Die Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung treibt die Kurse von Forward-Kontrakten (Futures) für Rohstoffe von Öl über Kupfer bis Aluminium seit letztem Winter kontinuierlich in die Höhe.
Beispiel Aluminium: Alle Welt erwartet eine Wirtschaftserholung. Deshalb sind Kontrakte zur Lieferung im nächsten Herbst sagen wir 10 % teurer, als Alu jetzt am Spotmarkt kostet. An diesem Contango versuchen Händler (Commercials) zu verdienen. Sie verkaufen die Futures zur Lieferung im Herbst short und sichern sich durch Aufkauf der äquivalenten Menge an physischem Aluminium am Spotmarkt ab. Das Aluminium kommt dann bis zum Herbst in eines der vielen Lagerhäuser der London Metal Exchange, z. B. in Liverpool oder Rotterdam. Diese Lagerhäuser sind inzwischen zum Bersten voll. Die Öl-Hedger lagern physisch gekauftes Öl (als Absicherung zu geshorteten Öl-Futures) in Tankern, die auf der Nordsee dümpeln.
Dabei wird von diesen Commercials in jedem Fall Geld verdient. Sollte Alu "wider Erwarten" bis Herbst deutlich billiger werden, gewinnt der Future-Short stark an Wert und gleicht die Verluste beim physisch gelagerten Alu aus. Der Arbitragegewinn aus dem Deal bleibt erhalten. Steigt Alu hingegen wie erwartet, wird bei Fälligkeit des Futures-Shorts das eingelagerte Alu physisch geliefert. Der Arbitragegewinn wird auch dann voll vereinnahmt. Denn das Alu wurde ja schon heute, 10 % billiger als der Forward-Kontrakt im Herbst, am Spotmarkt gekauft. Die 10 % Gewinn - abzüglich Lagerkosten bis Herbst - sind somit sicher.
Treiber des Contangos ist die Erwartung auf Erholung. Ohne diese Erwartung wären die Forward-Kontrakte nicht deutlich teurer. Es gibt viele Firmen, die Alu für die Fertigung benötigen und sich gegen mögliche Preisanstiege im Voraus absichern müssen. Boeing etwa kann es sich nicht leisten, Goldman-Sachs-Calls zu ignorieren, denen zufolge Alu im Herbst "wegen der hohen China-Nachfrage blah-blah" deutlich teurer werden soll. Goldman nennt dabei auch gern überhöhte Kurszielen, z. B. 25 % Preisanstieg, weil dann Boeing ja liebend gern Herbst-Futures mit "nur" 10 % Aufschlag kauft. Theoretisch würde Boeing 15 % Gewinn machen, wenn Alu bis dahin TATSÄCHLICH um 25 % steigt.
Wie sehr so etwas in der Hose gehen kann, musste u. a. Lufthansa bei Ölabsicherungsgeschäften in 2008 feststellen. Lufthansa hatte sich - getrieben vom damaligen GS-Hype mit "Öl-Kursziel: 200 Dollar" - im Frühjahr 2008 den damals extrem hohen Ölpreis von 140 Dollar gesichert - durch Kauf teurerer Futures-Kontrakte. Doch dann kam in der 2. JH 2008 ein Mörder-Preisverfall: Öl stürzte von 147 auf 35 Dollar im Dezember ab. Lufthansa hätte wegen der "Absicherung" nun auch weiterhin für 140 Dollar "tanken" müssen. Doch die Kranichflieger hatten Glück im Unglück: Sie schlossen die Absicherungsgeschäfte mit Lehman ab, und Lehman ging im Herbst selber pleite. Damit wurden die Deals hinfällig. Das Emittentenrisiko kann in solchen Fällen sogar ein Vorteil sein. Das Beispiel zeigt jedoch, welche Macht die Rohstoff-Abteilungen der großen Broker auf Firmenentscheidungen zur Absicherung haben. Kein Wunder, dass jetzt auch die DB in den lukrativen Rohstoff-Markt einsteigen will.
Die Contango-Geschäfte treiben seit Ende 2008 die Rohstoffpreise wie am Seil gezogen in die Höhe. Nullzinsen machen die Geschäfte noch attraktiver. Man kann sich dann fast gratis Geld leihen und riesige Mengen Alu in Lagerhäusern aufschichten. Der Contango-Gewinn wird dann praktisch nur noch durch die Lagerkosten geschmälert. Manche Rohstoffe haben sich seit letzten Winter verdoppelt oder gar verdreifacht. Grund ist die steigende physische Nachfrage am Spotmarkt, die aber überwiegend auf das o. g. Arbitrage-Hedging der Future-shortenden Commercials zurückgeht.
So kann Wahnsinn zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung werden.
Die Deals geraten jedoch ins Kippen, sobald die Zentralbanken die Gratisgeld-Aktionen beenden und die Leitzinsen erhöhen. Dann müssen die Händler auf das Geld für das Rohstoff-Bunkern ja plötzlich Zinsen bezahlen. Diese Zinsen sind dabei die einzige Klemme, weil die Arbitrage-Deals preisunabhängige Selbstgänger sind.
Nichtsdestotrotz steigt bei steigenden Zinsen die Neigung der Rohstoff-Horter, die Geschäfte rückabzuwickeln. Sie verkaufen dazu das physisch gelagerte Alu und kaufen gleichzeitig die geshorteten Futures zurück. Auf dem Spotmarkt kann das plötzliche starke Überangebot an Alu aber zu einem großen Kursrutsch führen. Er hält die Händler nicht davon ab, immer weiter zu verkaufen, weil die Futures ja entsprechend mitfallen. Sie wollen einfach nur raus, um der Zinsklemme zu entgehen. Im Extrem können Alu, Kupfer, Öl und sonstige Rohstoffe wie Steine fallen. Leidtragende sind dann vor allem Hedgefonds (specs), die ohne physische Absicherung long in den Futures sind. Sie stellen die Gegenseite zu den Rohstoff-Hedgern (Commercials), die die Futures geshortet hatten. Doch während die Hedger die physischen Rohstoffe als Absicherung haben, haben die Hedgefonds, die "nackt" long in den Futures sind, nur die "Arschkarte". Sie müssen wegen Margin-Druck raus, koste es, was es wolle. Dies treibt die vom Spotmarkt kommende Abwärtslawine weiter voran. Viele Hedgefonds gehen dabei vor die Hunde.
Die Alcoa-Zahlen am Montag könnten trotz des gestiegenen Alu-Preises schlechter als erwartet ausfallen. Manche Analysten rechnen mit nur 3 Cents, während der Konsens 6 Cents veranschlagt.
Der Alcoa-Kurs folgt zwar eng dem Alu, und das hat sich ab März fast verdoppelt (Chart unten). Doch der Contango ist seitdem kleiner geworden, weil Erwartungen nicht ins Endlose steigen können. Sobald dir Schere zu klein wird und das Horten sich nicht mehr lohnt, weil die Arbitrage-Gewinne relativ zu den Lagerkosten zu klein werden, lösen Commercials die Lagerbestände auf, was Druck auf dem Spotmarkt erzeugt. Das ist der wichtigste Grund für Verkäufe neben dem o. g. Zinsdruck. Die Börse nimmt fallende Rohstoffpreise in einem Umfeld potenziell steigender Dollarzinsen teils vorweg. Wenn das Alcoa-Management realistisch bleibt, dürfte der Ausblick nicht allzu rosig ausfallen.
Alcoa ist somit ein zinssensitiver Titel, der bislang von den Nullzinsen profitierte. Wenn die Leitzinsen steigen (evtl. schon im Frühjahr) und Liquidität zurückgefahren wird, ist es mit der bisherigen Rohstoff-Herrlichkeit schnell wieder vorbei. Die Rückabwicklung kann panisch erfolgen, wenn auf dem falschen Fuß erwischte Hedgefonds mit zu großen Posis Druck und Nervenflattern bekommen. Das ganze Gelaber von der "riesigen China-Nachfrage usw." verstummt dann praktisch über Nacht - wie im 2. Halbjahr 2008...
Outlook for Alcoa: Risky Business
by Scott Eden
NEW YORK (TheStreet) -- Aluminum giant Alcoa (AA Quote) will release its fourth-quarter results on Monday, but investors and analysts will likely be paying attention to what the company has to say about the unusual status of the aluminum market more than almost anything else in its quarterly report.
The metal, of course, is a tradeable commodity -- and for at least the last year, a slew of huge contango trades made by big-money market participants has removed an enormous quantity of aluminum from the market.
Known as financing deals, these trades are essentially arbitrage plays, and they make it necessary to buy and store physical aluminum. Vast stores of metal are now sitting in warehouses run by the London Metals Exchange in places like Rotterdam and Liverpool.
When eventually the contango ends and the metal hits the market, prices of course will fall -- and so will Alcoa shares, which tightly track the price of the metal.
Other factors have recently helped lift aluminum prices on the LME -- and thus Alcoa stock. Over the last six months or so, speculators have bought up long positions in aluminum, a form of the same carry trade that has become so popular among finance pros here in the era of the zero interest rate. Rising prices, meanwhile, have squeezed short traders, forcing them to cover their positions and adding to the aluminum-price spike.
The question, then, has become: When will all these bets unwind? The obvious answer: whenever the Federal Reserve raises rates, easing back on the spigot of free-flowing money, strengthening the dollar and making commodities less appealing to investors.
Until the aluminum market goes back to normal, Alcoa stock will remain a risky wager, analysts say. Partly for this reason, Citigroup(C Quote) analyst Brian Yu cut his rating on Alcoa Wednesday to hold/high risk from buy/high risk. In a research note, he also cited the stock's high price relative to the company's projected 2010 earnings.
Yu is bearish relative to his peers when it comes to Alcoa's fourth quarter. He believes the company will miss the consensus Wall Street earnings estimate of 6 cents a share, according to Thompson Reuters. Yu is looking for just 3 cents a share; he expects the weaker dollar to drag on earnings more than most expect.
Still, Monday will likely mark Alcoa's second period in a row with black ink on the bottom line after a string of quarterly losses. (A year ago, the company posted a $1.2 billion loss, mostly as a result of restructuring costs and a cratering aluminum market.) To deal with the recession, Alcoa has undergone massive cost cuts by laying off some 13,000 workers and idling smelters.
As such, investors will be looking closely at how those cost cuts have affected the company's bottom line. They'll also pay attention to the company's big aerospace and automobile segments for signs of life in those downtrodden end markets. Alcoa may discuss how much business it expects to do with Boeing as it fills out orders for the 787 Dreamliner.
Alcoa shares were trading late in Friday's session at $17.02, up 41 cents, or 2.5%, on volume of 33 million shares, in line with the daily average. The stock set another new 52-week high, $17.06, intraday on Wednesday.
Other metals stocks rose sharply Friday, especially steelmakers. Among other aluminum names, Kaiser (KALU) shares rose 2.5% to 17.02, Century Aluminum (CENX) jumped 4.8% to $17.83. while American depositary receipts of the Aluminum Corp. of China(ACH Quote) advanced 1.4% to $32.37.
www.thestreet.com/story/10658440/1/...lcoa-risky-business.html