Aber noch schlechter fühlt sich in den USA Stephen Schwarzman behandelt. Monatelang hat der Chef der Private-Equity-Gesellschaft Blackstone den Börsengang seines Unternehmens geplant. Alles war auf den Tag, die Stunde vorbestimmt - bis ihm zwei Senatoren einen Strich durch die Rechnung machten. Sie schlugen eine höhere Steuer für Finanzinvestoren vor: eine Bürde für den Börsengang, der 4,7 Mrd. $ bringen soll. Schwarzman zog ihn um eine Woche vor. Auf heute.
Vorbei die Zeit, in der die Fonds-Chefs ihre Milliarden verdienen, ohne dem Staat davon einen größeren Happen abzutreten. Selbst in den kapitalistischen Zentren der Welt, in London und New York, ist Schluss mit lustig. Die Politik will ihnen höhere Steuern aufhalsen.
Die einfachen Bürger werden dazu applaudieren. Warum sollen Leuten wie Schwarzman, der im vergangenen Jahr 400 Mio. $ verdiente, prozentual weniger Steuern aufgelastet werden als Krankenschwestern oder Bauarbeitern? Diese Frage stellen nun sogar einige Fondsmanager. So sagt der Chef von SVG Capital, Nicholas Ferguson, dass es nicht richtig sein könne, wenn ein Private-Equity-Manager weniger Steuern zahle als eine Putzfrau.
Briten lachen über DeutscheDie Macher hinter den deutschen Beteiligungsgesellschaften kennen die Vorwürfe schon lange, die ihre Kollegen in der City und der Wall Street sich nun anhören müssen. Den entscheidenden Beitrag zur hiesigen Kritik hat Vizekanzler Franz Müntefering geleistet. Ende 2004 beschimpfte er die Finanzinvestoren als "verantwortungslose Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputt gehen lassen, wenn sie sie abgefressen haben". Das Synonym Heuschrecke war geboren. In Münteferings Büro steht heute in einem Regal eine grüne Metall-Heuschrecke.
In Großbritannien machte man sich danach noch über die Deutschen lustig, die wieder mal nichts verstehen von der angeblich modernsten und elegantesten Form des Kapitalismus'. Doch nun nähert sich die Meinung der britischen Öffentlichkeit immer mehr der des SPD-Politikers an. Selbst der in Wirtschaftsfragen liberale Tony Blair gibt sich kritisch: "Die Leute machen sich Sorgen", sagte der Premierminister im Unterhaus. Er sieht "tatsächliche Probleme" bei der jetzigen Besteuerung der Unternehmen.
Das bringt seinen designierten Nachfolger Gordon Brown in Zugzwang. Er hat die Branche zwar als "Streitmacht für das Gute" bezeichnet. Doch wird er ihnen schärfere Regeln aufdrücken müssen. Zu schwerwiegend sind inzwischen die Vorwürfe, die den Finanzinvestoren entgegengestellt werden: Sie würden Arbeitsplätze vernichten. Würden Firmen für ihre eigene Übernahme bezahlen lassen und sie mit Milliardenschulden überhäufen. Würden die Betriebsrentenkassen austrocknen und dabei auch noch massiv Steuern sparen.
In Großbritannien können die Finanzinvestoren ihre Gewinnbeteiligung (carried interest), die den größten Teil ihres Einkommens darstellt, zum Kapitalertragssteuersatz von zehn Prozent oder sogar weniger versteuern. Würden sie ein Gehalt beziehen, müssten sie 40 Prozent an den Staat abtreten. Im Herbst wird das britische Finanzministerium Vorschläge machen, wie sich das ändern lässt.
Die Volksvertreter in den USA sind mit ihren Plänen schon konkreter. Die Politiker reagieren auf eine neue Strömung im Volk. In einer Zeit, in der 40 Millionen Amerikaner sich keine Krankenversicherung leisten können und immer mehr Pensionäre um ihre Betriebsrente bangen, wecken die Managergehälter selbst in den USA Bitterkeit, die ja nie eine Neidgesellschaft waren. Schlagzeilen über die 1,5-Mio.-$-teure Geburtstagsparty von Blackstone-Chef Schwarzman heizen die Stimmung an. Auch die immer größeren Übernahmeziele der Firmenjäger mehren die Sorgen über den Einfluss der kaum regulierten Fonds. Die bisher größte angekündigte Transaktion ist die 45-Mrd.-$-schwere Übernahme des Energieversorgers TXU durch KKR und Texas Pacific.
Anführer des Feldzuges sind die Senatoren Charles Grassley und Max Baucus. Die Kritiker haben sowohl die Steuervorteile der Fondsmanager als auch die Vorteile der Firmen im Blick. Bei den Managern soll sich die Art der Besteuerung verändern. Zurzeit nutzen sie eine Lücke im Gesetz und zahlen auf einen großen Teil ihrer Einkünfte nur 15 Prozent statt des normalen Einkommenssteuersatzes von 35 Prozent.
Die Firmenbesteuerung verändern soll ein Gesetzentwurf, den der einflussreiche Finanzausschuss in der vergangenen Woche vorgelegt hat. Der Entwurf sieht vor, die Besteuerung der als Partnerschaften organisierten Private-Equity-Firmen der Einkommenssteuer normaler Unternehmen anzugleichen. Damit würde sich die Steuerlast für die Aufkäufer verdoppeln. Das neue Gesetz soll allerdings nur für börsennotierte Beteiligungsgesellschaften gelten. "Es ist unfair einem börsennotierten Unternehmen zu erlauben, wie ein Unternehmen aufzutreten, aber es nicht zwingt, dieselben Steuern zu zahlen", argumentiert Senator Grassley.
Der Vorschlag der Senatoren ist aus der Sicht der Kritiker notwendig. "Hier gilt, je reicher jemand ist, desto weniger Steuern zahlt er", schimpft Robert McIntyre vom Institute on Taxation and Economic Policy, einer Organisation, die für mehr Steuergerechtigkeit kämpft. Er räumt den Steuerplänen gute Chancen ein - zumal die Demokraten seit den Wahlen im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben.
Großes Wehklagen zeichnet sich abKein Wunder, dass schon die Änderungsvorschläge im Senat für die Besteuerung Schwarzman vor seinem Börsengang derart erschreckte und den Aktienkurs des börsennotierten Fonds Fortress einbrechen ließ.
Kommen die neuen Steuergesetze tatsächlich - am Mittwoch wurde im Repräsentantenhaus ein noch schärferer Entwurf eingebracht - so wird das Wehklagen der Heuschrecken groß sein. "Das wäre ein Desaster für die Branche", sagt David Snow, Herausgeber des Branchendienstes Private Equity International. Die Fonds würden Milliardengewinne einbüßen, ihr schönes Leben wäre um einiges härter.
"Im Gegensatz zu Europa oder Korea ist die Branche hier in den USA in Watte gepackt", sagt Josh Lerner von der Harvard Business School. Doch auch im strengen Europa verschärfen sich die Regeln. In Deutschland arbeitet die Große Koalition daran, die Steuern der Fondsmanager zu erhöhen. Derzeit müssen sie maximal 22,5 Prozent der Gewinnbeteiligung an den Fiskus abgeben. Finanzminister Peer Steinbrück will den Betrag erhöhen, indem er den steuerfreien Anteil um zehn Prozentpunkte absenkt. "Wir wollen Wagniskapital fördern und nicht Manager", heißt es im Ministerium. Dazu stoppt die Koalition ihre alten Pläne, die Branche großzügig zu unterstützen. Ein Gutachten empfahl eine Förderung in Höhe von 15 Mrd. Euro, nun wird es wahrscheinlich nur 260 Mio. Euro geben.
In einer Diskussion mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann machte Steinbrück am Mittwochabend seine Position noch einmal klar: "Es wird in Deutschland nicht, jedenfalls nicht mit meiner Unterstützung, zu einer breiten Förderung von Private Equity kommen."
Doch die größte Gefahr für die Finanzinvestoren droht vom Markt selbst. Zentralbanken erhöhen weltweit die Zinsen. "Was wir sehen, ist ein Absaugen der Liquidität, die durch die globalen Märkte schwappt", sagt Gus Faucher, Direktor Macroeconomics bei Moody's Economy.com. Damit steigen die Finanzierungskosten für die Firmenaufkäufer. Höhere Zinsen könnten eine weit wirksamere Bremse für die Branche sein als der Fiskus oder regulierungswütige Volksvertreter.
Von Heike Buchter (New York), Titus Kroder (London) und Guido Bohsem (Berlin)
Quelle: Financial Times Deutschland
Servus, J.B.