1. Wie lange beschäftigen Sie sich mit Trading bzw. wie lange haben Sie gebraucht, bis es geklappt hatte?
Ich hatte rund 3 Jahre erfolglos getraded und dabei geglaubt, dass es wichtig ist die Märkte zu prognostizieren. Ich habe mich mit allen Themen beschäftigt: Elliott-Wellen, Chartformation, Indikatoren, Candlesticks. Ich war immer auf der Suche nach dem Heiligen Gral, der Analysetechnik, die mir ausgezeichnete Einstiege vermitteln würde. Erst nach herben Verlusten und der Erkenntnis, dass ich die Märkte nicht dauerhaft erfolgreich prognostizieren kann, habe ich begriffen, dass Trading-Erfolg auf anderen Faktoren fußen muss. Es dauerte also rund 3-4 Jahre, bevor ich konstant profitabel wurde.
2. Wie hoch ist Ihre Trefferquote?
Das ist eine Frage die gerne gestellt wird. Wenn Sie wollen, dann gebe ich Ihnen hier und jetzt ein System mit einer Trefferquote von 99%. 99 von 100 Trades werden, wenn Sie nach diesem System handeln, Gewinner sein. Alles, was Sie tun müssen ist sich eine Zeitung kaufen, den Kursteil an die Wand hängen, einen Dartpfeil werfen und die jeweilige Aktie kaufen. Und sobald sie nur einen einzigen Cent im Gewinn sind, müssen Sie die Position wieder abstoßen. Da es extrem unwahrscheinlich ist, dass sie genau am Hochpunkt einsteigen, werden sie de facto 99 von 100 Gewinntrades haben.
Aber sie werden unterm Strich Geld verlieren, da dieses System keine Verlustbegrenzung bzw. Gewinnmaximierung kennt. Hohe Trefferquoten werden meist für Marketingzwecke eingesetzt - sind aber meistens nutzlos. Die besten Trading-Strategien haben eine Trefferquote von unter 50%, aber die Gewinner verdienen ein Vielfaches der Verlierer. Gutes Trading hat nichts mit einer hohen Trefferquote zu tun. Gutes Trading fußt einer Symbiose zwischen Money Management und Psychologie - und natürlich auch einer guten Systematik.
3. Bitte definieren Sie Money Management. Was sind die Ziele des Money Managements beim Trading?
Durch Money-Management versucht sich der profit-orientierte Trader einen statistischen Vorteil an den Märkten zu erarbeiten. Dabei wird das höchst zulässige Risiko ermittelt; ob man Teilverkäufe tätigt - und v.a. wie viel Stück einer Aktie in welcher Situation gekauft werden können. Die Positionsgrößenbestimmung und das Positionsmanagement sind zwei wichtige Zutaten für den Börsenerfolg. Es ist wichtig, dass die Gewinner mehr verdienen, als die Verlierer abgeben. Hier kann man sich bei der Tradeauswahl auf Chance/Risiko-Verhältnisse (CRVs) stützen. Das Verhältnis von Gewinnchance zu potentiellem Verlustrisiko sollte mindestens 3:1 oder 2:1 betragen. Die Gewinnchance wird vor dem Trade durch das Kursziel bestimmt.
4. Wie Sie sagen, die Gewinnchance wird durch das Kursziel bestimmt. Wie wird aus obiger Faustregel das Verlustrisiko abgeleitet? Bitte bringen Sie ein Beispiel für die Anwendung der Faustregel.
Der absolute Verlust entspricht immer ihrem Stopp-Loss - den sie ja selbst definieren. Den Stopp-Loss können sie entweder als Pattern Stopp-Loss wählen oder als Vola-Stopp. Ich darf erläutern: Wenn Sie davon ausgehen, dass sie bei jedem Trade 1% ihres Kapitals riskieren: und nur Trades mit einem Chance/Risiko Profil von mindestens 2,5 eingehen; dann entspricht bei Gewinntrades ihr Ertrag +2,5% und bei Verlusttrades -1%.
Wenn sie eine Trefferquote von 50% haben, dann werden sie netto 1,5% (2,5 – 1 = 1.5) verdienen. Money-Management erkennt also an, dass sie die Märkte nicht prognostizieren können, sondern versucht von der Zufallsverteilung der Märkte auszugehen (ähnlich dem Roulette-Tisch). Anhand dieser Annahmen kann man sich Trading-Strategien mit einem positiven Erwartungswert bauen.
5. Das heißt, Ihre Strategie basiert ausschließlich auf Money- bzw. Risiko-Management? Wie bestimmen sie Ihre Einstiege – und noch wichtiger die Stopp-Losses?
Natürlich verwende ich auch die technische Analayse, um gute Einstiegspunkte zu ermitteln. Ich glaube nicht an eine vollkommene Zufallsverteilung der Märkte. Ich handle beispielsweise gerne Seitwärtsphasen und kaufe auf der Unterstützungslinie mit einer Limit-Order. Gehen wir davon aus, dass eine Aktie in eine Seitwärtsphase einläuft. Die Seitwärtsphase wird begrenzt durch eine Unterstützung bei 90 Euro, und einen Widerstand bei 100 Euro. Ich werde dann versuchen bei rund 90 Euro in den Markt zu kommen; meinen Stopp würde ich beispielsweise knapp unter die Unterstützung legen – sagen wir bei etwa 88 Euro. Ich riskiere also 2 Euro pro Aktie, und kann einen gewinn von 10 Euro je Aktie erwarten. Werde ich oft ausgestoppt? Natürlich! Aber das ist nicht wichtig.
Denn, wenn ich eine Trefferquote von circa 40 Prozent habe, wird folgendes passieren: Bei 100 Trades werde ich 60 Verlierer und 40 Gewinner haben. Die 60 Verlierer haben je einen Verlust von 2 Euro (60 x 2 = 120 Euro). Die 40 Gewinner einen Profit von jeweils 10 Euro (40 x 10 = 400 Euro). Netto bleibt also ein Gewinn von 280 Euro (400 -120). Sie sehen, dass System ist mit einer Trefferquote von 40% profitabel. Ganz im Gegensatz zu dem System mit der 99% Trefferquote.
6. Das mit der Trefferquote habe ich verstanden. Jedoch interessiert mich die reale TQ eines Profi-Traders.
Ich habe eine Trefferquote von derzeit rund 48%. Doch das ist für die Bottom-Line, wie gesagt nicht wichtig. Wenn sie wollen, können sie eine 99% Trefferquote haben - innerhalb von Sekunden und ohne komplizierte Systeme. Doch damit werden Sie, wie gesagt, kein Geld verdienen. Ich habe also in weniger als 50% der Fälle “recht”. Doch Sie müssen sich entscheiden: wollen Sie Recht behalten oder wollen Sie Geld verdienen? In den ersten 3 Jahren meiner Karriere wollte ich Recht haben – und Geld verloren. Erst als ich das begriffen habe, dass „Recht haben“ Unfug ist, habe ich begonnen konstant Geld zu verdienen.
7. Bei einem relativ kleinen Trading-Konto ist 1% ja winzig - und damit auch der mögliche Gewinn. Deshalb: Höheres Risiko fahren oder kann ein kleines Konto nicht sinnvoll getradet werden?
Gehen wir davon aus, dass sie 1% pro Trade riskieren, und 10.000 Euro insgesamt zur Verfügung stehen haben. Sie riskieren also 100 Euro pro Trade. Wichtig ist zu begreifen, dass Risiko nicht gleich Positionsgröße ist. Wenn sie eine Aktie bei 100 Euro kaufen, und den Stopp bei 90 Euro haben, so können sie 10 Aktien kaufen. Denn wenn die Aktie auf Ihren Stopp-Loss fällt, verkaufen sie bei 90. Sie haben 10x einen Verlust von 10 euro je Aktie – entspricht gesamt 100 Euro. Um jedoch 100 Aktien zu kaufen brauchen Sie aber 1000 Euro (100 x 10 = 1000). Das Risiko ist also nicht gleich der Positionsgröße. Ich habe noch nie einen profitablen Trader getroffen, der mehr als 3% pro Einzelposition riskiert. Zumindest nicht langfristig profitabel.
8. Nicht immer lässt sich der prozentuale Verlust auf die charttechnische Ausgangslage übertragen. Einen fixen Wert halte ich für falsch.
Das eine Prozent entspricht dem Portfoliorisiko und nicht dem Schwankungswertes der Aktie! Sie müssen den Einstieg definieren, dann den Stopp, und erst dann können sie ihre Positionsgröße ermitteln - um im Verlustfall nur 1% des Depots (!) zu verlieren. Nach einem Verlusttrade schrumpft Ihr Konto also von 100% auf 99%.
9. Soll man der Konstanz wegen immer mit der gleichen Anzahl Kontrakte handeln? Oder soll man die Kontraktanzahl nach gewissen Parametern variieren?
Über diese Frage wurde schon lange und ausgiebig diskutiert. Ich habe für mich folgendes herausgefunden: Ich habe ein einfaches Handelssystem mit unterschiedlichen Money-Management Ansätzen getestet und die Performancezahlen verglichen. Die Handelsregeln waren immer dieselben; nur die Money-Management Regeln waren immer andere. Einmal wurde in Verlustphasen mehr riskiert, beim anderen mehr in Gewinnphasen, das dritte handelte die gleiche Kontraktanzahl je 10.000 Euro im Konto und so weiter. Doch die Quintessenz ist: eine so genannte Anti-Martingale Strategie ist die ertragreichste. Wenn sie immer einen fixen Prozentsatz Ihres Depots riskieren, dann werden sie mehr in Gewinnphasen setzen und weniger in Verlustphasen. Das System hat die beste Performance, wenn sie zwischen 1-2% je Trade riskieren. Wenn sie beispielsweise 5% je Trade riskieren, so haben sie schon verloren. Wieso?
Angenommen es kommt zu einer Verlustserie von 10 Verlusttrades. Das ist ja durchaus im Bereich des Möglichen. Denn selbst im Casino kann 10-mal hintereinander rot bzw. schwarz kommen. Sie riskieren also 5% und haben eine Verlustserie von 10 Trades. Was passiert ist, dass sie jetzt einen Drawdown von rund 40% in Ihrem Depot haben. Wussten Sie, dass sie jetzt rund 80% verdienen müssen um wieder auf null zu kommen? Sie haben 40% statistischen Vorteil auf der Straße liegen lassen! Falsch: Sie haben sich einen statistischen Nachteil erarbeitet! Sie werden Verlusttrades haben - deshalb müssen sie Drawdowns gering halten.
10. Kann man diese Regel in allen Märkten verwenden oder eignen sich diese nur für z.B. Aktienmärkte und nicht nur für Futuresmärkte?
Das Prinzip des Tradingerfolgs ist überall gleich, riskieren sie nicht zu viel pro Einzeltrade. Sie sind sonst früher oder später (statistisch gesehen) dem Untergang geweiht. Erhöhen Sie das prozentuale Risiko auch nicht Gewinnphasen. Denn was passiert, wenn Sie 100% Gewinn erwirtschaften und dann einen Drawdown von 50% haben. Dann sind sie wieder auf 0% Gewinn – und damit in Ihrer Ausgangslage! Kapitalerhalt ist die oberste Regel des Tradingerfolgs! Sie können mit einem hohen Einzelpositionsrisiko zwar schnell Gewinne einfahren, aber sie werden sie aufgrund des hohen Risikos die Gewinne auch wieder abgeben.
11. Das hört sich gut an. Ich sah das Trading immer als große Geldvernichtungsmaschine.
Für die meisten ist Trading auch eine Geldvernichtungsmaschine. Sie verfolgen den falschen Ansatz. Die Meisten glauben, dass es wichtig ist zu wissen wo der DAX hinläuft, welcher Indikator am besten funktioniert, oder welche Parametereinstellungen man verwenden sollte. Ich habe keine Ahnung wo der DAX hinläuft – genauso wenig wie alle anderen. Aber ich weiß, dass selbst wenn ich in weniger als 50% der Fälle Recht habe, dass ich Geld verdienen kann. Zwar nicht immer - aber langfristig unterm Strich gesehen schon.
12. Wenn ich mit dem Gedanken spiele hauptberuflich Trader zu werden, welche Kontogröße ist zwingend erforderlich, um - sagen wir - 5000 € im Monat oder 1000€ die Woche verdienen zu können? Natürlich unter vernünftigen Money- und Risikomanagement Gesichtspunkten.
Bevor sie hauptberuflich traden, sollten sie erst konstant erfolgreich sein. Es sind schon viele auf die Nase geflogen, weil Sie glaubten Sie könnten konstant Geld an den Märkten verdienen ohne großes Training. Denken Sie zurück an das Jahr 1999. Jeder und sein Neffe hat seinen Job an den Nagel gehängt, um zu traden. Schließlich musste man ja nicht viel machen, außer eine Aktie mit der Endung „.com“ zu kaufen, und diese ein paar Tage später wieder mit Gewinn zu verkaufen. Stiegen die Kurse nicht, sondern gaben die Notierungen ab, so musste man einfach nachkaufen. Doch als sich die Marktlage dann änderte und sich die Hausse-Phase ihrem natürlichen Ende näherte, kam es zur natürlichen darwinistischen Selektion. Obendrauf ist Trading unter dem Gesichtspunkt Gewinne machen zu müssen, um sein Leben zu finanzieren eine regelrechte Strapaze, die Verlustserien geradezu anzieht. Solange Sie nebenberuflich keine konstanten Gewinne erwirtschaften, sollten Sie auf gar keinen Fall darüber nachdenken Ihren derzeitigen Job an den Nagel zu hängen.
13. Der Handel in Seitwärtsphasen bringt zu viele Sägezahnverluste mit sich. Es treten zu viele Fehlausbrüche an den angeblichen Unterstützungs bzw. Widerstandspunkten auf.
Stimmt, Sie werden Fehlsignale haben. Es gibt kein perfektes System. Doch wenn sie nur CRVs von 4 handeln, dann brauchen sie keine hohe Trefferquote um erfolgreich zu sein! Erliegen sie nicht dem Wunsch immer recht zu haben. Das wird nicht funktionieren. Wenn Sie nur in 35% der fällen Recht behalten, werden sie mit einem CRV von 4 in Seitwärtsphasen eine Menge Geld verdienen.
14. Wie erreichen Sie eine Trefferquote von (annähernd) 50%?
Indem ich handle ;-). Sie werden im Casino eine langfristige Trefferquote von 48,7 prozent haben (die restlichen Prozent auf 50 nimmt Ihnen die grüne Null weg), beim Kopf-oder-Zahl Spiel, werden sie ebenfalls eine Trefferquote von 50% haben. An der Börse
verhält es sich ähnlich. Handeln Sie einfach in Richtung des übergeordneten Trends (meistens derzeit eher long) und sie werden über kurz oder lang bei 50% rauskommen - egal ob Sie Fibos, Indikatoren, Chartformationen, oder sonst was verwenden.
15. Welche Indikatoren empfehlen Sie?
Ich rate generell vom Einsatz von Indikatoren ab. Ich sage Ihnen auch gerne wieso: egal welchen Indikator Sie verwenden - sei es der RSI, der MACD oder ein anderer - Sie werden nie über eine langfristige Trefferquote von über 50% hinauskommen. Wieso sollte eine spezielle Indikator Einstellung Ihnen die Zukunft verraten können? Das würde bedeuten, dass alles was jemals passieren wird, in einer heiligen Schrift – den Börsenkursen - festgehalten ist. Und das man mit mathematischen Modellen aus den 70er Jahren (den Indikatoren) diese heilige Schrift entschlüsseln kann. Ich zweifle an der Stichhaltigkeit dieser Annahme. Gutes Money-Management erkennt eine gewisse Zufallsverteilung der märkte an, und baut darauf eine profitable Handelstrategie.
16. In welchen Märkten und Zeithorizonten traden Sie? Welche Charts (Min., Stunde, etc.) verwenden Sie? Wie analysieren Sie den Basiswert (Fibo, Pivot, Wellentechnik, etc.)?
Ich habe alles probiert. RSI, MACD, Chartformationen, Fibonaccizahlen, Candlesticks, Zeitzyklen. Als ich bei einem Hedgefonds gearbeitet habe, habe ich sogar mit schwer akademischen Themen wie genetische Algorithmen, Fuzzy Logic und Neuronalen Netzen herum experimentiert. Heute habe ich all das verworfen und arbeite mit Unterstützung und Widerstand. Wieso?
Egal was sie verwenden, sie werden NIE langfristig eine Trefferquote von über 50% haben.
Doch das ist eine Erkenntnis, die man erst sehr spät im Traderleben macht. Der Markt ist in gewisser weise einer Zufallsverteilung unterworfen. Sobald sie ihr System auf dieser Grundannahme aufbauen, werden sie profitabel. Wenn nicht, dann können sie immer noch mein 99% System verwenden. Denn keine Analysetechnik ist so gut wie das 99%-System für die Trefferquote. Aber es ist eben leider wertlos.
17. Wie ist ein Handelsansatz mit einem Chance/Risiko Profil von beispielsweise. 2,5 zu errechnen bezogen auf eine Aktie?
Denken sie bitte an das Beispiel mit der Seitwärtsphase zurück. Eine Aktie ist beispielsweise in einer Seitwärtsphase zwischen 90 und 100 Euro. Ich werde warten bis sie auf 90 fällt, dann kaufe ich. Ich weiß, dass ich meinen Stopp beispielsweise bei 88 liegen habe. Das Kursziel könnte knapp unter 100 sein, also bspw. 98. Sollte der Trade ein Gewinn werden, dann verdiene ich 8 Euro je Aktie; tritt der Verlustfall verliere ich 2 Euro je Aktie. Das Chance/Risiko Verhältnis ist also 4.
Werde ich oft ausgestoppt werden? Ja! Doch es ist nicht wichtig? Nein!
Angenommen ich mache einen Trade pro Tag mit einem CRV von 4 Dabei riskiere ich nicht mehr als 1% des Depots. Also ein Gewinner wird 4% verdienen, ein Verlierer -1%. Das ist jetzt eine Milchmädchenrechnung, aber es geht um die Durchschlagkraft des Systems! Denn bei einem Trade pro Tag haben sie 20 Trades pro Monat (4 Wochen mit je 5 Handelstagen). Wir gehen von einer Trefferquote, wie beim Münzwurf, von 50% aus.
Sie haben also jeden Monat 10 Gewinntrades und jeden Monat 10 Verlusttrades.
Gewinn: 10 x 4 = 40 %
Verlust: 10 x 1 = 10 %
Laut Milchmädchen-Riese würden Sie also 30 % im Monat verdienen. Wenn sie noch Transaktions-, Finanzierungskosten, Spread etc abziehen, dann kommen Sie auf, (sagen wir großz
18. Wieso soll die Normalverteilung die einzig wahre Technik sein? Es gibt doch bekannte psychologische Effekte der Marktteilnehmer und gerade die lassen sich sehr gut mit Indikatoren und Oszillatoren erkennen? Stichwort: “The trend is your friend”.
Wenn sie glauben, dass sie die zukünftigen Taten aller Marktteilnehmer immer prognostizieren können, dann muss ich sie leider enttäuschen. Wenn sie glauben, dass das mit Indikatoren und Oszillatoren (meist mathematische Modelle aus den 70er Jahren) geht, dann werden sie eine Menge Geld verlieren. Ohnehin gehe ich nicht von einer absoluten Zufallsverteilung aus, sondern glaube dass die Märkte immer gewissen Gesetzmäßigkeiten in einem gewissen, übergeordneten Chaos folgen.
19. Sind Sie auch über Candlesticks gleicher Meinnung, wie über Formationslehre und Indikatoren? Glauben Sie auch bei Candlesticks an eine Zufallsverteilung?
Ja, es gibt keinen heiligen Gral (bzw. Stein der Weisen) an der Börse. Alles, was Sie verwenden wird Ihnen über kurz oder lang eine Trefferquote von 50% ausweisen, wenn Sie es in unterschiedlichen Marktphasen anwenden. Doch mit dem richtigen Money-Management können sie trotzdem Geld verdienen!
20. Chaostheorie. Der Kult um das Chaos. Kleine Ursache, große Wirkung. Mit dieser Volksweisheit lässt sich die Kernidee der Chaostheorie zusammenfassen. Die Chaosforschung konnte keines ihrer großen Versprechen halten. Weder konnte der plötzliche Kindstod noch an den Börsen Millionen verdient werden, obwohl man Millionen investierte.
Also wenn Sie sagen, dass noch nie jemand Geld an den Märkten verdient hat, dann sind sie schlichtweg auf dem Holzweg. Aber: Natürlich ist es schwierig die Märkte zu schlagen. Natürlich verliert die Masse aller Anleger Geld. Man sagt, dass die Dunkelziffer irgendwo zwischen 80-90%. Liegt. Doch warum ist das so? Es ist ein bisschen wie beim Fußball oder bei der Musik. Wie viele Leute spielen Fußball und wie viele verdienen Geld damit? Wie viele Leute machen Musik und wie viele können davon leben? Nur weil sich die Spreu immer vom Weizen trennt, heißt das nicht, dass es keinen Weizen gibt. Nur weil die Akademiker die Börse nicht perfekt mit Formeln beschreiben können, heißt das nicht, dass man an den märkten keinen Profit erzielen könnte. Wenn Akademiker (bzw. Mathematiker) die Börse wirklich verstehen würden, dann wären Sie doch alle reich. Sind Sie aber in der Regel nicht. Die Schlussfolgerung, dass die Börse falsch liegt, und nicht die Akademiker, erscheint mir etwas unlogisch.
21. Um ein CRV von 3 zu bestimmen müsste ich in die Zukunft sehen können - und das ist nichts anderes als Kaffeesudleserei. Schon Kurt Gödel spricht von mathematischer Unbestimmtheit, und da meinen sie den Stein der Weisen zu kennen. Sehr gewagt. Unberechenbarkeit bleibt Unberechenbarkeit. Das Einzige, das sie nutzen können, ist die Regression zum Mittelwert und selbst die ist Zufallsbestimmt.
Kurt Gödel ist ein Mann, der sich aus Angst davor vergiftet zu werden, selbst umgebracht hat. Soviel zur Logik dieses Mannes. Doch ich werde ihre Frage trotzdem gerne beantworten: Ich arbeite nur mit Unterstützung und Widerständen. Und ich gehe nicht von einer absoluten Zufallsverteilung der Märkte aus, sondern glaube dass im Chaos regelmäßig Muster auftreten. Diese Muster wiederholen sich immer und immer wieder, da sie auf dem Prinzip der Massenpsychologie fußen. Kurse entstehen durch das Denken und Handeln von Menschen, und nicht von mathematischen Modellen.
Trends beispielsweise wird es an der Börse immer geben, denn ein Trend ist ja nichts weiter als eine Kursveränderung über einen längeren (frei definierbaren) Zeitraum. Gäbe es keine Trends, oder würden wir als Investoren/Trader keine Preisveränderungen erwarten, dann würde sich die Börse ja selbst ad absurdum führen. Denn dann würden wir uns Aktien nur aufgrund etwaiger Dividendenzahlungen kaufen. Firmen müssten sich nicht gegen Wechselkursrisiken absichern, da sie keine Änderungen in Form von Trends erwarten würden. Solange es die Börse also gibt, wird es Trends geben - und, es ist immer wahrscheinlicher, dass sich ein Trend fortsetzt, als dass er sich umkehrt.
Wenn sie also Systeme bauen, die sowohl in die Richtung des übergeordneten Trends zeigen UND auf massenpsychologischen Überlegungen fußen UND von einer gewissen Zufallsverteilung ausgehen, dann werden sie ein System mit einem positiven Erwartungswert haben.
22. Bei welchem Broker handeln Sie? Welche Software verwenden Sie für die Analyse?
Es ist schwierig allgemeine Empfehlungen auszusprechen. Das ist ein wenig so, als würden sie mich fragen, was das beste Auto ist. Es kommt auf Ihre individuellen Bedürfnisse und Anforderungen an. Ein toller Sportwagen, ein praktischer Kombi, ein geländetauglicher SUV, ein günstiger Import…. jeder hat andere Anforderungen. Ich bin Swing- und Position-Trader und brauche einen hohen Hebel (den ich kontrolliert einsetze mit max. 1% Depot-Risiko), deshalb handle ich CFDs bei CMC Markets. Als Analysesoftware verwende ich TeleTrader. Das kostet mich rund 100 Euro monatlich. Das sind so quasi die einzig laufenden kosten die man als Trader hat. Bei keiner anderen Form der Selbstständigkeit, werden sie die laufenden kosten so gering halten können, wie beim Trading. Wenn ihnen 100 Euro monatlich zu viel sind, dann ist Trading nicht das richtige für Sie.
23. Was für ein PC-System benutzen sie sie bzw. wie viele Monitore?
Manche Trader glauben, dass Tradingerfolg in direkter Korrelation zu der Anzahl mit den Monitoren auf ihrem Tisch steht… Nun, dem ist nicht so. Aber ich benutze zwei Breitbild TFT-Monitore in 22 zoll. Breitbild (16:10) deshalb, weil ich so besser den Chart in der Vergangenheit sehe. Die Ordersoftware meines Brokers habe ich separat auf einem Laptop laufen. Dadurch kann ich auch bei einem Stromausfall nicht überrascht werden.
24. Können Sie mir ein gutes Buch über Trading empfehlen? Es gibt ja diverse alte und auch neue Bücher über Trading. Mein Interesse liegt beim Kurzfristtrading.
Die Erfolgsrezepte von Day-Tradern und deren Money-Management Strategien (und wie man aus kleinen Konten Große macht ohne halsbrecherische Risiken einzugehen), habe ich erstmals in meinem neuen Buch (Die besten Trading Strategien) vorgestellt. Natürlich stinkt Eigenwerbung, aber die meisten Bücher tun so, als ob man mit Chartanalyse reich wird. Wenn das wirklich alles wäre was man bräuchte, dann gäbe es keine fundamentalen Trader. Es ist wichtig das System das man handelt, mit dem richtigen Money-Management zu paaren.
25. Viele Trader verdienen ihr Geld als Autoren. Wie verhält es sich bei Ihnen? Traden Sie noch?
Ironischerweise wird diese Frage immer wieder gestellt. Man sagt, dass gute Trader es nicht nötig haben müssten Bücher zu schreiben, oder Vorträge zu halten. Muss Olli Kahn noch Fußball spielen? Muss Günther Jauch noch moderieren? Nein, es geht nämlich um mehr als um Wohlstand. Warum sollte es bei Trading anders sein?
Es geht um eine persönliche Herausforderung und sich dabei voll und ganz einer Aufgabe verschrieben zu haben. Natürlich verdient man mit dem Schreiben von Büchern Geld, aber bei weitem nicht so viel, wie man anfangs annehmen würde. Außerdem verbessert es mein Trading, wenn ich weiß, dass ich einen konstanten monatlichen Cashflow habe, und deshalb nicht zwingend beim Trading Geld verdienen muss, um meine Fixkosten zu bezahlen. Ich gebe mein Wissen an Trading-Aspiranten weiter, und lerne selbst dadurch ständig hinzu. Es ist eine Win/Win-Situation.
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Charttechniker wissen nicht ob sie mit Äpfeln, Birnen oder Zitronen handeln, weil Fundamentalanalyse über ihren Horizont geht, aber der getrübte Blick auf den Depotstand zeigt die Realität.
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