslenkung (etwa durch einen Luftzug o.Ä) kommt. Die Pyramide wird sich leicht mit beschleunigender Tendenz in die Richtung des Störimpulses bewegen und schließlich umfallen.
In unserem hypothetischen Gedankenexperiment kann man dagegensteuern und auf der anderen Seite der Pyramide ein kleines Gewicht drauflegen.
Aber da man nicht genau bestimmen kann wieviel Gewicht man nehmen muss, legt man immer "lieber etwas zuviel" drauf.
Die Pyramide bewegt sich also i.d. entgegengesetzte Richtung und schwingt dort über, was wieder ein regulierendes Eingreifen mit einem minimal größeren Gewicht i.d. andere Richtung erfordert. usw.
Man kann zwar eine zeitlang erfolgreich dagegensteuern, aber irgendwann wird man mit unrealistisch hohen Gewichten dagegenhalten müssen, da die alten Gewichte natürlich auf der Pyramide liegen bleiben. => Crash.
Würde man zu dem Schluss gelangen, dass unser System sich also in der oben beschriebenen Verfassung befindet, dann kann man folgende Aspekte logisch folgern:
00. Die Ruhelage des System ist instabil (Zinseszinseffekt, Machterhalt, Unterdrückung).
0. Perfekte Regulation eines instabilen (erst recht: beliebig komplexen) Gleichgewichtes ist praktisch nicht möglich
1. dass das System nicht einfach "jetzt schon aufgegeben wird" sondern, dass man alles menschenmögliche tun wird, es so lange wie möglich am Leben zu erhalten.
2. dies erfordert immer höhere regulative Eingriffe
3. keine Regulation ist perfekt = der PonR ist überschritten, sobald die Regulationseingriffe durch die systemgegebene Dämpfung / Reibung (man kann es auch Selbstheilungskraft nennen) nicht mehr abgemildert werden
4. ungedämpfe Regulationsfehler schaukeln sich auf, umso stärker ich in der letzten Krise eingriffen habe, umso stärker wird die kommende Krise werden, umso stärker werde ich dann eingreifen müssen, etc.
Aus diesen Fakten kann man logisch Schlussfolgern zu welchem Zeitpunkt das System kollabieren wird:
5. Das System wird NICHT in einer Entspannungsphase/Pseudo-Gleichgewichtsphase (=Überschwingen i.d. andere Richtung) wie wir sie jetzt haben aus sich herhaus scheitern/kollabieren/etc.
6. Das System wird kollabieren, wenn es so stark im Ungleichgewicht ist, dass nicht mehr dagegen reguliert werden kann.
7. Dies geschieht also in einer Phase maximalen Ungleichgewichtes.
8. die letzte Phase max. Ungleichgewichtes haben wir Anfang 2009 überlebt, wegen massiver Gegenregulation erfolgte kein Kollaps.
9. Aktuell haben wir in etwa den Systemzustand vor der Krise wiederhergestellt. Doch wir befinden uns erst im "Nulldurchgang", das System hat noch so viel Schwung, dass es i.d. andere Richtung überschwingen MUSS.
10. Wir werden deutliche ATH sehen, bevor es wieder massivst (dann noch schlimmer) i.d. nächste Krise geht.
Fazit:
A. Wer sagt, wir würden uns aktuell in einer Seitwärtsbewegung befinden, würde damit behaupten, unser System befände sich in einer INSTABILEN, aber perfekt regulierten Ruhelage.
(Pyramide auf dem Kopf)
Er würde behaupten:
in der letzten Krise wurde nur exakt soviel Geld an den millionen "richtigen" Stellen i.d. (extrem komplexen) Markt gepumpt, wie nötig ist, um die Krise exakt zu überwinden (ohne Überschwingen).
Das wäre die beste aller Welten, ist jedoch physikalisch nicht möglich (noch nicht; Zeitreisende würden auch instabile Ruhelagen stabilisieren können).
Fazit von A wäre: wir können den instabilen Markt so perfekt regulieren, dass es in Zukunft keine Über- oder Untertreibungen mehr gibt.
Nach der Seitwärtsphase (Abbau der vorherigen Übertreibung): Langsam aber kontinierlich bergauf.
Das System bleibt langfristig stabil.
Das ist aber leider unrealistisch!
[Lieber A.L. folgender Punkt richtet sich speziell an dich :)]
B. Wer sagt, wir befänden uns aktuell in einer Baissephase, würde damit behaupten:
Entweder: Es kommt kein Überschwingen -im Gegenteil, Grund: wir haben i.d. zurückliegenden Krise ZU WENIG Geld i.d. Markt gepumpt!
ODER:
EGAL wieviel Liquidität wir i.d. Markt pumpen, es kommt zu keinem Überschwingen.
Dies entspricht dem Bild der stehenden Pyramide!
Hier gelten folgende Regeln:
=> Regulation hat langfristig keine Auswirkungen
=> Störungen haben langfristig keine Auswirkungen
Daraus folgt im Endeffekt:
Es ist gar keine Regulation nötig, das System kehrt nach Störungen automatisch i.d. stabile Ruhelage zurück.
Evtl könnte man grob propagieren, ein Goldwährungssystem ohne Zinsen sei eine natürlich stabile Ruhelage unserer Gesellschaftsordnung. Aber auch dies ist m.E. nicht wünschenwert.
Dennoch: Das System bleibt langfristig ohne Eingreifen stabil.
Aber: Dieses System liegt definitiv nicht vor.
C. Wer sagt, wir befänden uns aktuell in einer Haussephase, würde damit behaupten:
=> In der letzten Krise wurde zuviel Liquidität i.d. Markt gepumpt.
=> Es wurde systemgemäß überreguliert.
=> Es kommt zu einem noch größeren Überschießen i.d. andere Richtung und es werden noch größere Mittel (und noch schnellere Reaktion!) erforderlich sein um die "kommende größte Krise aller Zeiten" wiederum aufzufangen.
=> Wir werden deutliche ATH ansteuern, die genährt werden von den übermäßig eingesetzten Regulationsmitteln der zurückliegenden Krise.
=> Das MODELL, was ich oben "gebastelt" habe sieht vor: umso stärker die zurückliegende Krise, umso stärker die (panikartige) Überregulation, umso stärker das folgende "Überschwingen" also im aktuellen Fall, umso stärker die Hausse.
Dennoch:
Das System bleibt langfristig auf der aktuellen Ruhelage namens "Zins-Kapitalismus" instabil und ist realistisch betrachtet nicht mehr regelbar: es wird irgendwann kollabieren, da real nicht mit Mitteln die exponentiell gegen Unendlich wachsen gegengesteuert werden kann.
Ausblick:
Entweder fällt unser Gesellschaftsystem nach einem Kollaps wieder in die stabile Ruhelage Goldwährung zurück, oder wir schaffen es, uns zu einer neuartigen bislang unbekannten Ruhelage zu begeben, die besser regulierbar ist, als die aktuelle.
Ich persönlich denke natürlich C. trifft es in allen logischen und modellierten Aspekten gut.
Ich bin der Auffassung, dass unsere aktuelle Finanzordnung den Kollaps in sich selber angelegt trägt.
Diese genauere Analyse bringt allerdings kurzfristig folgende erstaunliche Erkenntnis:
dass wir uns aktuell logischerweise MITTEN in einer massiven Haussephase befinden müssen.
Weil ohne übertriebene Hausse würde es schließlich auch keine Krise mehr geben, oder seht ihr das anders?
Weil, würden wir uns nicht in einer Haussephase befinden, wäre unser System stabil und i.d. zurückliegende Krise nicht überreguliert worden.
Dass es nicht stabil ist, ist genauso unzweifelhaft wie der Fakt, das (bewusst) überreguliert wurde.
Entschuldigung, liebe Bären, nehmt es mir nicht persönlich... tut euch lieber einen Gefallen und KAUFTKAUFTKAUFT!!!
Auf der Titanic wird gerade das letzte (oder vorletzte, oder vorvorletzte) Lied gespielt...
und: oh wie schön... es hat gerade erst begonnen.
und: Rettungsboote wurden diesmal zu 100% eingespart.
Ein Narr, wer sich jetzt schon i.d. kalten Fluten stürzt, "weil er ja weiß, dass es ohnehin passieren wird".
Früher war der Endpunkt einer solchen Aufschaukelung irgendwann ein "richtiger" Krieg.
Wie wird es diesmal enden?
Im Interesse aller meine ich:
Hoffentlich nicht schon bald... weil, ich kann nicht anders, weil: auch ich bin ein Profiteur der weltweiten Ungerechtigkeit....