für Schnell-Leser: In fett u. a. einige frappierende Parallelen zur heutigen US-Housingkrise. SEHR STARK VEREINFACHT könnte man sagen, dass die Reparationszahlungen Deutschlands nach dem 1. Weltkrieg in die USA (ermöglicht durch zuvor an Deutschland gegebene US-Kredite) und die heutigen "Reparationszahlungen" von SachsenLB, IKB und Co. nach dem verlorenen Subprime-Krieg "gewisse Parallen" aufweisen.
Der YOUNG-PlanDer Young-Plan war der letzte der Reparationspläne, die die Zahlungsverpflichtungen des Deutschen Reichs auf Grundlage des Versailler Vertrags regelten. Er wurde von einem Gremium internationaler Finanzexperten vom Februar bis Juni 1929 in Paris ausgehandelt, die endgültige Ausformulierung erfolgte auf zwei Regierungskonferenzen im August 1929 und im Januar 1930 in Den Haag. Er trat am 17. Mai 1930 rückwirkend zum 1. September 1929 in Kraft und setzte eine
durchschnittliche Annuität von rund zwei Milliarden Reichsmark fest, die zum überwiegenden Teil in Devisen zu zahlen waren. Er sollte bis 1988 gelten, wurde aber bereits im Juni 1931 durch das Hoover-Moratorium ausgesetzt und im Juli 1932 von der Konferenz von Lausanne aufgehoben.
Entstehung
Probleme des Dawes-Plans
1924 war der Dawes-Plan in Kraft getreten, der erste Reparationsplan, der tatsächlich zu Zahlungen an Frankreich führte. Mit der gleichzeitig aufgelegten Dawes-Anleihe war nämlich der amerikanische Kapitalmarkt für Deutschland wieder geöffnet worden, und langfristige Anleihen sowie kurzfristige Kredite flossen in Milliardenhöhe ungefähr hälftig an die deutsche Privatwirtschaft und die öffentlichen Hände im Reich. Dadurch wuchs die Wirtschaft der Weimarer Republik in diesen goldenen zwanziger Jahren deutlich, und trotz passiver Handelsbilanz waren auch genug Devisen vorhanden, um die Annuitäten des Planes zu begleichen.
Dennoch wuchs ab 1927 auf allen Seiten das Unbehagen. Die Banken der Wall Street und das US-Schatzamt machten sich zunehmend Sorgen, dass Deutschland bald überschuldet sein könnte: Seit 1924 waren ausländische Kredite im Wert von über zehn Milliarden Reichsmark nach Deutschland geflossen, von denen ein großer Teil nicht für investive Zwecke ausgegeben wurde: Die deutsche Kommunen finanzierten damit z.B. ihre Parkanlagen und den Wohnungsbau [Ironie der Geschichte, A.L.]. Auch stellte sich die Frage, welche Schuldenart bei einer etwaigen Zahlungskrise denn Priorität haben sollte, die privaten Kredite oder die staatlichen Reparationen. Ein solches Gegeneinanderausspielen beider Schuldenarten lag nämlich durchaus in der deutschen Strategie. Der Reparationsexperte Hans Simon hatte bereits 1927 formuliert: „Je größer unsere private Verschuldung, umso kleiner unsere Reparationen“.
Auch die französische Regierung machte sich zunehmend Sorgen...
Auch in Deutschland war man mit dem Dawes-Plan nicht völlig zufrieden. 1928 wurde nämlich erstmals die Normalannuität von 2,5 Milliarden Reichsmark fällig; sollte die Konjunktur sich noch weiter positiv entwickeln, würde auf Grund des Wohlstandsindex des Planes sogar eine noch höhere Summe fällig, was die deutsche Zahlungsfähigkeit zu übersteigen drohte....
Der Beschluss zur Revision des Dawes-Plans
In dieser Situation reiste der Reparationsagent Seymour Parker Gilbert im Januar 1928 nach Paris und überzeugte die dortige Regierung von seinem Plan einer Gesamtlösung: Die deutschen Reparationen sollten endgültig und auf einem realistischen Niveau festgelegt werden. Das würde es erlauben, die gesamte deutsche Reparationsschuld bei Frankreich als Mobilisierungsanleihe auf den Markt zu bringen: Banken und Privatkunden würden die Anteile kaufen [hört, hört, CDOs lassen grüßen - A.L.] und von Deutschland jährlich Zinsen und Tilgung dafür erhalten, während Frankreich sein Geld auf einen Schlag erhalte und dadurch auch die interallliierten Kriegsschulden auf einen Schlag und zu einem günstigen Disagio zurückzuzahlen. Deutschland würde sich auf einen solchen Plan aber nicht gerne einlassen, da der Schuldendienst an den Reparationsschuldscheinen, wenn sie erst einmal in den Händen von Banken und Privatleuten waren, nicht würde verweigert werden können, ohne die Kreditwürdigkeit der deutschen Wirtschaft empfindlich zu schaden. Um Deutschland dennoch zur Einwilligung zu bewegen, sollte Frankreich seine Soldaten früher aus dem Rheinland abziehen, als im Versailler Vertrag vorgesehen. Gilbert gelang es, die französische Regierung von seinem Plan zu überzeugen. Seit Frühjahr 1928 sprachen sich sowohl Poincaré als auch sein immer verständigungsbereiter Außenminister Aristide Briand in öffentlichen Reden für eine Verkoppelung der Reparationsrevision mit der Rheinlandfrage aus.
In Deutschland war man ursprünglich gegen einen solchen „schauderhaften Kuhhandel“...
Die Regierung unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) versuchte nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages gegen eine Schlusszahlung bestimmte Freiheiten für Deutschland wiederzuerlangen. Dazu gehörten eine Räumung des Rheinlandes, ein Ende der Souveränitätsbeschränkungen durch ein Ende der internationalen Kontrolle über Reichsbank und Reichsbahn und ein Ende der Reparationen. Im September 1928 wurde dann schließlich die Einsetzung einer internationalen Sachverständigenkommission zur Regelung der Reparationsfrage unter dem amerikanischen Wirtschaftsexperten Owen Young bei der Völkerbundtagung beschlossen.
Die Experten-Beratungen [Bearbeiten]
Die vierzehn internationalen Finanzexperten, die den neuen Reparationsplan zu erstellen hatten, sollten unabhängig und nur ihrem ökonomischen Sachverstand verpflichtet sein. Dadurch hoffte man die Reparationen, die aufgrund ihrer Begründung durch den Kriegschuldartikel 231 des Versailler Vertrags moralisch und politisch stark umstritten waren, zu entpolitisieren. Dies misslang, denn damit sie unter dem neuen Plan nicht etwa weniger Reparationen von Deutschland zu erhalten als interalliierte Kriegsschulden an die USA zahlen müssten, legten Poincaré und Churchill bereits am 19. Oktober 1928 das Ergebnis der Expertenberatungen vorab fest. Auf dieses Ergebnis wurden auch die beiden französischen Experten Émile Moreau und Jean Parmentier durch eine Instruktion der Regierung vom 27. Dezember 1928 verpflichtet: Deutschlands künftige Reparationszahlungen mussten die Kriegsschuldenzahlungen der Gläubiger abdecken und für Frankreich und Belgien einen Überschuss erbringen; außerdem mussten sie endgültig festgelegt werden und auf dem Kapitalmarkt mobilisierbar sein. Zwar war Aufnahmemöglichkeit von mobilisierten Reparationen auf dem amerikanischen Kapitalmarkt mittlerweile durch den Börsenboom stark eingeschränkt, der die Wall Street im Sommer 1928 erfasst hatte und der vierzehn Monate später in den verheerenden Crash des Schwarzen Donnerstags münden sollte, doch hoffte man darauf, die Reparationen später an der Wall Street unterbringen zu können.
Die deutschen Experten Hjalmar Schacht und Albert Vögler vertrauten dagegen darauf, dass Grundlage des neuen Plans die objektive Zahlungsfähigkeit Deutschlands und nicht die Bedürfnisse der Gläubigerstaaten sein würden, und bereiteten entsprechende ausführliche Dossiers vor. Sie glaubten auch in einer starken Verhandlungsposition zu sein, da sie die Amerikaner auf ihrer Seite glaubten, die mit Owen D. Young den Vorsitzenden des Ausschusses stellten. Bei den Beratungen, die am 9. Februar 1929 in Paris begannen, wurden sie aber enttäuscht: Briten und Franzosen teilten ihm ganz unverblümt mit, dass sie eine Annuität von 2 bis 2,5 Milliarden RM erwarteten. Schacht bot am 11. Februar 1,37 Milliarden pro Jahr, allerdings wenn man Deutschland seine Kolonien wiedergebe und bei der Rückgewinnung des polnischen Korridors helfen würde. Die Gläubiger wiesen diesen Vorschlag empört zurück. Schacht reiste nach Berlin und drängte die Reichsregierung darauf, die Verhandlungen platzen zu lassen. Das aber würde aller Welt demonstrieren, dass die Reparation demnächst nicht gesenkt und womöglich die deutsche Zahlungsfähigkeit übersteigen würden. Schon begannen einige internationalen Gläubiger, ihre kurzfristigen Kredite aus Deutschland abzuziehen. Unter diesen Umständen forderte das Kabinett Schacht auf weiterzuverhandeln und wies ihn auf seinen eigenen Wunsch am 1. Mai 1929 an, einem Kompromissvorschlag, den der Ausschussvorsitzende Young in der Zwischenzeit ausgearbeitet hatte, zuzustimmen.
Schacht hatte damit seine Unabhängigkeit aufgegeben, hatte aber auch keine Verantwortung für das Verhandlungsergebnis mehr. Sein Kollege Vögler dagegen trat am 23. Mai zurück: Er wollte die Verhandlungen lieber scheitern und die folgende Kreditkrise eintreten lassen, um die Unfähigkeit Deutschlands zu demonstrieren, jährlich zwei Milliarden Reichsmark Reparationen zu zahlen. Er wurde durch den Geschäftsführer des Reichsverbands der deutschen Industrie, Ludwig Kastl ersetzt, der gemeinsam mit Schacht konstruktiv an der Kompromisssuche mitarbeitete. Am 9. Juni 1929 konnten die vierzehn Experten den „Neuen Plan“ vorlegen, der nach dem Vorsitzenden ihres Ausschusses meist „Young-Plan“ genannt wird.
Bedingungen
Das Deutsche Reich sollte die ersten 37 Jahre anfangs 1,7 Mrd. Reichsmark jährlich bezahlen, wobei der Betrag später auf 2,1 Mrd. steigen sollte. Nach dieser Zeit sollte Deutschland weitere 22 Jahresraten von 1,65 Mrd. RM zahlen. Die Zahlungen sollten also insgesamt 59 Jahre (also bis zum Jahr 1988) dauern und es sollten insgesamt 116 Mrd. RM bezahlt werden. Der Transferschutz wurde beendet und Deutschland musste jedes Jahr mindestens 600 Mio. RM in Devisen zahlen, der Restbetrag konnte gestundet werden.
Da die Zahlungen in fremder Währung zu begleichen waren, schuf man die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Die alliierte Reparationskommission und der Reparationsagent beendeten ihre Arbeit. Außerdem wurde dem Deutschen Reich eine internationale Anleihe, die so genannte Young-Anleihe, in Höhe von 300 Mio. Dollar gewährt. Deren Laufzeit wurde 1952 im Londoner Schuldenabkommen bis 1980 verlängert.
Im Young-Plan wurde auch die vorzeitige Räumung des Rheinlandes bis 30. Juni 1930 (5 Jahre früher als im Versailler Vertrag vereinbart) und das Ende der Souveränitätsbeschränkungen von Reichsbank und Reichsbahn vereinbart.
Zwar wurden die Gesamtbelastung und die jährlichen Zahlungsraten gesenkt, die Laufzeit aber gegenüber dem Londoner Ultimatum bis ins Jahr 1988 verlängert. Im Gegenzug zur Annahme des neuen Reparationsplans verpflichteten sich die Alliierten gegenüber Reichsaußenminister Gustav Stresemann, das gesamte Rheinland vorzeitig zu räumen.
Volksentscheid über Young-Plan
Obwohl dies eine finanzielle Entlastung des Deutschen Reiches gegenüber bestehenden Abkommen bedeutete, suchten die rechten Vereinigungen Deutschnationale Volkspartei, Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und der Stahlhelm diesen Plan im Wege einer Volksabstimmung zu Fall zu bringen. DNVP-Vorsitzender Alfred Hugenberg nannte den Plan eine „Maschinerie des Hochkapitalismus zur Unterjochung Deutschlands“, vor allem die lange Dauer der Zahlungsverpflichtung wurden in der rechten Agitation herausgestrichen ("Bis in die dritte Generation müsst ihr fronen!"). Sie gründeten im Juli 1929 den "Reichsausschuß für das Volksbegehren gegen den Young-Plan". Am 22. Dezember 1929 stimmten die Bürger über das "Freiheitsgesetz" ab, das den ganzen Versailler Vertrag revidieren sollte und die Bestrafung der Unterzeichner des Planes durch Zuchthaus wegen Landesverrats enthielt. Der Volksentscheid scheiterte, da für einen Erfolg die Zustimmung von 50% aller Wahlberechtigten nötig gewesen wäre, sich aber nur 13,5% aller Wahlberechtigten im Volksbegehren gegen den Young-Plan aussprachen - die Regierung hatte den Abstimmungstermin absichtlich auf den letzten verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten gelegt.
In der älteren Forschung wurde oft die These vertreten, die Zusammenarbeit gerade mit dem finanzstarken Hugenberg und den bürgerlichen Rechtsradikalen habe NSDAP "salonfähig" gemacht hat und sei für ihren weiteren Aufstieg von entscheidender Bedeutung. Dem wird in den Arbeiten des Berliner Politikwissenschaftlers Otmar Jung widersprochen, der zeigt, dass der Aufwärtstrend in den Wahlergebnisse für die NSDAP schon vor der Youngplankampagne eingesetzt hatten.
Quelle: Wikipedia, Stichwörter: Dawes-Plan, Young-Plan