NEW YORK (dpa-AFX) - Angesichts einer nur schleppenden Belebung des US-Arbeitsmarktes und des geringen Inflationsdrucks wird die US-Notenbank heute, Dienstag, nach Einschätzung von Volkswirten den Leitzins nicht antasten. Im Fokus stehen Aussagen zur Konjunktur- und Inflationsbeurteilung.
Der Leitzins wird nach Einschätzung aller von CBS MarketWatch befragten Experten weiter auf dem niedrigen Niveau von 1,00 Prozent verharren. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung in den kommenden fünf Monaten schätzen die Experten lediglich auf 38 Prozent. Der geldpolitische Ausschuss der US-Notenbank (FOMC) wird die Zinsentscheidung sowie die Begründung um 20.15 Uhr veröffentlichen.
ZINSWENDE ERST 2005
Im Blick der Experten stehen Aussagen der Währungshüter zur Einschätzung der Konjunktur- und Arbeitsmarktlage. Voraussetzung für eine Leitzinsanhebung 2004 in den USA sei eine deutliche Erholung am US-Arbeitsmarkt, schreibt HSBC Trinkaus & Burkhardt in einer Studie. Bisher sei keine durchgreifende Besserung zu erkennen. Auch in den kommenden Monaten sei keine Besserung zu erwarten. Deshalb sei 2004 nicht mit einer Leitzinsanhebung zu rechen.
Auch die DekaBank erwartet im laufenden Jahr keine Leitzinsänderung mehr. Erst für den Beginn des Jahres 2005 sei die Leitzinswende zu erwarten, sagte DekaBank-Volkswirt Guido Zimmermann. Die Währungshüter richteten Ihr Augenmerk derzeit auf den Arbeitsmarkt. "Obwohl der Aufschwung äußerst robust erscheint, war das Wachstum bisher nicht stark genug, um die Probleme auf dem Arbeitsmarkt signifikant zu lindern", sagte Zimmermann. Der Arbeitsmarktbericht für Februar sei "eine herbe Enttäuschung" gewesen. Aus Sicht der Commerzbank lässt das grüne Licht vom Arbeitsmarkt für eine Zinswende weiter auf sich warten. Der "Fahrplan" einer ersten Zinserhöhung im Sommer komme zunehmend in Gefahr.
KEINE VERÄNDERUNG DES TONS ERWARTET
Für die Risikoeinschätzung der Währungshüter erwartet die DekaBank, dass die Risiken für die Realwirtschaft als ausgeglichen und die Risiken zwischen einer Disinflation und Inflation weiterhin als fast ausgeglichen angesehen werden. Die Fed sollte betonen, dass sie weiter Geduld bei der Einläutung der Zinswende üben kann. Aus Sicht von HSBC Trinkaus & Burkhardt könnten die Währungshüter unterdessen eine graduelle Änderung vornehmen. Demnach könnten sie die Inflationsrisiken nicht nur als nahezu, sondern als gänzlich ausgeglichen bezeichnen.
Die Deutsche Bank erwartet unterdessen kaum eine Veränderung des Tons der Einschätzung der Fed. Auch die am Mittwoch zu erwartende Inflationsrate von 1,6 Prozent gibt der Fed nach Einschätzung der DekaBank noch "alle Zeit der Welt", ihre Niedrigzinspolitik fortzuführen. Nach Einschätzung von Volkswirt Sung Won Sohn bei Wells Fargo könnte eine Leitzinsanhebung sogar die Erholung der Wirtschaft untergraben.