|
"Die AL-Zahlen steigen völlig unabhängig davon, ob Du short bist oder nicht. "
Danke für den freundlichen Trost, aber ich fürchte, ich kann ihn nicht annehmen ;-)
Wenn ich eine signifikante Index-Shortposition halte, die noch dazu stark unter Wasser ist, und für den nächsten Tag sind die Arbeitslosenzahlen angekündigt, und ich überlege mir, was mir lieber wäre, dann ist mir völlig eindeutig das lieber, was für Millionen andere ein Unglück bedeutet.
Das ist einfach so.
"Ein wesentlicher Grund ür unsere heutigen Probleme sind die Handelsungleichgewichte"
"Die Länder mit Handelsungleichgewichten werden schwierige Strukturprobleme lösen müssen. Dabei werden sich die Länder mit Importüberschüssen einfacher tun"
Obwohl das latent ein "linker" Standpunkt ist oder dazu führen kann ("fördert den Binnenkonsum, indem ihr die Löhne erhöht!"), stimme ich zumindest zu, dass die Handelsungleichgewichte ein wichtiger Grund für die Asset-Inflationen waren. Ich stimme auch der IMHO kontraintuitiven Einschätzung zu, dass die Defizitländer das relativ kleinere Problem haben könnten. Deren relative Kontraktion bei Wiederherstellung eines Gleichgewichtes ist nämlich kleiner!
Aus meiner makroökonomischen Froschperspektive erscheint mir, dass Geld durch Kredit geschöpft wird (mit der Frage, was "Geld" eigentlich ist, kann man übrigens wüste Auseinandersetzungen zwischen Volkswirten provozieren :-). Die enormen Kreditierungen der Handelbilanzdefizite der USA z.B. durch China und Japan haben im gleichen Umfang Geld geschöpft und dadurch die weltweite Geldmenge vergrössert, wodurch bei inhärent konstanten Vermögenssachwerten eine relevante Vermögensinflation entstanden ist. Warum ist die noch nicht in die Konsumenteninflation übergesprungen? Darüber denke ich im Einzelnen noch nach ;-). Vermutlich, weil das Verbrauchswachstum unter dem Produktions-Potenzialwachstum gelegen hat. Aber nur weltweit!
Die Kreditierungen gehen aber nicht nur so nicht weiter, sondern werden vermutlich wesentlich zurückgefahren werden müssen. Alleine schon weil China keinen Spass mehr an einer Erhöhung hat, und auch weil sie das Geld für eigene Zwecke brauchen (Binnenkonjunkturprogramm und Wohlstandstransfers, damit das Land nicht auseinanderbricht). Damit sinkt die weltweite Geldmenge, und aus der Vermögenspreisinflation wird eine entsprechende Deflation.
Auch an den Börsen, womit wir knapp rechtzeitig noch wieder zum Bärenthread-Thema zurückgekommen sind ;-)
"Damit sinkt die weltweite Geldmenge, und aus der Vermögenspreisinflation wird eine entsprechende Deflation"
Das ist ja auch das Dilemma der Policy-Maker (vorausgesetzt man hält die nicht simpel für Verbrecher oder Idioten, was ich selbst zumindest nicht tue :-): die Vermögenspreisdeflation führt ziemlich unvermeidbar zu einer Konsumentenpreisdeflation. Manche nennen das auch "negativer Wealth-Effekt". Ist ja auch nicht so furchtbar tiefsinnig, denn jeder der nachhaltig sein Vermögen für geschrumpft hält, wird nicht mehr so viel ausgeben wollen wie jemand, der es für gestiegen hält. Die Hypotheken-Zusatzbeleihung der Amis war ja nur eine Kulmination dieses Effektes
Weil Konsumentenpreisdeflation aber wohl wirklich ein Unglück ist und zu nachhaltig negativen "Wachstums"-Raten führen kann, muss man den negativen Wealth-Effekt zu verhindern versuchen. Das geht aber IMHO nur, wenn man die Vermögenspreisdeflation stoppt oder rückgängig macht. Dafür muss man wie Teufel Geld drucken und sonstige Vermögens-"Blasen" wieder neu aufpumpen. Nicht zuletzt die Börse. Deshalb auch die vielen Spin-Doktoren, deren Tätigkeit in einem gewissen Sinne also sogar produktiv ist, IMHO.
Das Ganze ist nun aber ein ziemlich instabiler Steuerungsprozess, ähnlich wie wenn man einen Kater am nächsten Tag durch einen erneuten Schluck aus der Pulle besiegen will, um im Büro fit zu sein. Ein kleines bisschen zu viel, und man kriegt ein Problem mit seinem Chef ;-). Besser man hätte gar nicht erst gesoffen, aber zu dieser Überlegung ist es dann ja wohl zu spät ;-)
Teil der Problematik des instabilen Steuerungsprozesses ist auch, dass die verschiedenen gewollten und ungewollten Blasen in schwer vorhersehbarer Weise miteinander interagieren. Dazu kommt das Problem, dass sie nicht gleichmässig international verteilt sind und nationale Egoismen der prinzipiell vielleicht möglichen Wiederherstellung eines brauchbaren globalen Gleichgewichts entgegenstehen können.
Insofern komme ich auf die Allegorie mit dem Kater zurück: man kann ihn zwar durch geschickte Dosierung des Nachtrunkes einigermassen in Schach halten, aber das Wohlgefühl des Vorabends kriegt man so nicht wieder hin.
Insofern bleibe ich aus meiner makroökonomischen Froschperspektive auch fürs erste weiter Bär ;-)
"Ich kann die Argumentation durchaus nachvollziehen, nur was wird dann mit den Unmengen von Geld, die dann angelegt werden müssen...?"
"Der Thread ist zurzeit wie ein kleiner "Think Tank"."
Aye, aye, Sir! Wir machen weiter!
;-)
Tja, diese "Unmengen von Geld" existieren aus meiner Sicht weitgehend nur fiktiv, d.h. sie sind nicht durch reale Wirtschaftsleistung gedeckt. Selbst die globale "reale Wirtschaftsleistung" der letzten Jahre war im Wesentlichen "geborgt",...
Die Betrachtung ist nicht ungefährlich: Die Geldmengen (so wie die Vermögensgrössen) sind nämlich Bestandsgrössen, die reale Wirtschaftsleistung ist eine Flussgrösse.
Das ist ähnlich wie Bilanz und GuV. Die beiden haben zwar viel miteinander zu tun, aber lassen sich nicht direkt miteinander vergleichen.
Sorry, meine Frau stänkert gerade, dass ich nicht mehr so laut auf der Tastatur rumklappern soll. Das kann gefährlicher werden als ein falsch platzierter Short, und deshalb gebe ich für den Augenblick lieber erstmal Ruhe ;-)
|
| Wertung | Antworten | Thema | Verfasser | letzter Verfasser | letzter Beitrag | |
| 29 | 3.789 | Banken & Finanzen in unserer Weltzone | lars_3 | youmake222 | 10.12.25 11:19 | |
| 469 | 156.440 | Der USA Bären-Thread | Anti Lemming | ARIVA.DE | 08.12.25 18:00 | |
| 55 | PROLOGIS SBI (WKN: 892900) / NYSE | 0815ax | ARIVA.DE | 19.10.25 10:00 | ||
| Daytrading 15.05.2024 | ARIVA.DE | 15.05.24 00:02 | ||||
| Daytrading 14.05.2024 | ARIVA.DE | 14.05.24 00:02 |